Hamburg. Beim Matthiae-Mahl nimmt der Ehrengast und Ex-Bundesaußenminister Deutschland und Frankreich in die Pflicht.
Europa hat nach Ansicht des ehemaligen Außenministers Joschka Fischer nur gemeinsam eine Chance, in einer sich wandelnden Welt zu bestehen. „Wir werden uns sehr viel mehr um unsere eigene Sicherheit und unsere Interessen kümmern müssen“, sagte Fischer am Freitagabend beim Matthiae-Mahl in Hamburger Rathaus. Die westliche Führungsmacht USA könne und wolle diese Rolle nicht mehr ausfüllen; die Macht verlagere sich von West nach Ost. Nationalstaaten europäischer Prägung könnten nicht mithalten mit den Größenordnungen der USA, Chinas und Indiens.
„Wir können uns ein weiteres verlorenes Jahrzehnt nicht leisten“, sagte Fischer. „Der Stillstand muss überwunden werden.“ Der Erfolg der Europäischen Union sei auch im obersten nationalen Interesse Deutschlands.
Europa habe „keine zweite Chance“
Faktisch werde es auf eine Neubegründung der Union hinauslaufen. „Das wird nicht mit den 27 Staaten gehen, mit den Herren Orban und Kaczynski“, sagte Fischer mit Blick auf die EU-kritische Haltung der Regierungen in Ungarn und Polen, „daher müssen wir mit der zweitbesten Lösung vorliebnehmen.“
Eine Gruppe um Frankreich und Deutschland müsse die EU neu organisieren. Alle Europäer bräuchten eine starke Union. Und Deutschland hänge „wie kein anderer Staat“ von Europa ab. Ihm sei für die Zukunft nicht bange. „Aber scheitert Europa und werden wir abgehängt, dann sehe ich schwarz“, sagte Fischer. „Das 21. Jahrhundert wird für uns keine zweite Chance bereithalten.“
Der Grünen-Politiker Fischer (69) und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (63) waren als Ehrengäste zur Matthiae-Mahlzeit eingeladen worden.
Im Zeichen Europas: Matthiae-Mahlzeit im Rathaus