Hamburg. Politiker im Bezirk fordern Überarbeitung des Großprojekts. Wohnungen seien zu teuer. Baubeginn verzögert sich.
Können die ersten Bewohner frühestens in fünf Jahren einziehen? Der Zeitplan für die Errichtung der Holsten Quartiere auf dem Brauereigelände in Altona kann offenbar nicht mehr eingehalten werden. Politiker halten die geplante Bebauung des Areals für zu dicht und fordern Änderungen.
Ursprünglich sollte alles ganz schnell gehen. 2016 hatte Mathias Düsterdick, Vorstandsvorsitzender der Gerch Group, das Gelände von der Holsten-Brauerei erworben und angekündigt: „Wir werden Mitte 2019 mit dem Abbruch beginnen, und dann wäre 2021 für einen Erstbezug realistisch.“ Inzwischen ist wohl eher von 2023 auszugehen.
Aber Düsterdick hat auch nicht mehr das Sagen. Im Frühjahr 2017 kaufte die Schweizer SSN Group die Gerch Development, eine Tochter der Gerch Group, und ist seitdem Eigentümer des Areals. Die SG Development, deren Hauptgesellschafter die SSN Group ist, entwickelt jetzt die Holsten Quartiere. Zuletzt gab es über Wochen eine regelrechte „Funkstille“ zwischen Stadt und der SG Development, wie Bezirkspolitiker beklagen. Streit gibt es dabei vor allem um die Gesamtquadratmeterzahl.
Bezirk will abgespeckte Pläne
Ursprünglich gab es Pläne für eine Bebauung von mehr als 200.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche (BGF), die Politik aber will maximal 160.000 Quadratmeter. Vor Kurzem lenkte die SG Development dann doch ein. Der von ihr beauftragte Hamburger Architekt André Poitiers, der den städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatte, präsentierte im Planungsausschuss neue Zahlen, diesmal mit 186.500 Bruttogeschossfläche. „Immer noch zu viel“, kritisierte auch CDU-Bauexperte Sven Hielscher. Oberbaudirektor Franz-Josef Höing sagte, beim städtebaulichen Wettbewerb sei ein überzeugendes Konzept vorgelegt worden: „Allerdings besteht am Siegerentwurf natürlich noch Überarbeitungsbedarf mit Blick auf die Hinweise der Jury. Hier wurde auch die vorgeschlagene Dichte diskutiert.“
Kommentar: Fragwürdiger Holsten-Deal
Der Bezirk verlangt nun ein weiteres Abspecken der Pläne. Wobei es aber durchaus Spielräume gibt: 160.000 Quadratmeter ist die Obergrenze, wie sie in einer Vereinbarung zwischen Senat und der Holsten verabredet worden war, als die Verlagerung der Brauerei nach Hausbruch verhandelt wurde. Zum 31. März 2019 wird das Unternehmen die Gebäude in Altona räumen.
Bezirk kann sich auch Sportflächen vorstellen
Möglich wäre aber auch eine Aufstockung bis auf 180.000 Quadratmeter, wenn der Plan eine besondere „städtebauliche Qualität“ bekommt. Der Bezirk denkt dabei an Schulbauten, Sportflächen oder auch günstige Gewerbeflächen für Existenzgründer. Alles Dinge, die die Renditeerwartungen für das Gelände schmälern dürften. Fraglich ist ohnehin, ob dort in zentraler Altonaer Lage günstige Wohnungen an den Markt kommen. Fakt ist, dass etwa auch die Wohnungsbaugenossenschaft Altoba das Gelände kaufen wollte – dann aber wegen zu hoher Preise aussteigen musste.
Zwar dringt die Stadt auf den Drittelmix, sodass dort zu einem Drittel auch Sozialwohnungen gebaut werden. Und dabei solle es eine langfristige Preisbindung geben, sagt SPD-Bezirksfraktionschef Thomas Adrian: „Wir wollen auch nicht, dass die Sozialwohnungen nur in eine Ecke gedrängt werden.“ Bei frei finanzierten Wohnungen, fürchtet Grünen-Politiker Christian Trede, werde jeder Preis herauskommen, der erzielbar sei.
1350 Wohnungen weniger?
Nach Abendblatt-Informationen sehen die aktuellen Planungen der SG Development vor, dass rund 135.000 Quadratmeter BGF der insgesamt 186.500 Quadratmeter auf den Wohnungsbau entfallen. Das wären rund 1350 Wohnungen.
Unterdessen halten sich die Investoren bedeckt: „Wir stehen mit Verwaltung und Politik in konstruktivem Austausch, sind den Überarbeitungswünschen für den städtebaulichen Planungsentwurf nachgekommen und stimmen diese nun miteinander ab“, sagte der verantwortliche Projektleiter Frank Wieling von der SG Development/SSN. Man sei „sehr zuversichtlich“, dass sich alle Beteiligten auf eine sehr gute Planung verständigen werden“. Ganz so zuversichtlich zeigt sich Grünen-Politiker Trede indes nicht: „Der große Fehler ist am Anfang gemacht worden. Die Stadt hätte das Areal hier selbst kaufen müssen, um günstigen Wohnraum zu bekommen.“