Hamburg. Plastikabfall, Einweggrills und Flaschen türmen sich nach den ersten warmen Tagen in den Parks und auf den Wiesen der Stadt.

Es gibt Wochenenden, da scheint alles von selbst zu laufen: Die Sonne zieht die Hamburger massenhaft ins Freie, die Kohle glüht auf, die Sorgen schmelzen – und das erste ausgewachsene Sommerwochenende mitten im Frühling wird mit Bier, Sekt, Champagner, Fleisch und Salat auf jeder freien Grünfläche begangen. Bis auf die Prognose, dass es in der kommenden Woche mit dem mediterranen Lebensgefühl zumindest vorübergehend vorbei sein wird, war da nichts, was die Sonneneuphorie trüben konnte. Nun gut: fast nichts.

Denn schon zum Sonnenuntergang am Sonnabend waren auch die Rückstände des Grillwetters mithin überdeutlich sichtbar: Einfach quer über die Wiesen verstreute Plastikreste; Verpackungen und Kartons, Einweggrills und leere Flaschen, gesammelt und auf einen Haufen geworfen, rund um überforderte Müllcontainer.

Ob im Stadtpark, der beliebten Grillwiese am Schwanenwik oder dem Elbstrand. „Einige Leute haben ihren Dreck mal wieder auf der Wiese liegen gelassen“, schrieb eine Abendblatt-Leserin. Und keine eifrig zur Rettung eilenden Fachkräfte der Stadt waren in Sicht.

Stadtreinigung wegen Versammlung nicht aktiv

Die Erklärung ist banal: Ausgerechnet an diesem Wochenende fand die jährliche Mitarbeiterversammlung der Stadtreinigung statt, an der mehr als 2000 Angestellte teilnahmen. „Dieser Termin war bereits seit einem halben Jahr geplant“, sagt Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung.

Zwar sei der Stadt bewusst, dass sich bei sonnigem Wetter die tägliche Müllmenge auf öffentlichen Plätzen um ein Drei- oder Vierfaches erhöht – alle Dienstpläne seien aber bereits auf die Versammlung abgestimmt und entsprechend auch über keine Änderung des Termins nachgedacht worden.

So genießt Hamburg den Drei-Tage-Sommer:

Baden, Grillen, Sonnen! Hamburg genießt den Drei-Tage-Sommer

Das Containerschiff Marchen Maersk läuft während des Sonnenaufgangs in den Hamburger Hafen ein
Das Containerschiff Marchen Maersk läuft während des Sonnenaufgangs in den Hamburger Hafen ein © dpa | Daniel Reinhardt
Noch schöner bei Sonnenschein? Die Elbphilharmonie
Noch schöner bei Sonnenschein? Die Elbphilharmonie © dpa | Markus Scholz
Ein Mann und eine Frau sitzen am Südufer der Elbe gegenüber den Landungsbrücken
Ein Mann und eine Frau sitzen am Südufer der Elbe gegenüber den Landungsbrücken © dpa | Markus Scholz
Liegeplätze am Elbstrand von Övelgönne sind bei 22 Grad Celsius sehr gefragt
Liegeplätze am Elbstrand von Övelgönne sind bei 22 Grad Celsius sehr gefragt © dpa | Markus Scholz
Derweil hat als erstes Hamburger Freibad das Kaifu geöffnet
Derweil hat als erstes Hamburger Freibad das Kaifu geöffnet © dpa | Markus Scholz
Wo man sich auch Sonnen kann: Auf dem Lüftungsbauwerk des Elbtunnels am Elbstrand
Wo man sich auch Sonnen kann: Auf dem Lüftungsbauwerk des Elbtunnels am Elbstrand © dpa | Markus Scholz
Am Schwanenwik haben viele Hamburger den Blick auf die Außenalster genossen
Am Schwanenwik haben viele Hamburger den Blick auf die Außenalster genossen © dpa | Markus Scholz
Eine der letzten frei zugänglichen Flächen im Hamburger Hafen dient ebenfalls als Erholungsplatz
Eine der letzten frei zugänglichen Flächen im Hamburger Hafen dient ebenfalls als Erholungsplatz © dpa | Markus Scholz
Blütenpracht am Schwanenwik
Blütenpracht am Schwanenwik © dpa | Markus Scholz
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Für die Stadtreinigung zeigen die deshalb herumliegenden Müllhügel auch, „wie viel die Kollegen leisten, dass es sofort auffällt, wenn sie einmal verhindert sind“. Etwa 400 Tonnen Müll fielen in der Vergangenheit insgesamt pro Jahr allein auf den öffentlichen Flächen im Bezirk Nord an und wurden von der Stadtreinigung entsorgt.

Auch direkt nach der Versammlung und am Sonntag sei damit begonnen worden, die Abfälle schnell ihrer Bestimmung in Recycling- und Verbrennungshöfen zuzuführen. „Bis spätestens Montagmorgen“, sollten die Grünflächen wieder müllfrei sein.

Feuerwehr muss brennenden Müll löschen

Dabei liegt jedoch der Verdacht nahe, dass auch das Verhalten einiger Grillfreunde zum tristen Anblick der Müllreste geführt hat. Am Schwanenwik etwa gibt es einen im Boden eingelassenen Container, der fünf Kubikmeter an Abfällen frisst – aus Bequemlichkeit verzichteten aber einige Nutzer darauf, die Klappe zu öffnen, und stellen ihren Müll einfach daneben. „Der Nächste denkt dann, der Behälter sei voll, und es steht schnell eine größere Menge sichtbar herum“, sagt Reinhard Fiedler.

Zum Sonnenritual im Stadtpark gehört dagegen auch, dass einige Besucher ihre Grillkohle nach verschlungener Mahlzeit in einen der großen Müllcontainer schütten – wenig später muss die Feuerwehr zum Löschen der rauchenden Behälter anrücken, nach Auskunft des Lagedienstes allein zehnmal am Stadtpark an diesem Wochenende.

Zur allgemeinen Müllmoral der Hamburger wollte die Stadtreinigung am Sonntag kein Urteil abgeben, aber natürlich gebe es dort eigentlich immer noch Luft nach oben. „Es spricht ja auch nichts dagegen, eine Mülltüte mit nach Hause zu nehmen und selbst zu entsorgen, wenn die Behälter einmal voll sein sollten“, so der Sprecher.

Nach Sonnenhoch kommt Aprilwetter

Mit den perfekten Bedingungen für das Grillen auf den Grünflächen ist es nun ohnehin erst einmal vorbei. „Am Montag kommt es zu einem Bruch“, sagt der Meteorologe Dominik Jung vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. Während dank des Hochs „Norbert“ mit 28 Grad zuletzt die höchsten Werte für eine zweite Aprilhälfte in dieser Dekade gemessen wurden – und an der Messstation Fuhlsbüttel sogar die höchsten seit Beginn der Aufzeichnung vor 82 Jahren – gingen die Temperaturen unter Einfluss von Tiefausläufern nun auf etwa 13 bis 16 Grad am Tage zurück.

„Es wird dabei wechselhaft“, sagt Dominik Jung, bis zum Wochenende seien Sonne, Bewölkung, Regen und vereinzelte Gewitter zu erwarten. „Das übliche Aprilwetter“, so Jung. „Natürlich verbunden mit der Hoffnung, dass es bald wieder so schön wie zuletzt wird.“