Hamburg. Stadt will die Poller auf dem Heiligengeistfeld bezahlen. CDU fordert dies für alle Großveranstaltungen.
Nach dem Anschlag in Münster sorgt der Schutz von Volksfesten und anderen Veranstaltungen vor Attacken mit Fahrzeugen auch in Hamburg für Streit. Bereits im Januar hatten mehrere Hamburger Veranstalter ein gemeinsames Positionspapier an die Innenbehörde geschickt, in dem sie die aus ihrer Sicht unfaire Kostenverteilung für die Schutzmaßnahmen beklagten. Sie kritisierten in der Folge auch eine mangelnde Gesprächsbereitschaft des Senats. Das Verhalten der Stadt sei „sehr enttäuschend“. Die Innenbehörde verwies darauf, dass sehr wohl Gespräche geführt würden. Der Senat betonte zuletzt, dass die Stadt bei kommerziellen Veranstaltungen nicht alle Kosten übernehmen wolle.
Nach Abendblatt-Informationen will Innensenator Andy Grote (SPD) am heutigen Montag nun allerdings bekannt geben, dass zumindest für das Heiligengeistfeld eine Lösung gefunden wurde: Demnach soll der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) für die Anschaffung von stationären Betonpollern am Heiligengeistfeld aufkommen, die regelmäßig genutzt werden können.
Bürgerschaft stimmt über Kosten für Alstervergnügen ab
Für Veranstaltungen an anderen Orten herrscht allerdings weiter Unklarheit. So hatten die Veranstalter kürzlich das für Ende August geplante Alstervergnügen mit Verweis auf hohe Sicherheitskosten abgesagt. In einem Brief an das Bezirksamt Mitte hatte die RSW-Veranstaltungs GmbH detailliert auf die hohen Kosten für die Terrorabwehrmaßnahmen hingewiesen, die zu erheblichen Verlusten „im hohen fünfstelligen Bereich“ führten (das Abendblatt berichtete).
Im Jahr 2017 hätten „die Kosten der Terrorabwehr (...) 53.723,00 Euro“ betragen, so die Veranstalter. Ziehe man davon die vom Bezirksamt zugesagten 15.000 Euro ab, „verbleiben immer noch nicht kalkulierte Mehrkosten in Höhe von 38.723,00 Euro“. Diese zusätzlichen Kosten könne man nicht tragen und wolle sie auch nicht an die Marktbeschicker weitergeben.
Die CDU ist der Auffassung, dass der Schutz vor Terror grundsätzlich von der Stadt zu gewährleisten sei. „Sicherheit und Ordnung ist eine absolute Kernaufgabe des Staates“, sagt CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator. „Die vielen Großveranstaltungen sind für die Polizei wegen der gestiegenen Gefahr zwar eine besondere Herausforderung, gehören aber zu einer Großstadt dazu. Es ist Aufgabe der Stadt, dass alle auch stattfinden können und nicht der Terrorgefahr zum Opfer fallen. Wir verändern unsere Art zu leben nicht, dafür muss die Stadt aber für die Sicherheit aller Bürger sorgen.“
Keine unzumutbaren Kosten für Veranstalter
Wichtig sei auch, „dass den Ausrichtern keine unzumutbaren Kosten aufgebürdet werden“, so Gladiator. „Eine Sicherheitsgebühr, wie etwa der Fanfestveranstalter sie nun nehmen muss, zeugt von der Hilflosigkeit des Innensenators. Die Teilnehmer, Veranstalter und Besucher können als Steuerzahler erwarten, dass ihre Sicherheit ohne weitere Kosten stets gewährleistet ist.“
Die CDU hat zu diesem Thema einen Bürgerschaftsantrag eingebracht, über den am Mittwoch abgestimmt wird. Dabei geht es konkret um das Alstervergnügen. Die CDU fordert den Senat auf, „die erhöhten Sicherheitskosten für das Hamburger Alstervergnügen zunächst für 2018 zu übernehmen, um das Fest grundsätzlich zu retten“ und außerdem „zu prüfen, aus welchen öffentlichen Mitteln die erhöhten Sicherheitskosten von 2019 an finanziert werden können, und alternative Finanzierungswege vorzulegen“.
Auch in der Verwaltung gibt es jedoch kritische Stimmen, die an der Wirksamkeit von Pollern und Wassertanks gegen Terrorangriffe zweifeln. Technische Untersuchungen hatten teilweise ergeben, dass die Betonpoller etwa einen heranrasenden Lastwagen möglicherweise nicht stoppen könnten. Der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator hatte nach dem Einsatz von sehr kleinen Pollern am Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr auf dem Rathaus bereits kritisiert, dass diese sich im Ernstfall sogar zu „Geschossen“ entwickeln könnten.
Möglicherweise ein Fall für die Justiz
Der Ausrichter des Fanfests zur Fußball-WM und weiterer Großveranstaltungen, Uwe Bergmann, kritisierte im Gespräch mit dem Abendblatt, dass viele der getroffenen Maßnahmen lediglich ein „Alibi“ anstelle eines verlässlichen Schutzes seien. Dennoch seien die Kosten enorm. Für ihn war in der vergangenen Woche auch noch keine Einigung mit der Stadt in Sicht, er setzte sich aber für weitere Gespräche ein.
Es könnte für die Veranstalter auch sinnvoll sein, wenn ein Gericht über die Verteilung der Kosten entscheiden würde. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte in einem dortigen Fall vor dem Jahreswechsel geurteilt, dass die Stadt für die Antiterrormaßnahmen außerhalb des Veranstaltungsgeländes aufkommen müsse.