Hamburg. FDP kritisiert „schwindelerregende Ausgaben“ für Anwälte und Wirtschaftsprüfer. Heute Diskussion in Handelskammer.

Der Verkauf der staatseigenen HSH Nordbank scheint zu gelingen. Die Verhandlungen mit den US-Investoren J. C. Flowers und Cerberus sind auf der Zielgeraden, und die Vorgabe der EU an Hamburg und Schleswig-Holstein, die Privatisierung bis zum 28. Februar zu besiegeln, dürfte erfüllt werden. Doch es ist noch einmal ein finanzieller Kraftakt: Allein rund 188 Millionen Euro an Beraterkosten sind im Zuge der Privatisierung aufgelaufen. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des FDP-Fraktionsvorsitzenden in der Bürgerschaft, Michael Kruse, hervor. Demnach sind allein bei der HSH Nordbank selbst in den Jahren 2015 und 2016 rund 91 Millionen Euro an „Restrukturierungskosten“ angefallen, worunter auch Beratungsleistungen fallen. Die Ausgaben im Jahr 2017 kommen noch hinzu.

Die weiteren Kosten entfallen auf Institutionen, die Hamburg und Schleswig-Holstein im Zuge der Rettung und des Verkaufs der Bank gründen mussten: So hat allein die HSH Finanzfonds AöR („Finfo“ – AöR steht für Anstalt öffentlichen Rechts) von 2015 bis 2017 gut 12,5 Millionen Euro für Rechtsberater, 25 Millionen Euro für Unternehmens- und Privatisierungsberater und 24,8 Millionen für Treuhänder ausgegeben. Über den Finfo haben beide Länder der HSH 2009 eine Kapitalerhöhung in Höhe von drei Milliarden Euro und eine Garantie über zehn Milliarden Euro gestellt.

Bei der HSH Beteiligungs Management GmbH (HoldCo) wurden 7,2 Millionen Euro für Rechtsberater und 1,95 Millionen Euro für Wirtschaftsprüfer ausgegeben. In dieser Zweckgesellschaft wurden 2016 alle Anteile der Länder gebündelt. Sie tritt als Verkäufer der Bank auf. In der HSH Portfoliomanagement AöR fielen bislang 8,1 Millionen für Rechtsberater und mehr als 17,2 Millionen für Wirtschaftsprüfer an. Die Anstalt hatte der HSH Nordbank 2016 für 2,4 Milliarden Euro faule Schiffskredite abgekauft. Deren Wert ist auf nur noch gut 1,6 Milliarden Euro gefallen – festgestellt von den für viel Geld eingekauften externen Wirtschaftsprüfern.

Dazu FDP-Fraktionschef Michael Kruse: „Die Beratungskosten von städtischen Gesellschaften, die mit dem HSH-Nordbank-Verkauf befasst sind, steigen in schwindelerregende Höhen.“

"Finanzielles Desaster für den Steuerzahler"

In Anbetracht der bisherigen Ausgaben von 188 Millionen Euro geht FDP-Politiker Michael Kruse davon aus, dass die 200-Millionen-Euro-Marke geknackt wird, sobald die HSH Nordbank ihre Zahlen für 2017 vorlegt: „Diese Kosten müssen die Länder bei einem Verkauf der Bank wieder reinholen. Bedauerlicherweise wird damit ein Großteil des möglichen Verkaufserlöses in Beratungsleistungen fließen, die nur durch den Verkauf selbst nötig geworden sind.“

Dem Vernehmen nach dürfte der Verkaufserlös für die Länder bei etwa 700 Millionen bis eine Milliarde Euro liegen. Einerseits eine unerwartet hohe Summe, andererseits wird sie nicht viel daran ändern, dass Hamburg und Schleswig-Holstein auf einem Schaden von rund 13 Milliarden Euro sitzen bleiben. „Die Geschichte der HSH Nordbank ist für die Hamburger Steuerzahler ein finanzielles Desaster“, sagt Kruse. „Die Hauptverantwortung für diese Entwicklung liegt bei den Politikern, die geglaubt haben, dass man aus einer einfachen Landesbank quasi über Nacht eine erfolgreiche international tätige Geschäftsbank machen kann.“ Für den Liberalen ist klar. „Die bittere Lektion aus der HSH Nordbank ist: Der Staat sollte Risiken aus unternehmerischer Tätigkeit minimieren.“

Von Anfang an von Größenwahn bestimmt

Auch Markus Schreiber, SPD-Experte für öffentliche Unternehmen, sieht die HSH-Geschichte sehr kritisch: „Die Idee, aus einer Landesbank eine internationale Großbank zu machen, war von Anfang an vom Größenwahn bestimmt. Zu allem Unglück kam mit der Finanzkrise dann auch noch Pech dazu, und in Panik wurden weitere Fehler bis hin zu kriminellen Handlungen begangen.“ Zeitweise drohte ein Schaden von bis zu 65 Milliarden Euro Schreiber betont allerdings auch, dass den Ländern über ihre Gewährträgerhaftung für die Bank zeitweise ein Schaden von bis 65 Milliarden Euro gedroht hatte: „Das hätte die Länder umgebracht. Insofern war ein kluges Handeln erforderlich, um den Schaden für die Steuerzahler zu minimieren.“

CDU-Finanzexperte Thilo Kleibauer verweist darauf, dass der Senat unter Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) noch vor zwei Jahren vorgerechnet habe, dass die Länder im schlimmsten Fall mit rund sechs Milliarden aus der HSH-Garantie belastet werden: „Auch dies hat sich nach kurzer Zeit als milliardenschwere Fehlprognose herausgestellt.“ Eine wesentliche Schwäche in der Anfangsphase der HSH sei die viel zu starke Ausrichtung auf die Schiffsfinanzierung gewesen, die bereits auf die Vorgänger-Landesbanken in Hamburg und Kiel zurückging. „Falsche Prognosen und Entscheidungen von Bank und Reedern haben hier einen Riesenschaden für die Steuerzahler angerichtet“, sagt Kleibauer. „Ein folgenschwerer Fehler war aber ganz klar auch 2011 die zu frühe Absenkung der Garantie, deren Wiederaufstockung zu einem komplizierten jahrelangen EU-Verfahren geführt hat.“

Heute Diskussion in der Handelskammer

„HSH Nordbank – wohin geht die Reise?“ Diese Frage wird am heutigen Montag in der Handelskammer von Finanzexperten Professor Martin Hellwig (Max-Planck-Institut für die Erforschung von Gemeinschaftsgütern), Norbert Hackbusch (Die Linke), Thilo Kleibauer (CDU), Michael Kruse (FDP) und Markus Schreiber (SPD) diskutiert. Beginn ist um 18.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Wegen der begrenzten Kapazitäten wird um eine Anmeldung per Mail an jan.schlueter@hk24.de gebeten.