Hamburg. Beim europäischen Flugzeugbauer stehen Stellenstreichungen und -verlagerungen bevor. Bis zu 3700 Jobs sind in Gefahr.
Erst vor einigen Wochen hat der Hauptkunde Emirates den A380 vor dem Aus gerettet. Die Fluglinie aus Dubai bestellte 20 Stück des größten Passagierflugzeugs der Welt fest bei Airbus. Dank des Auftrags sei er sehr zuversichtlich für die Zukunft des A380 bis in das Jahr 2025 und später, sagte Vorstandschef Tom Enders bei der Bilanzpressekonferenz. Gleichzeitig kündigte er an, dass sich der Flieger auch bei einer Produktionsrate von nur noch sechs pro Jahr effizient bauen ließe.
Nun sollen diese Überlegungen in die Tat umgesetzt werden. Ab dem Jahr 2020 werde die Fertigungsrate von zwölf Maschinen in diesem Jahr auf sechs Stück gedrosselt, teilte der Konzern mit. Auch beim Militärtransporter A400M fährt man die Fertigung herunter. Statt 15 Maschinen wie im Jahr 2017 sollen es dann nur noch acht Stück sein. Verbunden ist das mit deutlichen Auswirkungen auf die Belegschaft, über die seit Tagen spekuliert wurde. Die Umstrukturierungen könne bis zu 3700 Stellen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien betreffen, teilte der Flugzeugbauer mit und bestätigte weitgehend einen Bericht des französischen Magazins „Challenges“. Als Zeithorizont wurde ebenfalls 2020 genannt, es gibt also zeitlichen Spielraum.
Airbus setzt auf Stellenverlagerungen
Airbus will nun den Dialog mit den Arbeitnehmervertretern aufnehmen. Der Fokus solle auf Stellenverlagerungen liegen. Man sei zuversichtlich, den meisten der betroffenen Mitarbeitern neue Stellen innerhalb des Unternehmens anbieten zu können – in anderen Programmen. Denn während es beim A380 und A400M diverse Schwierigkeiten gibt, ist die Auftragslage im zivilen Flugzeugbau generell sehr gut. Beim neuen Großraumjet A350 wird die Produktion hochgefahren. Und beim Kurz- und Mittelstreckenflugzeug A320, der rund zur Hälfte in Hamburg endmontiert wird, soll die Rate von derzeit etwa 50 Stück pro Monat auf 60 Mitte des nächsten Jahres erhöht werden, um den Auftragsberg von mehr als 6000 Jets abzuarbeiten. Enders erwägt die Rate sogar auf 70 zu erhöhen.
Die Gewerkschaft warnt Airbus angesichts der guten Auftragslage vor einem überzogenen Stellenabbau. Es müsse möglich sein, „allen von der Anpassung der Produktionsraten betroffenen Mitarbeitern in anderen Programmen am Standort Arbeitsplätze anzubieten“, sagte Emanuel Glass, Geschäftsführer der IG Metall Region Hamburg. Voraussetzung für Gespräche mit der Unternehmensleitung sei der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Diese sind durch den Zukunftsvertrag für die Airbus-Standorte bis Ende 2020 ausgeschlossen. Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt hält die Auswirkungen für den Standort Finkenwerder mit 12.700 Mitarbeitern ohnehin für gering. „In Hamburg fällt das nicht ins Gewicht“, sagte Großbongardt. Betroffene Beschäftigte könnten in der A320-Produktion gebraucht werden. Hochgerechnet auf die knapp 130.000 Menschen im Konzern könne man ohnehin vieles über natürliche Fluktuation ausgleichen.
In Bremen und Augsburg könnten Stellen wegfallen
Ein Insider bestätigte dem Abendblatt, dass es in der Hansestadt wohl nicht zu einem Jobabbau kommen werde. Nach Informationen des Abendblattes ist eine dreistellige Zahl von Mitarbeitern auf Finkenwerder im A380-Programm beschäftigt. Genau fassen lässt sich das aber kaum, weil viele Bereiche wie Ingenieursleistungen, Einkauf und Vertragswesen zentral für alle Programme erledigt werden. Für das größte Passagierflugzeug der Welt werden in Hamburg große Teile des Rumpfes hergestellt, die Maschinen erhalten ihre Kabinenausstattung und ihren Lack und werden an Kunden aus Europa und dem Nahen Osten ausgeliefert. Zur Beschäftigungssicherung am Standort zählt auch, dass seit Frühjahr 2017 die in Toulouse endmontierten A350 auch an der Elbe lackiert werden. Der A400M spielt kaum eine Rolle.
Andere deutsche Standorte werden wahrscheinlich heftiger von der Umstrukturierung betroffen sein. Die 3000 Beschäftigten in Bremen bauen zum Beispiel große Teile des Rumpfes für die Propeller-Militärmaschine. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf Insider, dass es für die in Bremen und in Augsburg Beschäftigten eng werden könnte, am gleichen Standort Arbeitsplätze zu erhalten. Insgesamt stünden gut 1000 Jobs in Deutschland zur Disposition. Ein französischer Gewerkschafter sprach sogar von rund 1900 gefährdeten Stellen in der Bundesrepublik. Außerhalb Deutschlands gelten die Werke im britischen Filton und spanischen Sevilla als stark betroffen.