Toulouse/Hamburg. Flugzeugbauer denkt über Ausweitung der A320-Produktion nach. Doch Probleme mit Triebwerken überschatten Erfolge.

Den Humor hat der Airbus-Vorstandsvorsitzende nicht verloren. Ob er etwas zu den Triebwerksproblemen von Pratt & Whitney beim Mittelstreckenflugzeug A320neo sagen könnte, wurde Tom Enders gestern auf der Bilanz-Pressekonferenz in Toulouse von einem Journalisten gefragt. „Wo soll ich anfangen, und wo soll ich enden?“, fragte Enders rhetorisch.

Seit Jahren machen die Motoren immer wieder Probleme. Vergangene Woche sprach die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA für rund 40 Aggregate die zweithöchste Warnstufe aus. Er sei zuversichtlich, dass die Pro­bleme gelöst werden, sagte Enders. Aber für den Produktionshochlauf sei die Situation natürlich sehr störend.

Die Hälfte der A320-Jets kommt aus Hamburg

„Der A320 ist unser Brot- und Buttergeschäft“, sagte Enders. Die Jet-Familie ist der Verkaufsschlager des Konzerns und wird rund zur Hälfte im Hamburger Werk endmontiert. Mehr als 6000 Jets stehen in den Auftragsbüchern. Um die Auftragsflut abzuarbeiten, fährt der Konzern die Produktion hoch. Von derzeit rund 50 Stück pro Monat soll sie bis Mitte nächsten Jahres auf 60 Maschinen steigen. Das Werk auf Finkenwerder erhielt eine vierte Endmontagelinie, in der seit einigen Wochen an ersten Flugzeugen für Kunden gearbeitet wird.

Wenn es nach dem europäischen Flugzeugbauer geht, dann könnte die Rate weiter steigen. „Von der Nachfrageseite wäre die Rate 70 ein Kinderspiel. Und wir könnten noch höher gehen“, sagte Enders und machte damit Pläne offiziell, über die das Abendblatt bereits vergangene Woche berichtete.

Der A320 wird an vier Standorten endmontiert: Hamburg, Toulouse, Tianjin (China) und Mobile (USA). In Tianjin soll die Rate ab 2020 von vier auf sechs Maschinen steigen, hatte Airbus bereits angekündigt. Auch in Mobile werde die Rate aufgestockt, sagte Enders gestern. Ob Finkenwerder dann auch in Zukunft die Hälfte der Maschinen fertigen würde, ist offen.

Zulieferertstruktur kann Risiken bergen

„Der Ratenhochlauf ist generell gut für Hamburg, da jeder A320 Bauteile aus Hamburg enthält – egal, wo er endmontiert wird“, sagte ein Sprecher auf Abendblatt-Anfrage. Zudem würden dadurch Arbeitsplätze in der Stadt gesichert, über die Endmontageorte könne man nicht spekulieren. Die Entscheidung über eine höhere Fertigungsrate solle in diesem Jahr fallen, so Enders.

Ein Grundsatzproblem gibt es ohnehin: Der Konzern braucht die Unterstützung von vielen weiteren Firmen. Zwar mache der Großteil der Zulieferer einen guten Job, sagte Enders, aber: „Wenn wir uns die Zuliefererstruktur anschauen, muss man aufpassen, dass man den Bogen nicht überspannt.“ Gewaltig hakt es vor allem bei den wesentlichen Komponenten für den A320neo: den Triebwerken. Denn neben den Schwierigkeiten von Pratt & Whitney gibt es auch beim anderen Hersteller CFM immer wieder Verzögerungen.

Mehr Optimismus bei Problemfliegern

Dennoch möchte Airbus die Zahl der Auslieferungen dieses Jahr erneut auf einen Rekordwert steigern. 800 Jets sollen an Airlines übergeben werden. Das wären gut 80 mehr als im Vorjahr. Der Löwenanteil mit 600 Exemplaren fällt auf die A320-Familie. 400 Stück davon sollen es in der neo-Variante sein, angetrieben von den rund 15 Prozent spritsparenden Triebwerken von Pratt & Whitney oder CFM. 2017 waren es zwar erst 181 neos, aber der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sagt: „Wenn keine neuen Probleme auftauchen, kann das kräftige Plus klappen.“

Enders ist für zwei Problemflieger wieder deutlich optimistischer. Da wäre zum einen der A380. Emirates bestellte vor knapp einem Monat 20 weitere Maschinen und erwarb eine Option über 16 weitere. Damit rettete die Fluglinie aus Dubai das größte Passagierflugzeug der Welt vor dem Aus. Zuvor hatte es jahrelang keine Bestellungen mehr gegeben.

„Ich bin sehr zuversichtlich für die Zukunft des A380 bis in das Jahr 2025 und später“, sagte Enders. Die Order sorge dafür, dass man ab 2020 mit einer minimalen Rate von sechs A380 pro Jahr einigermaßen effizient fertigen könne – Geld verdienen wird Airbus mit dem Programm unter dem Strich nie.

Alle Ziele für 2017 wurden übertroffen

Viel Geld kostete 2017 der andere Problemflieger. Wegen weiterer Verzögerungen belastete der Militärtransporter A400M das Ergebnis mit 1,3 Milliarden Euro. Das Positive: Man habe sich mit den Regierungen von Deutschland und sechs weiteren Abnehmerländern auf einen Fahrplan für Auslieferungen und Nachrüstungen der technischen Fähigkeiten geeinigt. Das begrenze das verbleibende wirtschaftliche Risiko. Enders: „Da liegt das Schlimmste hinter uns.“ Insgesamt wurden aber schon acht Milliarden Euro abgeschrieben.

Unterm Strich verdiente Airbus 2017 aber kräftig. Bei einem stabilen Umsatz verdreifachte sich das Konzernergebnis im Vergleich zum Vorjahr fast auf 2,873 Milliarden Euro. Die Dividende steigt um elf Prozent auf 1,50 Euro. „Wir haben alle unsere Ziele für 2017 übertroffen“, sagte Enders. 2018 soll das bereinigte Ebit um 20 Prozent zulegen.

Zahlen und Ausblick kamen an der Börse gut an. Die Aktie lag gestern Nachmittag auf Rekordkurs und schoss rund zehn Prozent nach oben auf rund 93 Euro. Die US-Bank JP Morgan stuft das Papier mit „Übergewichten“ ein und gibt 110 Euro als Kursziel an. Das Analysehaus Independent Research stufte die Papiere von „Verkaufen“ auf „Halten“ hoch. Das Kursziel wurde von 83 auf 92 Euro erhöht. Sämtliche Ziele seien übererfüllt worden, die Gewinnerwartung für 2018 und 2019 wurde erhöht, hieß es.