Hamburg . Hamburger verkaufen Produkte, die drei Kriterien erfüllen sollen: ressourcensparend, ohne tierische Zusätze und fair hergestellt.

Die klugen Zahnbürsten der 1980er-Jahre zeichneten sich noch durch eine Spezialfederung aus. Rund 30 Jahre später scheint das überholt, Christoph Laudon, Wanja Weskott und Sebastian Bensmann halten die von ihnen entwickelte Zahnbürste für die eindeutig klügere, obwohl der Bambusgriff keinesfalls nachgibt. Sie ist nämlich nicht nur vegan und fair produziert, sondern auch „wasserneutral“. Das ist das Hauptthema der Unternehmer, die Mitte der 2000er-Jahre als einige der ersten bei Viva con Agua aktiv waren. Hydrophil heißt die Firma, die sie jetzt gegründet haben, „wasserliebend“. „Bei der Herstellung unserer Produkte soll möglichst wenig Wasser verbraucht werden. Außerdem verwenden wir Rohstoffe, die das Wasser nicht verunreinigen“, sagt Christoph Laudon. Für die Zahnbürste heißt das: Der Griff aus Bambus, der keine künstliche Bewässerung benötigt, sondern nur Regen, bemalt mit einer auf Pflanzenöl basierenden Ökodruckfarbe, die nicht mit Mineralöl gebunden wird und sich selbst abbaut, und versehen mit Bors­ten aus dem ebenfalls biologisch abbaubaren Biokunststoff Nylon 4.

Zusammen mit anderen Produkten wie Wattestäbchen aus Bambus, Reisekulturtaschen aus alten Neoprenanzügen und veganen Kondomen ist die Zahnbürste, die 3,90 Euro kostet, in einem Onlineshop erhältlich, den Laudon und Bensmann erstellt haben. Ziel ist es, ein „Vollsortiment für das Bad“ zu entwickeln, sagt Weskott. Zwar gebe es beispielsweise schon Zahnbürsten aus Holz, „aber die haben dann Borsten aus Tierhaar“. Die Hydrophil-Produkte sollen aber alle drei Kriterien erfüllen, wassersparend, fair, vegan.

Alles begann mit Bensmanns Blog, in dem er über Wasser und Nachhaltigkeit schreibt und dessen Leser irgendwann wissen wollten, wo man „wasserneutrale“ Kleidung herbekomme. „T-Shirts wurden dann unser erstes Produkt“, sagt Laudon. Bensmann lebt inzwischen in der Schweiz und schreibt von dort aus seinen Blog. Dafür gehört seit dem 1. August Wanja Weskott, 30, zum Team, dem der Onlinehandel mit grünen Produkten aus seiner Zeit als Projektmanager beim Avocadostore bekannt ist und der zwei Jahre lang als Juniorchef die Eimsbütteler Kult­bäckerei Kleine Konditorei leitete.

Im April sind die Gründer mit ihrem Unternehmen von Hammerbrook in die Schanze gezogen. Als Christoph Laudon, 29, Hydrophil gründete, hoffte er, von dem Geld, das das Unternehmen abwerfen würde, einmal im Jahr in den Urlaub fahren zu können. Inzwischen leben Laudon und Weskott von den Einnahmen. „Nicht gut, aber es geht. Das hätten wir nie erwartet.“ Zehn Prozent spenden die Unternehmer, die zwar nicht mehr aktiv, aber noch Vereinsmitglieder sind, an Viva con Agua.

Zurzeit beinhaltet der Hydrophil-Onlineshop 38 Produkte, demnächst soll Kaffee dazukommen, der nach der Ernte statt gewaschen zu werden, in der Kirsche fermentiert, danach in Hamburg geröstet und in Recycling­tüten verpackt, verkauft werden soll. Auch verschiedene Geschäfte verkaufen die „wasserliebenden Produkte“, in Hamburg unter anderem auf St. Pauli der Vegan-Supermarkt Twelve Mon­keys und der Kunstkiosk an der Paul-Roosen-Straße. Gerade war Wanja Weskott in China. Dort werden die Zahnbürsten, bis heute 100.000 Stück, produziert. Ob die Herstellung ihrer Produkte in Deutschland nicht sinnvoller sei, werden die Unternehmer öfter gefragt. „Wir lassen einiges auch hier produzieren. Aber Bambus wächst nun mal in China“, sagt Laudon. Dass die Hydrophil-T-Shirts aus Bangladesch kommen, halte er nicht für problematisch. „Es ist keine Lösung, die Produktion aus diesen Ländern komplett abzuziehen. Unsere T-Shirts haben sieben Siegel und damit eine hohe Überprüfbarkeit der Herstellung.“

Dirk Petersen, Umweltexperte der Verbraucherzentrale Hamburg, lobt den Ideenreichtum junger Start-ups wie Hydrophil. „Der Grundgedanke von wassersparend hergestellten Produkten gefällt mir sehr gut. Allerdings müssen die Unternehmen viele Dinge beachten, die unter anderem die Anbauverfahren, Transportwege und -arten sowie die Behandlung der Rohstoffe betreffen“, sagt Petersen. Am Ende sei das Ergebnis in seinem Umfang den Verbrauchern kaum verständlich darzustellen. „Wichtig ist aber vor allem, dass die Unternehmer in der Lage sind, konkrete Fragen zu ihren Produkten positiv beantworten zu können.“

Hydrophil wolle gar nicht „einfach nur öko“ sein, sagt Laudon. „Unsere Produkte müssen auch schön sein und einfach zu konsumieren.“ Dass sie selbst darauf achteten, dass ihre Kleidung, Essen und andere Dinge wassersparend hergestellt werden, sei selbstverständlich. „Aber in der Gesamtheit funktioniert das gar nicht. Dafür müsste man wahrscheinlich im Wald leben“, sagt Wanja Weskott. „Es geht uns mehr darum, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen und unsere Produkte ständig weiterzuentwickeln“, so Laudon. Bald gibt es eine Ergänzung zu Hydrophils Vorzeigeprodukt: Zahnbürstengarderoben – hergestellt aus heimischen Hölzern.