Hamburg. Die Stadt organisiert Ausstellungen, Lesungen, Workshops und noch vieles mehr zur Zeitenwende der Jahre 1918/19.

Es klingt erst einmal nach so einem klassischen Sonntags­redensatz: „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit.“ Gesagt hat ihn Dorothee Stapelfeldt. Am Dienstag. Und dabei hat die Stadtentwicklungssenatorin daran erinnert, dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit auf dem Rückzug sind, auch in Teilen Europas. „Was uns selbstverständlich erscheint, ist leicht verwundbar: durch Gleichgültigkeit und mangelndes Engagement.“ Noch so ein Satz, der leicht überhört wird. Aber er erklärt, warum die Stadt so große Anstrengungen unternimmt, um an die Zeit zu erinnern, als all das erkämpft wurde, wovon wir heute profitieren: an die Schicksalsjahre 1918/1919.

Als sich im Spätsommer 1918 endgültig abzeichnete, dass der Weltkrieg für Deutschland nicht mehr zu gewinnen war, gärte es in der hungernden Bevölkerung. Ausgehend von meuternden Matrosen in Kiel begann die Revolution in Hamburg am 5. November 1918 und griff dann auf Berlin über. Und es war monatelang in der Schwebe, ob Deutschland eine Räterepublik nach sowjetischem Vorbild werden oder sich die Demokratie durchsetzen würde.

Der Wahl-O-Mat anno 1919

Das Ergebnis waren gewaltige Veränderungen und Errungenschaften binnen kurzer Zeit. Im Januar 1919 wurde die Nationalversammlung gewählt, bei der Frauen erstmals abstimmen durften. Im März gab es die ersten demokratischen Bürgerschaftswahlen in Hamburg – bis 1918 noch hatten Grundbesitzer und Großbürger ihre Macht durch ein absurdes Wahlrecht zementiert. Doch die Demokratisierung ging viel weiter: Es gab jetzt Betriebsräte, die Gewerkschaften wurden anerkannt, der Acht-Stunden-Tag eingeführt, die Schulen für alle Bevölkerungsschichten geöffnet, die Universität und die Volkshochschule gegründet.

Bereits am 25. April wird dazu eine große Ausstellung im Hamburg Museum am Holstenwall eröffnet, die bis zum Februar 2019 zu sehen sein wird. „Erstaunlicherweise sind die Geschehnisse damals in Hamburg wissenschaftlich eher dürftig aufgearbeitet worden“, sagt Prof. Hans-Jörg Czech. Der Museums­direktor will diese Lücke mit der Ausstellung zu schließen helfen. „Revolution! Revolution?“ lautet der Titel, denn es geht auch darum, ob die relativ unblutige Umwälzung in Hamburg wirklich eine Revolution war.

Mehr als 300 Exponate

Mehr als 300 Exponate wurden zusammengetragen, von denen viele „nicht flach“ seien, wie Czech sagt – also nicht nur Papiere zu sehen sind. Jeden Sonntag gibt es Führungen und regelmäßig auch szenische Lesungen. Um die jüngere Generation anzusprechen, wird die Geschichte eines Revolutionärs als Graphic Novel erzählt. Erscheinungstermin ist der November.

Von sofort an ist eine Website online: „hamburg-18-19.de“. Dort gibt es Chroniken, Hintergründe, Bilder, Biografien sowie immer wieder den Blick in die Gegenwart. Und einen ganz besonderen Wahl-O-Maten: mit den Parteien von 1919. Außerdem bietet die Seite einen Überblick über alle geplanten Veranstaltungen.