Hamburg. Neuer beleidigender Kommentar weiterhin abrufbar. Erst am Montag hatte Facebook gegen Weidel in einem ähnlichen Fall verloren.

Nur fünf Tage nach ihrem Erfolg vor dem Hamburger Landgericht hat die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel, über ihren Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel erneut Klage gegen Facebook eingereicht. Anlass: Ein Nutzer hatte Weidel mit Bezug auf ihre erste Klage u.a. als „Nazisauratte“ bezeichnet und sie auch sexuell beleidigt. Nachdem Anwalt Steinhöfel Facebook abgemahnt hatte, teilte Facebook laut Steinhöfel kurz vor Fristablauf am Donnerstag mit, der Kommentar sei nun in Deutschland nicht mehr abrufbar.

Steinhöfel gelang es jedoch nach eigenen Angaben am Donnerstagabend noch, aus Deutschland auf den Kommentar zuzugreifen – und zwar mit Hilfe eines so genannten VPN-Tunnels, der mittels Vergabe von IP-Adressen den Aufenthalt in einem anderen Land simulieren kann. Dies sei über Server in Griechenland und Frankreich möglich gewesen, versichert Steinhöfel. In einem Antrag auf einstweilige Verfügung verlangen Steinhöfel und Weidel nun, dass der beleidigende Kommentar so entfernt werde, dass er in Deutschland auf keine Weise mehr abgerufen werden kann.

Deutsche Gerichte ohne "weltweite Jurisdiktion"

Genau um diese Streitfrage war es auch im ersten Verfahren gegangen. Facebooks Anwalt Martin Munz hatte in der Verhandlung vor dem Landgericht zunächst erklärt, dass es "keine weltweite Jurisdiktion" gebe, mithin: Ein deutsches Gericht könne nicht die weltweite Löschung eines Beitrags verlangen – sondern lediglich die Nicht-Verbreitung in Deutschland. Zudem könne Facebook nicht wie eine "Superinstanz" schwierige Rechtsentscheidungen treffen, also "100 Prozent richtig" entscheiden, welche Kommentare oder Postings nun strafbar und welche von der Meinungsfreiheit gedeckt seien.

Dabei hatte der Anwalt darauf hingewiesen, dass Weidels Anwalt Steinhöfel gerade in anderer Sache gegen die Löschung eines Beitrags vorgehe. Zudem betonte der Facebook-Anwalt, dass Facebook außer der IP-Adresse keine Möglichkeit habe, den Standort der Nutzer festzustellen – was Weidel-Anwalt Steinhöfel vehement bestritt. Facebook könne ja auch kilometergenau Werbung ausspielen. Schließlich musste der Facebook-Anwalt einräumen, dass er das alles auch nicht sicher wisse, aber davon ausgehe, dass Facebook den Standort nicht ohne IP feststellen könne.

Weidels Anwalt spricht von "krassen Fehlentscheidungen"

Am vergangenen Montag hatte das Landgericht unter der Vorsitzenden Richterin Simone Käfer Weidel Recht gegeben. Dass Facebook nun in einem beinahe identischen Fall wenige Tage später gegen diese Vorgaben des Landgerichts verstößt, zeigt für Anwalt Steinhöfel, „dass der normale Nutzer, der nur Facebooks Beschwerdesystem nutzt, krassen Fehlentscheidungen hilflos gegenüber steht“. Der IT-Riese reagiere erst auf anwaltliche Abmahnung, so Steinhöfel. „Der anhaltende gerichtliche Druck trägt hoffentlich zu einer Korrektur dieser Praxis bei."