Hamburg. Hohe Anforderungen beim Wasserschutz: Dieses Jahr nur sechs geeignete Bewerber. Notlösung soll Abhilfe schaffen.

Die Hamburger Wasserschutzpolizei hat akute Nachwuchs­sorgen. Sie wird in den kommenden Jahren 17 Beamte weniger haben als derzeit. Was nach wenig klingt, ist ein großes Problem. Schon jetzt können die wenigen Streifenwagen und Boote nur mit Mühe besetzt werden. Die Wasserschutzpolizei findet deshalb nur schwer Nachwuchs, weil die Anforderungen höher, die Ausbildungszeit länger, aber die Bezahlung nicht besser ist als im Vergleich zum normalen Polizeidienst.

532 Beamte arbeiten offiziell bei der Hamburger Wasserschutzpolizei. Tatsächlich sind es 55 weniger. Diese Beamten sind in andere Bereiche der Polizei abgeordnet, beispielsweise in Führungsstäbe oder als Ausbilder an die Akademie. Im Hafen gibt es drei Wachen der Wasserschutzpolizei: in Waltershof, auf Steinwerder und in Harburg. Mindestens ein Streifenwagen und ein Boot sind pro Wache rund um die Uhr besetzt. „Grundlast“ nennt sich das bei der Polizei.

Personalmisere wurde zu spät ein Thema

Das hat auch damit zu tun, dass die Personalmisere nicht früher Thema wurde. „An anderen Polizeiwachen sind bis zu fünf Peterwagen besetzt. Gibt es dort zu wenig Personal, wird auch mal ein Fahrzeug abgemeldet“, sagt ein Beamter. Dann ist dort die Grundlast unterschritten. „Bei der Wasserschutzpolizei ist das anders. Wird an einer der drei Wachen ein Wagen abgemeldet, ist keiner mehr für den Bereich da. Das wurde auf Biegen und Brechen immer verhindert“, so der Beamte. Nach außen schien es, als gebe es bei der Wasserschutzpolizei keine Personalprobleme. Mittlerweile ist es zu spät.

Auf einer Klausurtagung in der vergangenen Woche beschäftigte sich die Wasserschutzpolizei mit ihrem Personalproblem. Herausgekommen ist eine Notlösung. Beamte des Einsatzzuges der Wasserschutzpolizei sollen an den Wachen einspringen. Die sind aber, im Gegensatz zu Einsatzzügen der Schutzpolizei, auch ein Ausbildungszug. Wer dort als junger Polizist arbeitet, ist noch nicht voll für seinen Fachbereich ausgebildet.

Anforderungen gesenkt

Die Polizei hofft, dass mit der Einstellungsoffensive 300plus das Problem gelöst wird. „Solange haben wir diese Durststrecke“, heißt es aus der Polizei. Mindestens. Denn es wird immer schwieriger, geeignete Bewerber zu gewinnen. In den vergangenen zwei Jahren bewarben sich zwischen 14 und 28 Männer und Frauen pro Lehrgang bei der Wasserschutzpolizei. In diesem Jahr wurden nur sechs geeignete Bewerber für zwei Lehrgänge gefunden.

Dabei wurden in der Vergangenheit bereits die Anforderungen gesenkt. Waren es früher ausschließlich Patentinhaber, die für die Wasserschutzpolizei genommen wurden, können jetzt auch Bewerber aus „WS-relevanten Berufen“ eingestellt werden. Das sind beispielsweise Schifffahrtskaufleute oder ehemalige Marinesoldaten. Die Ausbildung zum Wasserschutzpolizisten dauert 16 Monate länger als die normale Polizeiausbildung. Sie wird teilweise an der Wasserschutzpolizeischule im Hafen durchgeführt. „Wir wollen Leute, die Leitenden Ingenieuren oder Kapitänen auf großen Schiffe auf Augenhöhe begegnen können“, sagt Polizeisprecher Ulf Wundrack.

Nachwuchs hauptsächlich von Handelsmarine

Früher hat die Wasserschutzpolizei ihren Nachwuchs hauptsächlich bei der Handelsmarine gefunden. Es waren Seeleute, die – oft wegen ihrer Familie – ein geregeltes Leben wollten. Dafür nahmen sie auch finanzielle Einbußen in Kauf. „Heute ist die Seefahrt nicht mehr ganz so unstet wie früher“, sagt ein Insider. „Zudem gibt es neue Konkurrenz wie die Zubringerdienste für die großen Offshore-Windparks in der Nordsee, wo man ebenso geregelt arbeitet wie bei der Polizei, aber besser bezahlt wird.“ Dass es eine Fehlentwicklung gibt, hatte schon der ehemalige Leiter der Wasserschutzpolizei, Bernd Spöntjes, erkannt: „Früher bildeten wir Seeleute zu Polizisten aus. Heute versuchen wir Polizisten zu Seeleuten zu machen. Das ist schwieriger.“ Das hatte er während seiner Dienstzeit gesagt, die 2011 endete.

„Es ist längst überfällig, dass dieses Problem auf den Tisch kommt“, sagt Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. „Man muss sich darüber klar werden, dass man Bewerbern, von denen man eine vorpolizeiliche Qualifikation verlangt, einen zusätzlichen Anreiz geben muss.“

Lenders würde eine schnellere Beförderung von Wasserschutzpolizisten als einen ersten Schritt sehen. „Das löst nicht alle Probleme, wäre aber richtungweisend. Auf längere Sicht muss man sich darüber klar sein, dass man, wenn man Spezialisten will, sie auch wie Spezialisten bezahlen muss.“