Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir prüfen, wie gut sie sind. Heute: Neue Knabbereien von Heimatgut.
Auf dem Tisch stehen drei identische Schälchen. Jedes ist gefüllt mit Popcorn. Das sieht alles ziemlich ähnlich aus. Aber spätestens, wenn man von dem gepufften Mais probiert hat, ist klar: Popcorn ist nicht gleich Popcorn. Süß, süß-salzig oder mit Zimt? „Und das in Bio-Qualität“, sagen Aryan Moghaddam und Maurice Fischer. Klar, darunter geht es nicht bei den Chefs von Heimatgut. Seit vier Jahren sind die Hamburger mit ihren Snacks aus natürlichen Zutaten auf dem Markt. Nach Chips aus Wirsing, Grünkohl und Kokos versuchen sich die Gründer jetzt an einer Neudefinition von Popcorn.
„Unsere Mission ist, gute Sachen zu machen – und das sauber“, sagt Aryan Moghaddam. 2012 hatten die Schulfreunde, heute 30 und 31 Jahre alt, angefangen, in der heimischen Küche mit unterschiedlichen Gemüsesorten zu experimentieren. Das Ziel der Gründer – einer mit Abschluss in Geschichte und Erfahrungen in der Finanzberatung, der andere Wirtschaftswissenschaftler – sind Snacks, die ihre Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe bei der Herstellung behalten, zudem frei von Zusatzstoffen und unnötigen Fettzusätzen sind – und auch noch schmecken. Schon bei den ersten Testverkäufen kamen ihre Wirsingchips gut an. „Damals gab es nichts Vergleichbares auf dem Markt“, sagt Maurice Fischer. Es war die Geburtsstunde der Marke Heimatgut.
Jahresumsatz von einer Million Euro
Inzwischen hat sich das Zwei-Mann-Start-up, in dem die Chefs die Wirsingblätter anfangs eigenhändig in den selbst entwickelten Dörrautomaten steckten, zu einem Unternehmen mit einem Jahresumsatz von einer Million Euro entwickelt. Und man steht jetzt vor dem nächsten Wachstumsschub. Seit Jahresbeginn sind die Hamburger bei Deutschlands größter Supermarktkette Edeka gelistet. Allein im Januar lieferte Heimatgut bundesweit fast 700.000 Tüten aus.
„Wir machen im ersten Quartal mehr Umsatz als im ganzen letzten Jahr“, sagt Fischer. Parallel haben sich die Unternehmer einen umfassenden Relaunch verordnet. Das Logo und alle Verpackungen wurden überarbeitet. „Wir haben uns weiterentwickelt, sind professioneller geworden“, sagt Moghaddam. „Das sollte man auch sehen.“ Insgesamt umfasst das Sortiment inzwischen 13 Artikel – alle bio, vegan und glutenfrei.
Keine Abstriche bei Qualitätsanforderungen
Bis Mitte vergangenen Jahres hatte Heimatgut seinen Sitz in einem kleinen Gewerbegebiet in Sinstorf. Dort produzierten die Snack-Hersteller mit einer Belegschaft von gut 40 Mitarbeitern alle Produkte selbst. Inzwischen haben sie ihre Zentrale in die Hamburger Neustadt verlegt. Fischer und Moghaddam sitzen an dem großen Tisch im Besprechungsraum, um sie herum toben ihre beiden Hunde.
Die Gründer haben sich entschieden, die eigene Herstellung aufzugeben und in Betrieben in Großbritannien, Tschechien und Österreich produzieren zu lassen. „Wir überwachen die Abläufe, machen keine Abstriche bei unseren Qualitätsanforderungen“, verspricht Fischer. Ein privater Investor ist mit einem einstelligen Prozentanteil eingestiegen. Heimatgut hat heute 14 Mitarbeiter in den Bereichen Finanzen, Vertrieb, Marketing und Produktentwicklung. Weitere Beschäftigte werden dringend gesucht.
Popcorn gehört zu Lieblingsknabbereien
Mit dem Popcorn wollen die Hamburger in einem Segment Fuß fassen, in dem sich schon viele Anbieter tummeln. Ursprünglich stammt die Tradition, Mais aufpoppen zu lassen, von den indigenen Völkern Amerikas. Während der Großen Depression in den 1930er-Jahren avancierte es in den USA parallel zum Aufstieg der Kinos zum beliebten Snack. Aber auch beim Fernsehabend auf dem heimischen Sofa gewinnt es immer mehr Liebhaber. „In Großbritannien gibt es einen richtigen Hype“, sagt Aryan Moghaddam.
Auch in den heimischen Supermärkten füllt das Leichtgewicht unter den Snacks immer mehr Regalmeter. Parallel zu Heimatgut pusht etwa die Gebäckfirma Xox gerade ihr „White-Bites-Popcorn“. In Hamburg gibt es die Popcorn-Manufaktur Kates. Jeder Deutsche verspeist im Jahr insgesamt gut vier Kilo Knabberartikel und gibt 11,65 Euro dafür aus. Popcorn gehört nach Kartoffelchips, Salzstangen und Erdnussflips zu den Lieblingsknabbereien.
Frischen Wind in den Markt bringen
Aus Sicht von Heimatgut die Gelegenheit, mal wieder ein bisschen frischen Wind in den Markt zu bringen. „Anders als andere Hersteller verwenden wir Vollkornmais, der nicht genetisch verändert wurde“, erklärt Maurice Fischer. Weitere Innovation: Für das „Auspuffen“ wird Kokosöl verwendet. Dadurch, sagt Fischer, wird das Heimatgut-Popcorn knackiger und ist deutlich länger haltbar. Die Knabber-Profis haben in diesem Jahr noch einige Neuerungen auf der Agenda. Erdnuss-Quinoa-Flips zum Beispiel. Außerdem soll Heimatgut auch international an den Start gehen.
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