Hamburg. Warenhauskonzern setzt auf Ansiedlung von Partnern in den eigenen Filialen. Das Konzept wird jetzt auch in Hamburg umgesetzt.

Für ein Unternehmen mit einem Umsatz von rund zwei Milliarden Euro ist ein Jahresüberschuss von 1,4 Millionen Euro nicht gerade viel. Doch für den Warenhauskonzern Karstadt hat die vor wenigen Tagen bekannt gegebene Zahl eine besondere Bedeutung: Erstmals seit zwölf Jahren steht unter dem Strich eine schwarze Zahl.

Mit dem Gewinn im Rücken will Karstadt-Chef Stephan Fanderl den Konzern nach einer schmerzhaften Sanierungsphase als vernetzten „Marktplatz von morgen“ positionieren und dazu externe Partner in den Warenhäusern ansiedeln. Auch für die Kunden in Hamburg ist diese Umstrukturierung jetzt sichtbar: In das Untergeschoss der Filiale an der Osterstraße zieht der Discounter Aldi ein. Die Umbauarbeiten werden bis Oktober dauern, wie die Karstadt-Filialleiterin Christin Krümmel den „Eimsbütteler Nachrichten“ sagte.

Größeres Angebot an Modeartikeln

Bereits im März wurde die Lebensmittelabteilung geschlossen, und das Restaurant im ersten Stock verschwindet. Dafür soll es künftig ein größeres Angebot an Modeartikeln und Haushaltswaren geben – auch von Marken, die diese Filiale bisher nicht im Programm hat.

Fanderls Strategie der Hereinnahme von externen Anbietern in die Karstadt-Häuser hat bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr erste Auswirkungen auf die Zahlen gezeigt: Flächenbereinigt gab es ein leichtes Umsatzplus. Dabei habe sich auch die Vermietung von Flächen an „attraktive Partner“ wie etwa die Drogeriekette dm, die Lebensmittelhändler Aldi und Edeka oder Apollo Optik ausgewirkt, hieß es.

Experte: Konzept ist „sehr sinnvoll“

Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg hält das Marktplatz-Konzept für „sehr sinnvoll“. Es sei schon deshalb naheliegend, „weil die österreichische Karstadt-Muttergesellschaft Signa mit Einkaufszentren groß geworden ist.“ Außerdem hätten die drei nicht mehr mehrheitlich zu Karstadt gehörenden Premium-Filialen, also das Hamburger Alsterhaus, das KaDeWe in Berlin und Oberpollinger in München, schon vor einigen Jahren begonnen, Shops von Luxusmarken wie etwa Gucci hereinzunehmen, sagt Roeb. Einen besonders großen Effekt hätte zwar die Auslagerung des Textilienbereichs auf Partner auch in den 79 verbliebenen Filialen – „aber dann bliebe für Karstadt nicht mehr viel Geschäft in eigener Regie übrig.“

Auch bei der Gewerkschaft Ver.di ist man der Auffassung, das Eimsbütteler Modell könne Vorteile bringen: „Das Ziel muss es sein, die Attraktivität des Standorts zu erhöhen“, sagt Heike Lattekamp, Leiterin des Fachbereichs Handel bei Ver.di Hamburg. Ob das gelinge, müsse sich erweisen.

Zunehmende Konkurrenz durch Onlinehandel

Dass nun auch in dem Haus an der Osterstraße die Lebensmittelabteilung geschlossen wurde, ist für Fachleute keine Überraschung. Denn in diesem Geschäft könnten Karstadt und Kaufhof kaum mit den großen Discounter- und Supermarktketten mithalten. „Warenhäuser ziehen sich schon seit 30 Jahren nach und nach aus dem Lebensmittelbereich zurück, sofern es nicht um gehobene Feinkostabteilungen geht“, erklärt Roeb.

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Mit der Neustrukturierung reagiert Karstadt-Chef Fanderl nicht zuletzt auf die zunehmende Konkurrenz durch den Onlinehandel. „Im Moment sieht man im deutschen Einzelhandel einen ‚Digitalisierungswettlauf‘“, sagte der Manager, der das Unternehmen seit der Übernahme durch die Signa-Gruppe im Jahr 2014 leitet. Wer zu langsam und inkonsequent handele, werde „dieses Rennen nicht überleben“. Fanderl zeigte sich entschlossen, „Karstadt zu einem der stärksten, über alle Vertriebskanäle vernetzten Händler in Deutschland zu entwickeln“. Dazu gehöre auch, bis 2019/20 den Anteil des Onlineumsatzes auf rund zehn Prozent steigern.

Erfolge bereits erkennbar

Inzwischen gibt es in allen sechs klassischen Karstadt-Warenhäusern in Hamburg (Mönckebergstraße, Eimsbüttel, Harburg, Wandsbek, zwei in Bergedorf) den sogenannten Click & Collect-Service: Die Kunden können Produkte im Onlineshop des Unternehmens bestellen und dann in der Filiale abholen. Neu eingeführt wurde zudem die Möglichkeit, per Internet in der Wunschfiliale bestimmte Waren zu reservieren, falls man sich noch nicht sicher ist, dass man sie tatsächlich kaufen möchte.

Erfolge dieser Neuerungen sind laut Fanderl bereits erkennbar: „Während der Onlinehandel inklusive Lebensmittel im Weihnachtsgeschäft um rund zehn Prozent zugenommen hat, stieg er bei Karstadt um 50 Prozent an.“ Schon heute habe der Konzern 30 Filialen, aus denen er Ware versendet, bis Jahresende sollen es alle 79 Häuser sein. Damit sei man sehr viel schneller als andere Internethändler, die die bestellten Produkte aus einem Zentral­lager heraus verschicken. Dabei soll das „Marktplatz“-Partnerkonzept zunehmend auch für den Onlineshop gelten – und in bereits 15 Karstadt-Häusern.

Karstadt hat mehr als 2000 Stellen abgebaut

Generell bleibt die Wettbewerbs­situation für die innerstädtischen Warenhäuser nach Einschätzung des Karstadt-Managements aber „extrem anspruchsvoll“. Seit 2009 hat der Konzern mehr als 2000 Stellen abgebaut. Dennoch stellt Fanderl nun sogar wieder Neueröffnungen in Aussicht.

Zudem setzt er noch immer darauf, den weiter kriselnden Wettbewerber Kaufhof – der Berichten zufolge zuletzt abermals Verluste im dreistelligen Millionenbereich schrieb – übernehmen zu können. Handelsexperte Roeb glaubt ebenfalls daran: „Ich bin ziemlich sicher, dass es irgendwann doch noch einen Zusammenschluss zwischen Karstadt und Kaufhof gibt. Aber Kaufhof geht es offenbar noch nicht schlecht genug.“