2000 Metaller auf 260 Meter Stahl: Was zwei Abendblatt-Redakteure an Bord der “Mein Schiff 2“ bei der 6. Full Metal Cruise erleben.

Ist das jetzt "Wacken auf See"?: 260 Meter Stahl: Mehr Heavy Metal geht eigentlich nicht. Am Sonntag stach die „Mein Schiff 2“ mit 2000 Headbangern an Bord von Palma de Mallorca aus in See zur sechsten „Full Metal Cruise“, zur Kreuzfahrt der ganz harten Sorte. Die Abendblatt-Redakteure Alexander Josefowicz und Tino Lange, beide mit jahrzehntelanger Festivalerfahrung von Wacken bis Rockharz auf dem Buckel, schnappen sich ihre Kutten, Zettel, Stifte und Kamera und begleiten den sechs Tage langen Törn nach Marseille, Valencia und wieder zurück nach Palma. Ihre Eindrücke halten sie in Text, Bild und Ton fest.

Tag 6: Techno-Beats zum Frühstück

Bettenwechsel! Der Morgen in Mallorca ist geprägt von Gepäckstapeln und ihren Besitzern, die durch die Gänge fahren – und zwar in beide Richtungen. Waren die Metalheads am Sonntag noch die Neuen, die von den die „Mein Schiff 2“ verlassenden Kreuzfahrtgästen argwöhnisch beäugt werden, ist es nun andersherum: „Guck dir mal die an, die haben ja nicht einmal ein Band-Shirt, geschweige denn ne Kutte.“

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Gut, die sind in der Electro-Szene auch nicht ganz so weit verbreitet wie bei den Metalheads. Denn die nächste laute Kreuzfahrt steht bereits an: die World Club Cruise. Und deren Gäste, die ankommen, während die Metalheads zum dritten Mal kontrollieren, ob wirklich alle schwarzen T-Shirts wieder im Koffer gelandet sind, sie sind leicht von den „Full Metal Cruisaders“ zu unterscheiden. Die Haare sind kürzer, die Bärte fehlen und der Kleidungsgeschmack ist deutlich bunter.

So endet die Metalkreuzfahrt Full Metal Cruise nach fünf Tagen
So endet die Metalkreuzfahrt Full Metal Cruise nach fünf Tagen © HA | Alexander Josefowicz

Zwar endet die Metalkreuzfahrt offiziell erst um elf Uhr, doch ein übereifriger DJ hat bereits die Schiffs-Soundanlage geentert, also läuft beim Frühstück Bass- statt Gitarrenlastiges im Hintergrund. Die Boxentürme auf dem Pooldeck werden ebenfalls bereits umgeflaggt. Begegnen sich Club-Cruise- und Full-Metal-Cruise-Gäste direkt, läuft es immer ähnlich: Man schaut sich an, nickt freundlich und geht weiter: „Hast du den gesehen?“ Gefolgt von leicht ungläubigem Kopfschütteln – auf beiden Seiten.

Tag 5: Am letzten Abend heißt es alles geben

Valencia. Spaniens drittgrößte Stadt lockt die Eisenbrüder und Stahlschwestern mit dem Altstadtviertel Barrio del Carmen oder dem hypermodernen Architektur-Overkill der Ciuidad de las Artes y de las Ciencias, der Stadt der Künste und der Wissenschaften, gestaltet von Architekt Santiago Calatrava. Von den schneeweißen Museen, Kinos und Opernhäusern heben sich schwarze Bandshirts besonders gut ab.

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Im Hafen liegt neben der „Mein Schiff 2“ der Cunard-Liner „Queen Victoria“: 300 Meter gepflegte britische Langeweile. Denn es wächst doch die Erkenntnis, dass eine Kreuzfahrt ohne Bands, Fans, Filme und Lesungen vielleicht eher einem schwimmenden Hotel gleicht. Einem Hotel, in dem auch die größten Zimmer etwas eng sind, nachdem man das Gefühl von Weite auf einem Landgang genossen hat. Die Straßen und Alleen in Valencia sind allerdings auch breit und lang. Sehr, sehr lang.

"Wenn's klappt, gibt's 'ne halbe Flasche Bier für jeden"

Auf dem Schiff aber sind die Wege jetzt kurz. Man kennt die schnellsten Wege zu den Bühnen und den Konzerten von Saltatio Mortis und Eric Fish, zum Pool, zur Metal-Modenschau, zur Nackenmassage oder zum Weißwein-Zapfhahn.

Bordroutine nennt an das, wenn man die allgegenwärtige Metal-Playlist der Schiffslautsprecher (zum sechsten Mal „Metal Heart“ …) auswendig kennt – aber mit der ist es bald vorbei. Der letzte Abend bricht an, jetzt heißt es noch mal alles geben, „beide dreimal Wahnsinnige und durch“, heißt es in „Das Boot“, „wenn‘s klappt, gibt‘s 'ne halbe Flasche Bier für jeden.“

Großer Jubel für die Besatzung

Alle der 800 Besatzungsmitglieder, die abkömmlich sind, treten auf dem Pooldeck zum „Wave & Smile“-Ritual an und ernten großen Dankesjubel – zu Recht, haben sie doch einen beileibe nicht leichten Job, der sonst gern als selbstverständlich angesehen wird. Entsprechend breit ist das Grinsen auf den Gesichtern der Stewards und Barkeeper, Köche, Offiziere und überhaupt all der Menschen aus 46 (!) verschiedenen Nationen, die das Leben auf dem Kreuzfahrtschiff mit harter Arbeit sorglos machen.

Die ersten Koffer sind gepackt und vor den Kabinen geparkt. Aber eine Nacht gibt es noch, um jene pure Lebensfreude zu entfesseln, die nur durch Songs über Tod und Verderben geweckt wird. 2000 Metalfans feiern auf 260 Meter Stahl. „Metal On Metal“ wäre der Anvil-Song dazu, mal sehen, ob der DJ ihn vorrätig hat: „Keep on rockin‘/ To this metal tonight.“

Tag 4: Metal-Spin und mediterrane Stimmung

Barcelona liegt Steuerbord querab, als das Duo Vagabundos de Lujo mit spanischen Gitarren und Interpretationen von Black Sabbaths „Paranoid“ und Metallicas „Master Of Puppets“ für mediterrane Stimmung sorgt. Am Vorabend ließen Rage, Great White und Equilibrium die Ohren klingeln, nun wird der Tag etwas sanfter angegangen.

Full Metal Cruise (Tag vier): Unter Metal-Yogis

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    Man versammelt sich um die Pools oder sucht sich Zeitvertreib in Form von Fleischverkostung im Steakrestaurant. Sportlichere Passagiere gehen zum „Metal Spin“-Fitnesskursus, Sonnenanbeter cremen ihre großflächigen Tattoos gegenseitig auf abgelegenen Deckabschnitten ein. Alles ganz entspannt. Selbst wenn es heftiger wird wie beim Pool-Konzert der fantastischen Slayer-Erben Crisix, so bleibt doch alles im gemütlichen Rahmen. Hier begleitet einen nicht das Schlorz-Schlarch-Geräusch von Springerstiefeln im Schlamm zu den Konzerten, sondern das Flip-Flop von Badelatschen.

    Drei Liter Bier pro Tag – für jeden

    Erneut wird über Bordlautsprecher bekannt gegeben, dass man doch bitte schön ambitionierter trinken möge. Von 50.000 in der Ballast gelagerten Litern Bier wären erst 25.000 Liter weg an diesem vierten Seetag. Über den Daumen gepeilt hat jeder Passagier bislang drei Liter Pils am Tag gestemmt, das reicht für genau jenen Glimmer, der jede Begegnung zwischen Fahrgast und Fahrgast oder Fahrgast und Crewmitglied zu einem freundlichen Gruß animiert. Wäre es kein Hip-Hop-Song, so könnte die ganze Zeit „Tag am Meer“ von den Fantastischen Vier im Hintergrund laufen: Hier wird „erlöst, was in dir döst“.

    Hier und da wird im Tagesprogramm geblättert, um den Abend zu gestalten: Konzerte von Dagoba, Suicidal Angels und Saltatio Mortis? Metal Disco? Karaoke? Oder ein Konzert von Iron Maiden, Judas Priest, Ozzy Osbourne und Def Leppard 1983 in der Westfalenhalle im Bordkino? Vielleicht schaut man auch einfach nur zusammen mit der (flügellahm auf dem Schiff gelandeten) Bordtaube „Doro“ auf das Meer hinab und entdeckt wie die Brückencrew am Morgen zwei Riesenhaie, die nach Plankton schnappen – wahrscheinlich waren die beiden die einzigen Vegetarier im Umkreis von zehn Seemeilen.

    Große Überraschungen gibt es nicht mehr

    Die Full Metal Cruise hat ihren Rhythmus aus Entspannung und Alarm gefunden, der vielleicht nicht für jeden der knapp 2000 Passagiere im gleichen Takt läuft. Doch merklich ist, dass das Erstaunen über das Neue einer gewissen Nonchalance gewichen ist: Man weiß, wo was am Frühstücksbüfett steht, wo welche Bühne ist und wann wer darauf spielt.

    Große Überraschungen gibt es keine mehr – umso mehr weiß man die kleinen zu schätzen wie die Tatsache, dass auch der Frontmann von Saltatio Mortis in seinem sportlichen Herzen einen Platz für Metal-Yoga hat. Er legt sich mächtig ins Zeug und wird von Saskia, der Vorturnerin und Erfinderin des Ganzen, mit einer Extra-Klettereinlage, die in einer Art Metal-Menschenpyramide endet und dem Satz, dass er „ein richtiger Krieger“ sei, belohnt.

    Auf der See, da gibts koa Sünd‘. Oder so ähnlich.

    Hammer-Performance an Tag 3

    Der Dienstagmorgen bietet ein neues Panorama, als die ersten Eisenfahrer aus den Federn kriechen und die letzten Echos des Vorabends nach Konzerten von Dirkschneider und Ross The Boss und dem Metal-Karaoke (Respekt an die Kollegin für die Hammer-Performance von Anouks „Nobody‘s Wife“!) im Ohr verhallen: Marseille liegt an Steuer- wie an Backbord und wartet auf die Shuttlebusse, die schwarze Ameisen im Stadtkern ausspucken.

    Full Metal Cruise (Tag drei): Von Pools und Udos

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      Im Fitness-Bereich wird fleißig gejoggt, um das Frühstücksbuffet wieder abzutrainieren, Metal Yoga ist inzwischen so ausgebucht, dass die Veranstaltung in einen größeren Raum verlegt wurde, und am Pool liegen schon die ersten Sonnenhungrigen. Dessen Wasser ist übrigens kälter als es aussieht, wir sprechen da aus Erfahrung, die uns auch lehrte, warum Whirlpool und Kinderbecken viel voller sind als der knapp zwei Meter tiefe größte Pool.

      Das muss das Boot abkönnen

      „Das muss das Boot abkönnen“: Dieses Zitat aus „Das Boot“ ist wirklich angemessen, schließlich ist auch Ralf Richter, der in Wolfgang Petersens U-Boot-Höllenfahrt den Dieselheizer Frenssen verkörperte, mit an Bord. Er liest in der Außenalster Bar aus „The Dirt“, der Autobiografie der L.A.-Glam-Metaller Mötley Crüe.

      Zitierfähig sind die Erlebnisse aus den wilden 80ern nicht, und Richter, das Bochumer Pott-Original mit Betonmischer-Stimme, kichert schon vor den schmutzigsten Stellen. Er trägt übrigens nicht schwarz, sondern bevorzugt den Look „Trinkhalle“ mit grauem Jogginganzug. Sein Kollege Martin Semmelrogge, der erste Wachoffizier auf U 96, war übrigens bei den Metal Cruises IV und V dabei. „Einfach durchsacken lassen.“ Vielleicht fahren ja auch mal Uwe Ochsenknecht oder Jan Fedder mit. Oder Herbert Grönemeyer. Der war auch auf dem "Boot".

      Die Hiobsbotschaft kommt per Lautsprecher

      Überall begegnet man den Künstlern an Bord, nicht nur bei den Auftritten, offiziellen „Meet & Greet“-Terminen und Workshops. Die Rockladys von Thundermother geben am Pool Autogramme auf Band-Aufnäher, Udo Dirkschneider frühstückt mit seiner Band auf dem Buffetdeck und das Comedy-Duo Mundstuhl preist die Sonderauflage von „Mündstühl“-Shirts, extra für die Cruise angefertigt, im Fahrstuhl an. Der Frontmann von Equilibrium planscht mit uns im Pool und überhaupt: Es ist einfacher, einen Künstler zu treffen als einen Platz im Whirlpool zu bekommen, aber Dosenbier macht wie gesagt schlau – und Versuch macht klug.

      Alles Idylle also? Weit gefehlt: Kurz vor dem Ablegen am Abend kommt die Hiobsbotschaft über die Lautsprecheranlage, die für offizielle Durchsagen noch den letzten Winkel des Schiffs erreicht. Auf der Full Metal Cruise VI wird beunruhigend wenig Bier getrunken – so wenig wie auf keiner anderen Cruise. Da muss man doch was machen! In diesem Sinne: Prost!

      Tag 2 auf hoher See...

      Aufwachen! Gut, der Wecker hat nicht geklingelt, weil das smarte Phone so smart ist, dass es bemerkt hat, dass wir uns auf hoher See befinden und von mitteleuropäischer Sommerzeit aus Greenwich-Standard umgestellt hat – total praktisch für Menschen, die tatsächlich auf dem Meer arbeiten. Für uns, die wir nur zur fünfeinhalbtägigen Stippvisite über das Mittelmeer schippern, eher weniger. Denn die Handyuhr zeigt 7.15 Uhr; dabei ist es eigentlich schon viertel nach neun. Und wir sind um 11 verabredet, beim Metal-Yoga.

      Full Metal Cruise (Tag 2): Schwedin mit kaputtem Hals

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        Metal-Yoga: Was für ein Andrang!

        Nicht zum Mitmachen, aber zum Angucken. Saskia kommt ursprünglich aus Dithmarschen, hat sich aber irgendwann nach New York verzogen, und da die wohl lauteste aller möglichen Yoga-Varianten entwickelt: schreien, stampfen, treten, schlagen, untermalt von einem brachialen Metal-Soundtrack. Wie viel das mit Yoga (und wie viel mit Entspannung) zu tun hat, sei einmal dahingestellt. Aber die vollflächig tätowierte Kursleiterin muss sogar einige Metalheads wieder wegschicken, so groß ist der Andrang.

        Begeisterung trotz eines Oeuvres, das erst einmal konträr zum Aufdruck stehen zu scheint, das ist auch Mambo Kurts Metier. Mit seiner Heimorgel und durch den Rhythmusgenerator genudelten Hits hat sich der Mann mit der Polyester-Kapitänsuniform eine veritable Fangemeinde erspielt, die jede seiner objektive furchterregenden Coverversions-Eskapaden frenetisch feiert – auch wir können uns dem Lockruf der Heimorgel nicht verschließen und stoßen an – auf Metal, auf Mittelmeer, auf Mreuzfahrten.

        Dass der Horizont des Metalheads weiter ist als das nächste Bier und das nächste Gitarrenriff (die andere Sorte ist ohnehin und zum Glück selten im Mittelmeer) könnte einem schon aufgefallen sein, bedarf aber manchmal noch der expliziten Erwähnung. Thundermother aus Växjö in Schweden zum Beispiel machen lupenreinen Rock‘n‘Roll. Glauben Sie uns, den Unterschied hört man – und das deutlich.

        Rachenkatarrh und Schlager auf Crack

        Leider nicht am Dienstag, denn die Sängerin hat sich einen dermaßenen Rachenkatarrh zugezogen, dass das eigentlich geplante Konzert ausfallen muss. Das stimmt uns weit trauriger, als wenn dasselbe Schicksal Hämatom ereilt hätte, die großflächig geschminkte fränkische Metalband, die bei genauerem Hinhören eher wie Schlager auf Crack als wie metallisches Liedgut klingt.

        Aber nu, jedem sein eigener Geschmack. Wir warten lieber auf Anvil, deren Frontmann Steve „Lips“ Kudlow uns im Interview erklärt, dass man zwar stets dranbleiben sollte, die meisten positiven Dinge in seinem Leben einem trotzdem eher zustoßen, als dass man sie selbst herbeiführen könnte.

        So viel Glück hätten wir auch gern – andererseits: Wir sitzen auf einem Kreuzfahrtschiff im Metalmeer, auf dem die ganze Zeit laute Musik läuft und auf dem es für die Dinge des alltäglichen Lebens (Versorgung mit Nahrung, Getränk und Unterhaltung) ein riesiges Rudel Menschen gibt, die das erledigt. Also schätzen wir uns einfach glücklich und machen weiter, einigermaßen getreu dem Motto von Thin Lizzy, das Brian Downeys (damals Drummer bei den Iren) neue Band auf die Bühne bringt: „The Boys are Back in Town“. Gut, Boys sind wir nicht mehr und Ortschaften sind auf der offenen See auch eher selten. Aber Sie wissen, was wir meinen.

        1. Seetag, Palma de Mallorca

        „Dosenbier macht schlau“, singen die ersten Passagiere der Full Metal Cruise VI, als noch die letzten Fahrgäste des vorangegangenen Törns die „Mein Schiff 2“ verlassen. Eine vormals bunte Mischung wird mehr und mehr schwarz (und etwas fröhlicher und lockerer und ganz definitiv bierseliger als in den Tagen zuvor). Während die frisch aufgeenterten Gäste bereits das Handgepäck, Lederjacken und Bikerstiefel abwerfen und in den Whirlpool auf dem Pooldeck hüpfen, wuchtet die Crew noch mit dem Kran Container voller Bühnenaufbauten und Full-Metal-Dekoration, Instrumente und Verstärker an Bord. Auf der Pier stapeln sich die Kisten voll mit Instrumenten, mit Band-T-Shirts und mit arkanerem Gerümpel, das vom gemeinen Kreuzfahrt-Gast (nicht Kreuzfahrer!) vielleicht nicht benötigt wird, aber für den reibungslosen Ablauf der Full Metal Cruise trotzdem wichtig sind.

        Lange Liegezeiten sind der natürliche Feind eines Kreuzfahrtschiffs, also geht es zack auf zack. Wer keinen ausschlaffreundlichen Flug bekommen hat oder wollte, treibt sich noch ein wenig in Palma de Mallorca umher und bringt etwas lebensbejahendes Frühlingsschwarz in die üblicherweise eher quietschbunten Touristenmassen. Gleichzeitig bringen Busse immer neue Metaller zur Gangway. Ob die Busfahrer ein Einsehen mit dem Musikgeschmack der neuen Gäste haben oder ob sie auch alle einen kleinen Platz in ihrem Herzen für härtere Musik haben, ist zwar nicht bekannt. Aber in eigentlich allen Bussen läuft ein und derselbe Radiosender: Dort läuft Classic Rock, die wohl beste radiotaugliche Annäherung an das Full-Metal-Cruise-Programm.

        Full Metal Cruise - der erste Tag

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          Nachdem am Abend alle Neuankömmlinge und Stadtbummel-Veteranen an Bord gelangt sind und die ersten, zweiten und dritten Kannen gelenzt haben und die Seenotrettungsübung absolviert ist, schwenkt auch die Musik an Bord um. Aus den Bordlautsprechern tönt Poison statt Bryan Adams und Tina Turner, Orgel-Alleinunterhalter Mambo Kurt zaubert Van Halens „Jump“ aus den Tasten, und Metal-Reibeisen Udo Dirkschneider singt mit großem „Metal Heart“ Klassiker von Accept und seiner eigenen Band.

          Seit der zweiten Full Metal Cruise 2014 darf beim Ablegen das Schiffshorn nicht mehr benutzt werden. Zu laut. Aber die 2000 Fans, die johlen, klatschen, singen, prosten, lachen und sich überall verbrüdern und verschwestern, sind kaum leiser. Die Lichter Mallorcas verblassen am Horizont, aber auf der „Mein Schiff 2“ gehen alle Lampen an. Ein besonders grelles strahlt – ganz sicher mit Absicht – in den Nachthimmel. Die Full Metal Cruise und ihre Gäste möchten eines fast genauso sehr wie brülllaute Musik und All-inclusive-Exklusivität: Jeder soll wissen, dass sie da ist.

          Kreuzfahrten sind Trend – sogar bei Metalheads

          2013 erweiterte TUI Cruises sein Angebot an Mottofahrten: Nach Helene Fischer, Udo Lindenberg und den Wiener Philharmonikern kamen in Kooperation mit Wacken-Veranstalter ICS Kreuzfahrten für Metalheads durch den Ärmelkanal, nach Skandinavien oder im Mittelmeer dazu. Die erste startete vor fast genau fünf Jahren im Hamburger Hafen. Seitdem gilt für die Full Metal Cruise, was auch für das Wacken Open Air gilt: Häufig vergehen nur Stunden zwischen Buchungsstart und der Meldung, dass alle Tickets weg sind.

          Kreuzfahrten sind seit einigen Jahren Trend nicht nur bei betuchten Reisenden, und irgendwann wächst auch beim härtesten Rocker der Wunsch, Festivalschlamm gegen Pool und Jacuzzi, Pommes und Ravioli gegen ausgesuchte Speisen und Igluzelte gegen Balkonkabinen zu tauschen.

          Abendblatt.tv goes Full Metal Cruise - das Videotagebuch

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            Der Altersschnitt an Bord ist ungefähr bei 40 Jahren, darunter viele Pärchen und Gruppen. Sie hören, leben seit vielen Jahren Metal, haben in der ersten Reihe ungezählter Konzerte Knochen und Nacken hingehalten. Da will man sich auch mal erholen und trotzdem seinen Lieblingssound hören, bei Indoor-Festivals wie „Metal Hammer Paradise“, beim „Full Metal Mountain“-Skiurlaub oder bei Musik-Kreuzfahrten.

            "Mein Schiff 2" hat mehrere 10.000 Liter Bier gebunkert

            Bei allem Luxus, der in Restaurants, im Spa-Bereich und Lounges geboten wird: Bier bleibt Bier. Mehrere 10.000 Liter Pils hat die „Mein Schiff 2“, die ihre zweite „Full Metal Cruise“ absolviert, gebunkert. Und es ist damit zu rechnen, dass spätestens in Valencia nachgetankt werden muss. Eine „Full Metal Cruise“ ist nicht billig, ab 1000 Euro in einer Innenkabine (dazu kommen Flugkosten und Landausflüge) geht es los. Dafür sind Wein, Bier und Softdrinks (ab 18 Uhr auch ausgewählte Spirituosen und Cocktails) sowie viele Angebote der Bord-Restaurants inklusive. Und natürlich Metal auf drei Bühnen: Rage, Anvil, Dirkschneider, Thundermother, Equilibrium und 18 weitere Bands entern mit auf, reißen die Regler hoch und mischen sich unter die Fans, geben Autogramme und Workshops oder machen vielleicht heimlich beim Metal-Karaoke mit.

            Für die „Full Metal Cruise VII“, die vom 2. bis 7. September 2018 auf der „Mein Schiff 3“ von Bremerhaven nach Invergordon und Newcastle upon Tyne dampft, gibt es noch einige Kabinen. Aber zuerst gilt es, die sechste Eisenreise zu überstehen. Das Medikament, das an Bord gegen Seekrankheit ausgegeben wird, heißt „Vertigo“. Wie die Plattenfirma von Metallica und Black Sabbath. Ein gutes Omen.

            Die Reise wurde durch TUI Cruises unterstützt.