Winterhude. Die Stadt will härter gegen Umweltfrevler durchgreifen, aber wie? Ein Abendblatt-Reporter hat Waste Watcher bei der Arbeit begleitet.

Lange suchen müssen Ali Meydan und Martin Müller nicht. In zehn Meter Entfernung schrauben sich die ersten Rauchschwaden in den Maihimmel. Bei gutem Wetter kühlen die Grills im Stadtpark so gut wie nie ab, nach einer kurzen Nacht glühen schon mittags wieder die ersten Kohlen, tropft fetter Schweinebauch ins Feuer. Nur an der falschen Stelle, wie die „Waste Watcher“ Meydan und Müller nicht müde werden zu betonen. Das knutschende Pärchen kriegt jedenfalls erst mal Text: „Entschuldigen Sie, wir sind von der Stadtreinigung, die Grillwiese ist da hinten, hinter dem Schotterweg. Das hier ist eine Spielwiese. Vielleicht könnten Sie die Freundlichkeit besitzen und etwas weiterziehen.“

Sonntag in Winterhude: Nachdem die Stadtreinigung angekündigt hat, härter gegen Müllsünder durchgreifen zu wollen, ist ein Schwerpunkteinsatz der Müllkontrolleure angesetzt. Zwölf Männer und Frauen durchkämmen den Stadtpark auf der Suche nach Grill­verfehlungen oder nachlässigen Hundehaltern. Die Aufräumkommandos der Nacht sind schon durch, die Müllberge des Vorabends abtransportiert.

Waste Watcher verhängen verstärkt Bußgelder

Auch an der Alster und im Öjendorfer Park wird heute genauer hingesehen. Insgesamt beschäftigt die Stadtreinigung inzwischen 30 sogenannte Waste Watcher, die Fehlverhalten dialoggeschult und rechtssicher ahnden sollen. Ihre Zahl soll nicht nur weiter aufgestockt werden. Seit Monatsbeginn werden die als Zweierteams patrouillierenden Müllfahnder auch angehalten, verstärkt Bußgelder zu verhängen.

In der Praxis langt aber oft schon die freundliche Ansprache. „Echt? Wusste ich gar nicht“, ist in der Mittagssonne die meistgehörte Antwort bei den illegal platzierten Siesta-Grillern. Einige beklagen zu wenige Schilder zur besseren Orientierung. Nur ein sehr muskulöser Mann mutmaßt, er werde wegen seiner Teilnahme am Trash-Format „Bachelorette“ angesprochen. „Ach, ihr seid wegen des Grills da? Okay, wenn die anderen da sind, zieh ich um.“ Insgesamt alle recht einsichtig bis dahin.

Vor allem in den Abendstunden wird gepöbelt und geschimpt

Dass es nicht immer bei warmen Worten bleibt und bisweilen brenzlig wird, können Martin Müller und Ali Meydan bestätigen. Gerade in den Abendstunden und aus größeren Gruppen heraus werde gern gepöbelt und geschimpft. „Verpiss dich!“, sei Standard.

Ob die Waste Watcher dann die volle Klaviatur ihrer Befugnisse ausspielen (Personalien aufnehmen, Polizei rufen, bis zu 1000 Euro Bußgeld verhängen), sei „immer auch eine Frage der Verhältnismäßigkeit“, sagt Ali Meydan. „Wegen einer weggeschnippten Kippe muss ich nicht die Polizei holen.“ Er kläre das meist mit Worten, im Notfall gehöre auch der souveräne Rückzug dazu. Acht von zehn Angesprochenen reagierten aber kooperativ, die harten Geschütze seien für die Ignoranten gedacht.

Ein Einweggrill ist generell verboten

Im rauchigen Duft seiner brutzelnden Koteletts wird ein Mann von Martin Müller jäh aus der Vorfreude gerissen. „Junger Mann, das ist ein Einweggrill. Der ist hier generell verboten, und sie haben nicht mal die Pappe abgemacht.“ Er könne froh sein, noch nicht Feuer gefangen zu haben. Danach empfiehlt Waste Watcher Müller den Umstieg auf einen der weggeschmissenen Billiggrills, die sich in den Mülleimern stapeln, während der Einweggrill von seinem Besitzer mit Eistee gelöscht wird. „Das ist natürlich ärgerlich für ihn“, sagt Müller. Andere in ihrer Freizeit zurechtzuweisen, sei nun mal auch Teil der Job­beschreibung. Müller (49) hat vorher im Sicherheitswesen gearbeitet. „Und hier geben wir ja auch Tipps, wie man es besser macht, und drohen nicht gleich mit einer ,Owig‘“ – mit einer Ordnungswidrigkeitsanzeige. „Die bekommen dann Leute, die es auch nach der zweiten Ansprache nicht kapieren“, sagt Meydan.

Im Stadtpark etwa sollten Grills mindestens 50 Zentimeter über der Grasnarbe thronen, Asche in den roten Containern entsorgt werden, die rest­lichen Überbleibsel in die Mülleimer. Der Bezirk soll noch mehr Schilder für Grillzonen und allgemeine Regeln aufstellen. Tatsächlich sind die bisherigen Ausschilderungen sehr dezent platziert. „Wir sind aber auch zu wenige, um eine saubere Stadt überall durchzusetzen“, sagt Meydan. An der Basis werde die Ankündigung, personell aufzustocken, deshalb positiv gesehen. Die Wahrscheinlichkeit, einem Waste Watcher auf 32 Quadratkilometern Grünanlagen zu begegnen, bleibt jedoch auch danach noch relativ gering.

Die meisten erhalten sich „vernünftig“

Die meisten Nutzer, so die Stadtreinigung, verhalten sich auch „vernünftig“. Ali Meydan schätzt, dass man nach seiner Arbeit das Ergebnis gleich sieht. An diesem Sonntag beobachten die Waste Watcher bis zum Nachmittag jedenfalls nicht das Gegenteil. „Schwierig wird es abends mit Sonnenuntergang“, sagt Müller. Im Schutz der Dunkelheit werden die meisten Vergehen begangen. Seit Anfang des Jahres wurden 424 Anzeigen geschrieben. „Aber die harte Zeit“, sagt Müller, „kommt noch.“ Der Sommer geht gerade erst los.