Hamburg. Mit 8965 Erkrankungen gab es in Hamburg so viele Grippe-Fälle wie in zehn Jahren nicht. Hohe Krankenstände in Firmen.
Die heftige Grippewelle, die in Hamburg im Februar und März für teilweise extrem hohe Krankenstände in Firmen, Schulen und Behörde sorgte, ebbt langsam ab. Mit bisher 8965 registrierten Fällen zwang die Krankheit in dieser Saison so viele Hamburger in die Knie wie in den vergangenen zehn Jahren nicht. Experten gehen von einer weit größeren Dunkelziffer aus. Obwohl die Grippewelle deutlich schwerer verlief als 2016, liegt die Zahl der Toten mit 15 in etwa auf Vorjahresniveau. Die gute Nachricht: „Der Höhepunkt ist überwunden. Wir gehen davon aus, dass die Grippewelle in Hamburg abflaut“, sagt Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Wurden für die elfte Kalenderwoche noch 962 Erkrankungen gemeldet, waren es in der Folgewoche nur noch 541. Über Ostern dürften nur noch wenige Hamburger mit einer echten Grippe im Bett gelegen haben.
Damit endet auch in der Hansestadt eine hartnäckige Virusepidemie, die wie ein Unwetter gewütet hat. Das belegen die wöchentlich veröffentlichten Deutschland-Karten sehr gut, in denen anhand verschiedener Farben der Verlauf der Grippewelle gut nachzuvollziehen ist. 6939 Fälle zählte die Gesundheitsbehörde allein für die ersten zwölf Wochen des Jahres. Das waren mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Von Januar bis März gab es 2017 lediglich 2958 registrierte Infektionen. Ein Grund für den Anstieg könnte allerdings auch ziemlich banal sein: „Es ist möglich, dass sich durch die erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit aktuell mehr Menschen auf Grippe testen ließen“, sagt Susanne Glasmacher, Sprecherin der Arbeitsgruppe Influenza des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Die Zahlen sind sowieso nur Hinweise auf den Verlauf der Grippewelle. Vermutlich gab es weit mehr Kranke im vergangenen Winter, dessen oft wechselnde kalte und warme Temperaturen zur Verbreitung von Viren beigetragen haben dürften. Deutschlandweit wurden rund 300.000 Fälle gezählt. „Wir schätzen aber, dass das Virus insgesamt mehrere Millionen Menschen angesteckt hat“, sagt Glasmacher. Zwischenzeitlich gab es im Norden Krankenhäuser, die angesichts der zu behandelnden Grippekranken geplante Operationen verschieben mussten und nur noch Notfälle aufnahmen.
Meistens war ein Virus-Typ schuld
Grund für 75 Prozent der Grippefälle war das Influenza-Virus Typ B der Yamagata-Linie, für das vor allem Menschen ab 35 Jahren anfällig seien. Denkbar ist, dass die Immunität in der Bevölkerung gegen das Yamagata-Virus besonders gering war, weil er lange nicht zirkulierte. „Gewöhnlich machen Viren dieses Stammes nur etwa fünf Prozent aus“, sagt Thomas Friedrich, Geschäftsführer des Hamburger Apothekervereins. Ein weiteres, viel diskutiertes Problem: Die Dreifachimpfung, die gesetzlich Krankenversicherte bekamen, half gegen diesen Virus-Typ nicht. Das sorgte nicht nur bei den Betroffenen für Empörung. Als Reaktion auf den öffentlichen Druck und die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation rüsteten deshalb viele gesetzliche Krankenkassen auf und erstatteten Patienten von Januar an den Vierfachimpfstoff, der vollen Schutz bieten soll. Den hatten vorher nur Mitglieder privater Krankenkassen erhalten.
Grippeschutzimpfung empfohlen
Insgesamt sei die Zahl der gesetzlich Versicherten, die sich impfen ließen, aber zurückgegangen, so Friedrich. Er rät den Risikogruppen im Herbst dieses Jahres unbedingt zur Grippeschutzimpfung: „Vor allem über 60-Jährige, im öffentlichen Bereich arbeitende und Menschen mit Vorerkrankungen sollten sich impfen lassen.“ Für sie bestehe Gefahr, dass die Grippe durch bakterielle Folgeerkrankungen tödlich ende, sagt RKI-Sprecherin Glasmacher.