Hamburg. Krzysztof Urbanski und das NDR Elbphilharmonie Orchester haben das erste Violinkonzert von Sergej Prokofjew gespielt.

Das frühe 20. Jahrhundert ist eine Fundgrube des Violinrepertoires. Bartók, Hindemith, Schönberg, Korngold oder Britten – um nur einige zu nennen – haben ihren Blick auf die Zeitläufte der Geige anvertraut, dieser Wunderschachtel, die ihre Gestalt seit dem Barock nicht mehr wesentlich verändert hat. Und doch findet sie für jede Epoche einen herzergreifend persönlichen Ton. Auf die Spielpläne gelangen diese Konzerte immer noch viel zu selten, gegen die Blockbuster des 19. Jahrhunderts kommen sie einfach nicht an.

Jetzt hat das NDR Elbphilharmonie Orchester das erste Violinkonzert von Sergej Prokofjew aufs Programm ­gesetzt. 1923 uraufgeführt, steht das Stück noch mit einem Bein in der Romantik. Hier und da verortete sich die Musik mit pointierten Rhythmen und Akkordschlägen in ihrer Entstehungszeit. Doch die weit ausschwingenden Kantilenen und die märchenzart flirrende Instrumentierung hatten so gar nichts mit dem Arbeiter- und Bauern-Tonfall zu tun, mit dem man Prokofjew häufig verbindet.

Publikum ließ sich nicht hinreißen

Es brauchte schon einen Geiger vom Format des derzeitigen Artist in Resi­dence Frank Peter Zimmermann, um ­unbeeindruckt von Akkorden und rasanten Läufen kreuz und quer über das In­strument den lyrischen Duktus zu bewahren, der dem Konzert sein Gepräge gibt, und ihm Seele einzuhauchen. Schade, dass sich das Publikum in der Elbphilharmonie von der souveränen Darbietung nicht wirklich hinreißen ließ.

Zimmermann, der Mann mit dem Pokerface, gab noch einen Variationensatz von Prokofjew zu, dessen Schwierigkeitsgrad die Satzbezeichnung „Andante semplice“ Lügen strafte.

Wojciech Kilar aus dem Jahre 1986

Als Hors­d’œu­v­re servierten der Erste Gastdirigent Krzysztof Urbanski und die Streicher des Orchesters „Orawa“ von Wojciech Kilar aus dem Jahre 1986, ein hübsches Stückchen trance­artig repetitiver Musik, die von Ferne an den Minimalismus eines Philip Glass ­erinnerte, aber garniert mit osteuropä­ischen Einwürfen. Charmant, wie die ­Sache immer weiter in Richtung Folklore driftete; ein wenig spezifischer hätte man sich die Farbgebung allerdings schon vorstellen können.

Dafür ließ Urbanski seine Kollegen in Dvoráks Sinfonie Nr. 7 so richtig von der Leine. Das ist es doch, was Orchestermusiker wollen: spielen. Was wäre geeigneter dafür als die süffigen Melodien, die süße Melancholie und die Tonmalereien des Tschechen mit ihren zauberischen piani und delikaten Übergängen? Die kosteten die Beteiligten weidlich aus. Zur Freude des Publikums.