St. Pauli. Bei den schwierigen Planungen des Paloma-Viertels an der Reeperbahn sollen die letzten strittigen Punkte nun geklärt sein.
Bei den Planungen für die Bebauung des Esso-Areals am Spielbudenplatz – mittlerweile als Paloma-Viertel bekannt – zeichnet sich nach Abendblatt-Informationen ein Durchbruch ab. Die Bayerische Hausbau hatte das Filetgrundstück auf St. Pauli 2009 erworben, die maroden Hochhäuser wurden 2014 abgerissen. Seit Jahren wird im Stadtteil über das, was in der prominenten Lage entstehen soll, mit viel Leidenschaft gestritten.
Jetzt ist nach Abendblatt-Informationen ein Meilenstein für die Realisierung des Paloma-Viertels und damit für den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags gesetzt worden. In der vergangenen Woche hatte es ein Treffen von Politikern, Vertretern der Planbude, des Bezirks und des Investors gegeben.
Zuletzt soll strittig gewesen sein, wie hoch der Preis für die Flächen ist, die Baugemeinschaften für Wohnungsbau auf dem Areal zur Verfügung gestellt werden – dazu hat es dem Vernehmen nach eine weitgehende Einigung gegeben. Die Ergebnisse wurden am Montag nach Abendblatt-Informationen dem Projektrat – auch dieser ist mit Vertretern der Planbude, Bürgern aus dem Stadtteil, der Politik, dem Investor und dem Bezirk besetzt – vorgestellt.
Seit 2014 wird mit der Planbude, die im Auftrag des Bezirks die Anliegen der Menschen im Stadtteil vertreten soll, darum gerungen, was auf dem rund 6200 Quadratmeter großen Grundstück entstehen soll – St. Pauli ist ein auf Mitbestimmung bedachter Stadtteil.
Kaltmieten ab 6,50 Euro pro Quadratmeter
Fest steht: Es soll eine Mischung aus Wohnen, einem Hotel, Einzelhandel und subkulturellen Nutzungen sein. Das heißt zum Beispiel, dass der Molotow Club, der bereits zuvor Mieter in den abgerissenen Esso-Häusern war, zu besonders günstigen Konditionen eine Fläche in dem neuen Gebäudekomplex beziehen soll (wir berichteten). Auch Projekte aus dem Stadtteil, wie die Kaffeeklappe oder Nachwuchsbands, sollen dort Räume erhalten.
Insgesamt sind rund 200 Wohnungen geplant, mit begrünten Dächern, die größtenteils öffentlich zugänglich sind. Vorgesehen ist, dass 20 Prozent an Baugemeinschaften gehen, 40 Prozent der Wohnungen frei finanziert und weitere 40 Prozent öffentlich gefördert werden, die dann für Preise ab 6,50 Euro pro Quadratmeter kalt vermietet werden. Das Hotel – die Verhandlungen mit einem Betreiber sollen kurz vor dem Abschluss stehen – soll rund 150 Zimmer haben.
Nach Abendblatt-Informationen wird nach Ostern die Öffentlichkeit in einer Stadtteilversammlung über die final miteinander abgestimmten Planungen informiert. Danach könnte der städtebauliche Vertrag zwischen der Bayerischen Hausbau und dem Bezirk Mitte unterzeichnet werden.
Das war eigentlich schon für Herbst 2017 geplant. Dieser städtebauliche Vertrag, in dem Einzelheiten zu dem Bauvorhaben festgelegt werden, bildet die Grundlage für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan, der von der Bezirksversammlung Mitte beschlossen werden muss. Der städtebauliche Vertrag soll dem Vernehmen nach im Spätsommer geschlossen werden.
Baubeginn verschiebt sich auf Anfang 2019
Die Bayerische Hausbau dürfte das größte Interesse daran haben, dass nun endlich Baurecht geschaffen wird. Denn Zeit ist Geld. Für das renommierte Immobilienunternehmen aus München, das zur Schörghuber Unternehmensgruppe gehört, dürfte das Paloma-Viertel das bislang schwierigste Projekt sein.
Auch wenn es jetzt tatsächlich eine Einigung gibt: Der für Herbst 2018 geplante Baubeginn kann dem Vernehmen nach nicht eingehalten werden. Inzwischen ist von Anfang 2019 die Rede, eine Fertigstellung frühestens 2022 realistisch.
Hinter den Kulissen herrscht unterdessen höchste Anspannung. Die Beteiligten wollen kurz vor der Einigung keine Öffentlichkeit. Es wurde zwischen allen Beteiligten Stillschweigen vereinbart.
Der Sprecher der Bayerischen Hausbau, Bernhard Taubenberger, sagte auf Anfrage lediglich: „Wir werden uns zu einem späteren Zeitpunkt in Absprache mit allen anderen Beteiligten äußern.“ Der SPD-Bezirksabgeordnete für St. Pauli, Carl Philipp Schöpe, wollte keine Stellungnahme abgeben.
Unterdessen drückt CDU-Vizefraktionschef Roland Hoitz aufs Tempo: „Eine solche umfassende Beteiligung von Initiativen aus dem Stadtteil inklusive der Planbude ist wohl einmalig für ein Hamburger Bauvorhaben. Bei allem Verständnis dafür, dass es sich um einen prominenten Standort auf dem Kiez handelt, ist eine Einigung zwischen den Initiativen und Investor lange überfällig“, sagt Hoitz. „Die Geduld des Investors dürfte verständlicherweise überstrapaziert sein, denn es wurden schon viele Zugeständnisse gemacht.“
Es müsse endlich der städtebauliche Vertrag geschlossen werden. Es werde Zeit, dass über den Bau der dringend benötigten Wohnungen nicht nur diskutiert wird, sondern dass diese auch endlich entstehen.