Hamburg. Experten diskutieren in Handelskammer. Volkswirt: Abwicklung der Nordbank wäre gut für die deutsche Banken-Landschaft.
Ist es sinnvoll, die HSH Nordbank zu verkaufen? Oder sollte sie besser abgewickelt werden? Neun Tage vor Ablauf der von der EU gesetzten Verkaufsfrist mochten sich Finanzexperten am Montagabend bei einer Diskussionsrunde in der Handelskammer in der Frage nicht eindeutig festlegen.
„Für die Banken-Landschaft wäre es gut, wenn ein Institut dieser Größenordnung verschwinden würde“, sagte Professor Martin Hellwig vom Max-Planck-Institut für die Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Denn es gebe Überkapazitäten, daher sei ein „Marktaustritt angebracht“. Dass Norddeutschland dann eine Kreditklemme drohe, sehe er nicht, das Angebot sei gut.
Schlummernde Risiken
Im Übrigen sei ja völlig offen, ob der neue Eigentümer die HSH nicht auch bald liquidiere, dann aber ohne Einfluss der Alteigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein. Um wirklich beantworten zu können, was nun besser für die beiden Bundesländer sei, müsste man den Verkaufsvertrag kennen und alle Nebenabreden, etwa zum Umgang mit den noch in der Bank schlummernden Risiken, so der Volkswirt.
Wie berichtet, müssen Hamburg und Schleswig-Holstein bis zum 28. Februar einen Käufer für die HSH Nordbank finden. Die Privatisierung ist eine Auflage der EU, die damit einen Schlussstrich unter eine zehnjährige Auseinandersetzung um staatliche Beihilfen für das angeschlagene Institut gezogen hat. Gelingt der Verkauf nicht, muss die Bank abgewickelt werden.
„Katastrophe“ für beide Länder
Die Handelskammer hatte kürzlich mit einem Positionspapier für Aufsehen gesorgt, in dem gefordert wird, die Abwicklung als Alternative zum Verkauf zu prüfen. Doch wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, wird der Verkauf nicht scheitern – die Verhandlungen mit einem Bieterkonsortium aus den US-Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers (ist schon mit 5,1 Prozent an der HSH beteiligt) sollen kurz vor dem Abschluss sein.
Auf dem Podium sahen vier Finanzexperten aus der Bürgerschaft das Verkaufsszenario nicht ganz so kritisch. „Wir wollen keine weiteren Risiken übernehmen, die wollen wir loswerden“, stellte Markus Schreiber (SPD) klar. Angesichts des Schadens von rund 13 Milliarden Euro sei das HSH-Abenteuer zwar so oder so eine „Katastrophe“ für die beiden Länder. „Aber wir müssen sie so klein wie möglich halten. Und ich glaube, dass das mit einem Verkauf besser gelingen kann.“
Maximal 1,2 Milliarden werden benötigt
Wie Schreiber betonten auch Norbert Hackbusch (Die Linke), Thilo Kleibauer (CDU) und Michael Kruse (FDP), dass es für Parlamente wichtig sei, überhaupt erst einmal alle Alternativen vorgelegt zu bekommen. Diese Vorlage seitens der Landesregierungen erwarte man im März, danach könne man sich ein Urteil erlauben. „Wir brauchen Transparenz, um eine gute Entscheidung treffen zu können“, sagte Kruse.
Kleibauer und Hackbusch verwiesen darauf, dass diese Transparenz in der Vergangenheit oft gefehlt habe. So habe der Senat 2013 prognostiziert, von der Zehn-Milliarden-Garantie der Länder würden maximal 1,2 Milliarden benötigt, und 2015 sei dann von maximal sechs Milliarden die Rede gewesen. Hätte man damals gewusst, dass wohl die ganzen zehn Milliarden weg sein werden, wäre man vielleicht schon Ende 2015 zu einer anderen Entscheidung gekommen, als die Bank noch einmal zu retten, so Kleibauer.
Geforderte Bereinigung des Markts
Ist ein Finanzinvestor wie Cerberus nun ein geeigneter Käufer? „Der Höllenhund soll ja ein guter Wächter gewesen sein“, sagte Hellweg. „Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn Hamburg und Schleswig-Holstein schon 2004 einen Cerberus in den Aufsichtsrat geholt hätten, der besser aufgepasst hätte.“ Welche Interessen der potenzielle Käufer verfolge, wisse er aber auch nicht. Zahlungsfähige Kreditnehmer müssten sich wohl keine Sorgen machen, klamme möglicherweise schon.
Kleibauer und Schreiber betonten, dass US-Investoren schon mehrfach bei deutschen Banken eingestiegen seien und dort nicht wie „Heuschrecken“ agiert hätten. „Verkäufe von Banken in Deutschland sind entweder gescheitert, oder sie gingen an Cerberus, Apollo oder Fortress“, sagte Kleibauer. Möglicherweise setze nun die von Hellweg geforderte Bereinigung des Markts ein.
EU hat Verkaufsverfahren eng begleitet
Hellweg warnte davor, das Risiko zu unterschätzen, dass die EU den Verkauf ablehnen könnte. Schreiber hielt dagegen: „Es ist nicht so, dass wir da nur allein rummurkeln.“ Die EU habe das Verkaufsverfahren eng begleitet, und es würde ihn sehr wundern, wenn sie plötzlich Nein sagen würde.