Hamburg . Die Aussichtsplattform in 130 Metern Höhe lockte einst Millionen Besucher. Wahrzeichen soll 2023 wieder eröffnen. Das ist der Zeitplan.
Der Blick von Peter Tschentscher geht über die ganze Stadt. Michel und Elbphilharmonie, Hafen und Köhlbrandbrücke, die Alster und gleich daneben „sein“ Rathaus. Hamburgs Bürgermeister steht in luftiger Höhe. 150 Meter über dem Boden, in der Technikzentrale des Fernsehturms. Vor vielleicht 20 Jahren, sagt er, sei er zuletzt hier oben auf dem Telemichel gewesen. „Die Älteren wissen noch sehr genau, wie es damals war, wenn man im Drehrestaurant bei Kaffee und Kuchen saß und dabei ganz Hamburg von oben betrachten konnte.“ Und nun werde es Zeit, dass die Hamburger ihren Fernsehturm, der 2001 für die Öffentlichkeit geschlossen wurde, zurückbekommen.
Pünktlich zum 50. Geburtstag des Heinrich-Hertz-Turms verkündete die Eigentümerin, die Deutsche Funkturm (DFMG), dass das 276,5 Meter hohe Wahrzeichen im Jahr 2023 wieder eröffnet wird. Für die Sanierung stehen nach einer Machbarkeitsstudie insgesamt 37 Millionen Euro zur Verfügung, die sich der Bund und Hamburg teilen. Mit diesem Geld werden ausschließlich die öffentlichen Bereiche renoviert und ein neuer Eingangskomplex am Fuß des Turms geschaffen.
Betreiber des Gastrobereichs fehlt noch
Und so sieht der Zeitplan bis zur Wiedereröffnung des Fernsehturms aus: Noch in diesem Sommer beginnen der Planungsprozess und die denkmalfachliche Bestandsaufnahme. 2019 folgen die Ausschreibungen und Vergabeverfahren sowie die Planungen für die Sanierung des Turms und des neuen Eingangsgebäudes. 2020 werden Ausschreibungen und Vergabe abgeschlossen, ab 2021 sollen die Bauarbeiten beginnen und nach drei Jahren beendet werden. Was noch fehlt, ist ein Betreiber für den gastronomischen Betrieb in der Aussichtskanzel in 126 Meter Höhe.
Im 13. Geschoss gab es früher ein Selbstbedienungsrestaurant mit Zugang zu einer Ausgangsplattform. Darüber im 14. Geschoss befand sich das Restaurant, das sich binnen einer Stunde einmal um die Achse des Turms drehte. Heute erinnern nur noch die blanken Schienen an diese ehemals spektakuläre Restauration. Sitze und Tische sind längst rausgerissen, vereinzelte Heizkörper strahlen nur noch Tristesse aus, von den Decken quillt hier und da Glaswolle. Rostige Rohre ragen wahllos aus den Wänden, überall liegen Spanplatten herum, silberfarbene Entlüftungsschächte haben längst ihren Dienst aufgegeben. Und in den inneren Räumen erinnern nur noch schmutzige Kacheln daran, dass sich hier einmal Küchen und Toiletten befanden.
Kuchen und Torte für fünf Mark
„Ich habe jahrelang gehofft, dass der Turm irgendwann wieder geöffnet wird“, sagt Brigitte Seller, die mit ihrem Mann und zwei Enkelkindern zusammen mit dem Bürgermeister zu den Geburtstagsgästen auf dem Telemichel gehört. Sie sei schon als Kind hier oben gewesen. „Später sind wir mit jedem Hamburg-Besucher zuerst auf den Fernsehturm gegangen, haben Kaffee und Kuchen und den schönsten Blick auf die Stadt genossen.“ Zwei Mark kostete der Eintritt, 50 Pfennig das Bier – und für fünf Mark konnten die Hamburger damals Kuchen und Torte essen, so viel sie schafften.
An den Fenstern waren die Stadtteile und Sehenswürdigkeiten angeschrieben, die von oben zu erkennen waren. Die meisten Schriften sind inzwischen brüchig, und so manche Sehenswürdigkeit wie das Hafenkrankenhaus ist längst aus dem Stadtbild verschwunden. Man braucht schon etwas Fantasie, um sich vorzustellen, dass hier in fünf Jahren wieder täglich Tausende Hamburger und Touristen speisen und staunen werden. Wobei bereits jetzt feststeht, dass aus Brandschutzgründen in der Aussichtskanzel nicht mehr gekocht werden darf.
Fernsehturm als Forschungsplattform für 5 G
„Genau wie beim Berliner Fernsehturm werden die Speisen am Fuß des Turms zubereitet und dann mit dem Fahrstuhl nach oben transportiert“, sagt Bruno Jacobfeuerborn. Der DFMG-Vorsitzende ist zuversichtlich, bis Ende des Jahres einen Betreiber für den gastronomischen Betrieb gefunden zu haben. Vor zwei Tagen hat die europaweite Ausschreibung begonnen.
Schon heute ist der Telemichel, in deren technische Ausrüstung die DFMG seit 2004 rund 17 Millionen Euro investiert hat, eine hochkarätige Forschungsstation. Der Sendemast versorgt Hamburg und das Umland mit Fernsehen und Radio. Im Januar wurde in 180 Meter Höhe eine Antenne angebracht, die buchstäblich für 5 G steht. „Das ist der nächste Schritt in der mobilen Kommunikation“, sagt Antje Williams von der Telekom. Derzeit gebe es noch keine Endgeräte mit 5 G, die Einführung ist für 2020 geplant. „Der Verkehr über Mobilfunk wächst in Deutschland jedes Jahr um 50 Prozent“, sagt Williams. Nicht nur Menschen würden immer mehr miteinander über Smartphones kommunizieren und Daten austauschen. Auch Autos, Heizungen oder elektrische Geräte seien mit immer mehr Sensoren ausgerüstet. „Dieser neue Kommunikationsstandard sorgt für mehr Kapazitäten, mehr Speed und höchste Zuverlässigkeit im Netz“.