Hamburg. Die Teilnahme ist freiwillig. Das Siegel soll kein Pranger sein. Nur Betriebe mit guten oder sehr guten Ergebnissen bekommen es.

Ist die Küche sauber? Sind Gemüse und Obst, Fleisch und Fisch richtig gelagert und gut gekühlt? Überprüft der Wirt all das wie vorgeschrieben? Ein neuer Aufkleber an der Tür oder im Schaufenster soll künftig Betriebe kennzeichnen, die die Hygiene hochhalten: Im Mai führt Hamburg ein entsprechendes Siegel für die Gastronomie ein. Beantragen können es Wirte, die bei einer amtlichen Kontrolle die Note „gut“ oder „sehr gut“ erhalten.

„Dadurch erhöhen wir die Transparenz zugunsten der Verbraucher“, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), die das Vorhaben am Dienstag vorstellte. Das Hamburger Hygienesiegel diene auch als ein Anreiz für Gastwirte. Ähnliche Kennzeichnungen zum Beispiel in Dänemark haben gezeigt, dass damit das Hygieneniveau in den Betrieben steigt“, sagte Prüfer-Storcks. „Vorbildliche Betriebe können mit ihrer guten Hygiene werben.“

Verpflichtende Lösung war nicht möglich

Mitmachen können unter anderem Restaurants, Kantinen, Imbisse, Cafés, Bäckereien und Backfilialen mit eigenem Café, Eisdielen und Fleischereien, die warme Speisen zum Verzehr vor Ort anbieten. Die Teilnahme ist freiwillig. „Wir können es nicht verpflichtend machen“, sagte die Senatorin.

Ihrer Behörde zufolge ist eine Bundesregelung nötig, um Rechtssicherheit zu haben und ein Hygienesiegel in den Ländern verpflichtend machen zu können – im Bund sperrt sich laut SPD aber die CDU gegen eine verbindliche Lösung. Im neuen Koalitionsvertrag steht nun, dass Union und SPD eine Regelung schaffen wollen, die auf Freiwilligkeit setzt. „Darauf wollte ich nicht mehr warten“, sagte Prüfer-Storcks. Deshalb führe sie bereits jetzt in Hamburg ein solches System ein.

Etwa 6000 Betriebe kommen für das Siegel infrage

Der Hamburger CDU-Bürgerschafts­abgeordnete Dennis Thering hingegen bezweifelt, dass sich nicht auch ohne Bundesregelung ein verpflichtendes Hygienesiegel in Hamburg einführen ließe. Das Bundesernährungsministerium habe bereits 2015 mitgeteilt, dass die Länder durchaus landesrechtliche Regelungen über eine obligatorische Veröffentlichung aller Kontrollergebnisse schaffen könnten, sagte Thering.

Etwa 6000 Gastronomiebetriebe kommen für das neue Hamburger Hygienesiegel infrage. Fast jeder zweite Betrieb hatte laut der Gesundheitsbehörde zuletzt ein gutes bis sehr gutes Zeugnis. Fleischer werden der Behörde zufolge alle drei Monate, Bäcker jährlich und andere Lebensmittelbetriebe alle 18 Monate kontrolliert. Die Zyklen würden in 92 Prozent der Fälle eingehalten.

Am Ende jeder Prüfung vergeben die Kontrolleure eine Punktzahl von 0 bis 80. Je weniger Punkte es gibt, desto besser ist die Hygiene in dem Betrieb: Für 0 bis 20 Punkte erhält ein Betrieb die Note „sehr gut“ oder „gut“. Schlechtere Ergebnisse werden auf dem Siegel nicht vermerkt – über schwarze Schafe gibt es also keine Auskunft. Aber: „Man kann als Verbraucher aus dem Fehlen des Siegels seine Schlüsse ziehen“, sagte Prüfer-Storcks. Sie hatte 2011 noch für eine Hygiene-Ampel plädiert, die auch schlechte Ergebnisse dokumentiert.

In Niedersachsen scheiterte eine Hygiene-Ampel

In Niedersachsen war im vergangenen Jahr eine Hygiene-Ampel erprobt worden. Wer im Restaurant essen ging, sollte mittels einer farblichen Abstufung sehen, ob der Betrieb sauber arbeitete. Sechs Monate lang liefen Pilotversuche in Braunschweig und Hannover – dann wurde das Projekt beendet, weil zu wenige Betriebe mitgemacht hatten.

Nun kommt in Hamburg ein freiwilliges Modell. „Wir wollen niemanden an den Pranger stellen“, sagte Prüfer-Storcks. „Für Betriebe, die die Anforderungen noch nicht im für das Siegel ausreichenden Maße erfüllen, kann das Siegel ein Anreiz sein, besser zu werden.“

Opposition kritisiert das Hygienesiegel

CDU-Politiker Dennis Thering kritisierte das Vorhaben. „Die Lebensmittel-Ampel startete 2011 als brüllender Tiger und endet nun als Senatsbettvorleger in Form eines wenig verbindlichen Siegels“, sagte Thering. „Die neue Regelung suggeriert, dass der Verbraucher in Hamburg besser informiert wird, was de facto nicht stimmt. Bei Betrieben, die nicht freiwillig teilnehmen, sind die zur Verfügung stehenden Informationen genau die gleichen wie zuvor.“

Jennyfer Dutschke von der FDP sagte, der Vorstoß sei überflüssig. „In anderen Bundesländern sind Hygiene-Ampeln längst wieder abgeschafft. Obwohl sich das Projekt Hygiene-Ampel damit offensichtlich nicht bewährt hat, lässt die Senatorin in Hamburg einen neuen Testballon unter dem Namen ‚Hygienesiegel‘ steigen.“ Reguläre Hygienekontrollen überprüften aber bereits, ob Betriebe die gesetzlichen Anforderungen und Auflagen erfüllen.

Für die Wirte ist das Siegel kostenlos. Es soll nur für den einzelnen Betrieb gültig sein, nicht auch für andere Filialen einer Kette. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband, die Handwerks- und die Handelskammer, die Bäcker- und die Fleischerinnung unterstützten das Vorhaben.

Mehr Informationen im Internet unter: www.hamburg.de/hygienesiegel