Hamburg. In der Niedrigzinsphase sind Aktien mit hoher Dividende eine Alternative – einige Hamburger Firmen sind besonders interessant.

Das Frühjahr ist für Aktionäre Erntezeit. Die Ausschüttung von Dividendenläuft in diesen Wochen auf Hochtouren. So beteiligen die Unternehmen ihre Aktionäre an den Gewinnen. „Allein bei den Hamburger börsennotierten Unternehmen beträgt die Ausschüttungssumme 1,2 Milliarden Euro“, sagt Christian W. Röhl, der die Internetplattform DividendenAdel betreibt. Für das Abendblatt hat er Hamburger Unternehmen herausgefiltert, die seit vielen Jahren kontinuierlich eine Dividende zahlen.

Noch besser ist es, wenn die Ausschüttung über Jahre nicht gesenkt und im besten Fall kontinuierlich erhöht wird. Solche Dividendenperlen gibt es durchaus in Hamburg. „Die Optikerkette Fielmann hat die Dividende das 13. Jahr in Folge erhöht“, sagt Röhl. Mit einer Dividendenrendite von knapp drei Prozent bietet der Konzern den Anlegern eine akzeptable Ausschüttung. Die Dividendenrendite gibt die Verzinsung des investierten Aktienkapitals je Aktie in Prozent an. Zum Vergleich: Eine zehnjährige Bundesanleihe hat eine Rendite von lediglich 0,60 Prozent.

So viel Geld wie nie zuvor in diesem Jahr

Wegen der niedrigen Zinsen gewinnen Dividenden an Bedeutung, auch wenn Aktien wegen der höheren Kursschwankungen kein direkter Ersatz für Anleihen sein können.

„Die Aktie der Allianz hat eine Dividendenrendite von 4,10 Prozent, eine Anleihe der Versicherung bringt es nicht einmal auf eine Rendite von einem Prozent“, sagt Bernd Schimmer, Wertpapierstratege der
Haspa. Da falle die Wahl leicht. „Bei unseren Kunden gewinnen Dividendentitel an Bedeutung, denn in der Niedrigzinsphase haben die Ausschüttungen eine andere Bedeutung“, so Schimmer.

Deutschlands Aktiengesellschaften überweisen den Anteilseignern in diesem Jahr in der Summe so viel Geld wie nie zuvor. Es sind über 52,6 Milliarden Euro, elf Prozent mehr als im Vorjahr. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung von mehr als 600 Unternehmen, wie aus einer Studie der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), der privaten FOM Hochschule in Essen und der Internet-Plattform DividendenAdel hervorgeht. „Den größten Anteil am Dividendenregen haben die 30 im Deutschen Aktienindex (DAX) vereinten Konzerne mit einer Summe von 35,7 Milliarden Euro“, sagt Röhl.

Fielmann, Deutsche Euroshop, Eurokai

„Leider profitieren deutsche Anleger nur zu einem geringen Teil davon, weil nur jeder sechste direkt oder indirekt über Investmentfonds Aktien hält“, sagt Schimmer. Häufig beträgt die Dividendenrendite zwei bis vier Prozent pro Jahr. Das machte in den vergangenen 20 Jahren bis zu zwei Drittel der gesamten Wertsteigerung von Aktien aus, rechnet die Stiftung Warentest vor.

„Eine hohe Dividendenrendite allein ist noch kein Qualitätsmerkmal und darf nie das einzige Argument für den Kauf einer Aktie sein“, sagt Röhl, der die Aktien seit Jahren auf ihre Dividendentauglichkeit analysiert. Wichtiger sei, wie kontinuierlich die Dividende gezahlt werde, ob sie regelmäßig angehoben wird und seit wie vielen Jahren sie nicht mehr gesenkt wurde.

„Standards bei der Kontinuität setzen unter den Hamburger Werten Fielmann, Deutsche Euroshop, Eurokai und VTG“, sagt Experte Röhl. Sie sind nicht nur verlässliche Dividendenzahler, sondern haben die Ausschüttung auch seit mindestens zehn Jahren nicht mehr gesenkt. Das gilt zwar auch für Beiersdorf, aber bei diesem Unternehmen wurde die reguläre Ausschüttung seit zehn Jahren nicht mehr angehoben. „Dort hortet man das Geld lieber“, sagt Röhl. Die Dividendenrendite liegt bei unter einem Prozent.

Bijou Brigitte hat höchste Dividendenrendite

Die höchste Dividendenrendite unter den Hamburger Titeln hat die Schmuckkette Bijou Brigitte mit 6,50 Prozent, doch ein Blick auf den seit einem Jahr fallenden Aktienkurs wird Anleger eher abschrecken. Es gibt bessere Werte, auch wenn die Dividendenrendite niedriger ist. So wird die Deutsche Euroshop, die in Einkaufszentren im In- und Ausland investiert, von den Hamburger Banken Berenberg und M.M. Warburg & CO mit einem Kursziel von rund 40 Euro zum Kauf empfohlen. Das wäre noch ein Plus von rund 35 Prozent – gemessen am aktuellen Kursniveau. Die Dividendenrendite der Aktie liegt bei knapp fünf Prozent.

Für die Bank Otto M. Schröder gehört auch die Telekommunikationsfirma Freenet mit einer Dividendenrendite von 6,30 Prozent zu den interessanten Titeln für Dividendenjäger, ebenso wie Fielmann. Freenet kann bald für sich in Anspruch nehmen, die Ausschüttung zehn Jahre in Folge nicht gesenkt zu haben. Selbst Hafenunternehmen, die wesentlich konjunkturempfind­licher sind, wie Eurokai und die Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA), haben eine Dividendenrendite von rund drei Prozent und haben sich als kontinuierliche Dividendenzahler erwiesen. Die HHLA wird zudem von der Nord/LB zum Kauf empfohlen.

„Gerade wenn es bei der Börsenentwicklung an einer klaren Richtung fehlt, sind Dividendentitel von Vorteil“, sagt Sönke Niefünd von der Otto M. Schröder Bank. „Ausschüttungsstarke Aktien bieten ein gutes Risikopolster gegen Kursschwankungen.“ Wenn es aber an der Börse steil aufwärts geht, hinken die Dividendenaktien der allgemeinen Entwicklung meist hinterher.

Zu den Unternehmen mit einer Dividendenrendite von mehr als vier Prozent im DAX gehören BMW, Allianz und Deutsche Telekom. Experte Niefünd favorisiert die beiden letzteren Werte. Mit einer Dividendenrendite von 6,60 Prozent hält er auch ProSiebenSAT1 Media für aussichtsreich.

Kommentar: Mit Aktien gegen den Niedrigzins

Man muss aber nicht Aktionär von Allianz oder BASF werden, um von Dividenden zu profitieren. Wem die Auswahl von Einzeltiteln, die auch eine höhere Aufmerksamkeit erfordert, zu kompliziert ist, der kann über Investmentfonds vom Dividendenreigen profitieren. Zwei der bekanntesten und größten Fonds aus diesem Segment sind der DWS Top Dividende und der Allianz European Equity Dividend. Hoch gewichtet in solchen aktiv gemanagten Fonds sind meist defensive Werte wie zum Beispiel Pharmaunternehmen oder Nahrungsmittelproduzenten, weil sie als verlässliche Dividendenzahler gelten. Ihre Einnahmen sind berechenbar und nicht so stark von der Konjunktur abhängig wie die von Auto- und Maschinenbauunternehmen.

„Auch spezielle kostengünstige Indexfonds (Exchange Traded Funds oder kurz ETFs) können bei der Umsetzung einer Dividendenstrategie im Depot helfen“, sagt Niefünd. Diese Fonds schütten die Dividendenerträge aus. So bündelt etwa der iShares Stoxx Global Select Dividend die weltweit 100 dividendenstärksten Aktien und kommt aktuell auf eine Ausschüttungsrendite von 5,30 Prozent. Wer sich nur in Europa orientiert, der kann auf den iShares Euro Stoxx Select Dividend zurückgreifen, der die 30 dividendenstärksten Titel aus der Eurozone enthält. Die Ausschüttungsrendite ist hier mit 7,6o Prozent noch höher.

Natürlich gibt es auch für den DAX ein solches ETF. Der iShares DivDAX pickt die 15 Titel mit der höchsten Dividendenrendite heraus und bietet Anlegern eine bequeme Anlage.

Was man über Dividenden wissen muss:

Dividende: Das ist der Teil des Gewinns einer Aktien­gesellschaft, der an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Einen Anspruch auf eine Dividende gibt es in der Regel nicht.

Dividendenrendite: Die Dividendenrendite ergibt sich aus der Division der Dividende durch den aktuellen Aktienkurs multipliziert mit 100. Sie gibt die Verzinsung des investierten Kapitals je Aktie in Prozent an. Es handelt sich hierbei allerdings – anders als bei den festverzinslichen Wertpapieren – nur um eine Momentaufnahme.

Anspruch: Die Dividende erhält, wer die Aktie am Tag der Hauptversammlung im Depot hat. Wie lange man vor der Hauptversammlung die Aktie besessen hat, spielt anders als bei einer Anleihe keine Rolle.

Zahltag: Die Ausschüttung der Dividende erfolgt am dritten Werktag nach der Hauptversammlung.

Abschlag: Der Dividendenabschlag nach der Hauptversammlung entsteht, weil die Aktie ohne Anspruch auf die Dividende weniger wert ist. Rein theoretisch ist der Abschlag so hoch wie die Dividende. Wie lange es dauert, bis der Kursabschlag wieder aufgeholt ist, hängt vom Unternehmen und der Marktentwicklung ab. stp