Hamburg. Der Kleine Tümmler wird sogar im Hafengebiet gesichtet. Organisatoren des BUND laden zum Whale-Watching nach Entenwerder.

Zuletzt wurden sie an der Kattwykbrücke gesehen. Eine relativ große Gruppe, sieben Tiere, mitten im Hamburger Hafen. Gegen 14 Uhr tauchten sie an diesem 20. Dezember auf. Für einen kurzen Moment waren der Blas zu hören, das Ausatmen an der Wasseroberfläche, und die Rückenfinne zu sehen. Ein typisches Verhalten für die Schweinswale, mehr zeigen die Meeressäuger meistens nicht von sich.

Dafür zeigt sich die einzige in deutschen Gewässern heimische Walart seit einigen Jahren wieder verstärkt in Elbe, Weser oder Ems. Seit auch Schwarmfische wie Stinte wieder zum Laichen die Flüsse hinaufziehen, ist auch der Schweinswal, ein kleiner, nur etwa zwei Meter großer Zahnwal, zurück im Unterlauf der Elbe. Grund genug für den Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), das erste Hamburger Whale-Watching zu organisieren, dem Walegucken an der Elbe. „Die 15 Plätze für diesen Freitag auf Entenwerder sind schon ausgebucht“, sagt BUND-Mitarbeiterin Linda Kahl, die sich das Angebot ausgedacht hat. „Aber nächsten Freitag gibt es noch Plätze.“

Wasserqualität der Flüsse hat sich verbessert

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) schätzt, dass sich im Frühjahr etwa 54.000 Schweinswale in der südlichen Nordsee und damit in deutschen Gewässern aufhalten. Experten halten einen Bestand von 300.000 Tieren in der gesamten Nordsee für realistisch. Seit 2007 werden die auch Kleiner Tümmler genannten Meeressäuger in der Elbe nachgewiesen. Mit schwankenden Zahlen. „2013 etwa waren es 330 Sichtungen, 2016 sogar 450“, sagt Lina Kahl. Im vergangenen Jahr dagegen ließen sich nur 30 Tiere in der Elbe sehen.

Nachdem sich die Wasserqualität der Flüsse enorm verbessert hat, tauchen die Schweinswale als Saisongäste vor allem zwischen März und Mai im Hamburger Hafen auf. Experten wie die Wissenschaftlerin Helena Herr gehen davon aus, dass sie wandernden Schwarmfischen folgen, die im Frühjahr ihre Laichgebiete in den Flüssen aufsuchen. Dabei würden die Wale als Nahrungsopportunisten auch den intensiven Schiffsverkehr auf der Elbe nicht scheuen. „Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Bei gutem Nahrungsangebot gehen die Tiere das Risiko ein.“

Sichtungen von Schweinswalen sind bis in Süßwassergebiete wie Geesthacht nachgewiesen, so Veit Hennig von der Universität Hamburg. Grundsätzlich stünden die Chancen, einen Wal zu sehen, in Wedel aber besser. Die kleinen Wale jagen oft in Ufernähe und nehmen dabei mehrmals einen Atemzug, um dann wieder abzutauchen. Sie seien deshalb relativ gut zu beobachten.

„Ob das jetzt schon gelingt, so früh im Jahr, noch dazu bei Eisgang auf der Elbe, wage ich aber zu bezweifeln“, so Hennig. Er schätzt die Wahrscheinlichkeitin zurzeit auf fünf bis zehn Prozent. „Die Idee des Whale-Watching ist aber witzig und sinnvoll“, sagt er, um die Stadtgesellschaft auf diesen Schatz vor ihrer Haustür aufmerksam zu machen.

Wale suchen die Elbe gezielt auf

Die Nahrungsgrundlage des Wals, der Stint, hat allerdings kein gutes Jahr, wie Elbfischer berichten. „Es ist das dritte schlechte Jahr in Folge“, so Rita Buckow aus Jork. Es gebe einfach zu wenig Fische, die Fischer hätte schon Bestellungen absagen müssen. „Erst der Eisgang, jetzt die Laichsaison, viel Hoffnung auf ein gutes Jahr bleibt nicht.“

Schlechtes Stintjahr, schlechtes Waljahr? Diese Rechnung müsse nicht stimmen, sagen die Schweinswalexperten Helena Herr und Veit Hennig von der Hamburger Universität. Noch sei nicht nachgewiesen, dass die Meeressäuger nur des Stints wegen in die Flüsse schwimmen. „Auch Finte oder Heringe stehen auf ihrem Speiseplan“, sagt Hennig. Das haben Sektionen des Magens ergeben. Dabei sei auch festgestellt worden, dass relativ viele Tiere ihren Ausflug in den Hamburger Hafen mit dem Leben bezahlen. Sogenannte Totfunde weisen oft deformierte Finnen, Hautausschläge oder offene Wunden auf. Indizien für Kollisionen mit Booten, Unterwasserlärm oder Schadstoffe im Hafenwasser. Eines scheint trotzdem festzustehen: Die Wale verirren sich nicht in die Elbe, sondern suchen sie gezielt auf.

Neben dem seit 2007 bestehenden Sichtungsprogramm für Schweinswale in den deutschen Flüssen mit interaktiver Karte wird das Vorkommen der Tiere seit einiger Zeit auch mit Schweinswal-Klickdetektoren untersucht. Sie ermöglichen eine dauerhafte Erfassung und lieferten etwa schon die Erkenntnis, dass einige Schweinswale 23 von 24 Stunden auf Nahrungssuche in der Elbe vor Wedel waren.

Ähnlich intensive Beobachtungschancen bieten sich heute bei der ersten Hamburger Whale-Watching Gruppe wohl nicht. In warme Decken gehüllt und mit einem Café in der Hand soll es aber dennoch informativ werden, sagt Organisatorin Linda Kahl: „Es wird viel Wissenswertes über diesen besonderen Gast geben, um ihn besser zu verstehen.“ Nicht jede Stadt kann schließlich behaupten, einen Wal im Fluss zu haben.

Das nächste Hamburger Whale-Watching ist am Freitag, 16. März. Treffpunkt ist um 15 Uhr das Café Entenwerder 1. Anmeldung unter: 040/60038728 oder per Mail: linda.kahl@bund-hamburg.de