Hamburg. Aus Abendblatt-Dossier: Schiffe sind Vergangenheit, Immobilien die Zukunft. HSH finanzierte Europa Passage und Marco-Polo-Tower mit.

Im Geschäftsbericht der HSH Nordbank findet sich diese Zahl nicht, aber man kann sie durchaus als Indikator verstehen, wenn es um die Bedeutung der Landesbank für die Wirtschaft in Hamburg geht: 987 Beschäftigte hatte die HSH zum Jahresende 2017 in der Hansestadt – und damit erstmals weniger als 1000. Zehn Jahre zuvor waren es noch 1900 Mitarbeiter. Das Vorgängerunternehmen Hamburgische Landesbank brachte in die Fusion mit dem Partnerinstitut aus dem nördlichen Nachbar-Bundesland im Jahr 2003 gut 2300 Beschäftigte ein.

Zweifellos war und ist die HSH eng in das Wirtschaftsleben Hamburgs und der Metropolregion eingebunden. Sie hat einst die Europa Passage maßgeblich mitfinanziert, sie war der Geldgeber für das Luxus-Wohnhochhaus Marco Polo Tower in der HafenCity und für das neue Redaktionsgebäude des „Spiegels“. Zu den Kunden gehören traditionsreiche Adressen wie der Tierpark Hagenbeck, ebenso die Modefirma Closed und zahlreiche norddeutsche Reeder.

Erneuerbare Energien und Versorger sind die Zukunft

Zwar setzte die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA die HSH nach der Finanzkrise auf die Liste der „systemrelevanten“ Kreditinstitute. Die Frage ist aber, ob sie heute und in Zukunft noch unverzichtbar für die Wirtschaft im Norden ist. Für das frühere Hauptgeschäft, die Schiffsfinanzierung, dürfte das künftig kaum noch gelten. Zwar bleibt die HSH nach eigenen Angaben „der maritimen Wirtschaft weiter verbunden“. Neugeschäft werde aber nur noch „selektiv und vor allem mit internationalen Adressen bester Bonität“ abgeschlossen.

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Mit Blick auf Firmenkunden und die gewerbliche Immobilienfinanzierung verweist die Landesbank auf ihre „starke Marktposition in der norddeutschen Region“. Mit einem Anteil von rund einem Drittel des Kreditbestands seien erneuerbare Energien und Versorger ein „zentrales und zukunftsweisendes Geschäftsfeld“: Rund die Hälfte aller Windkraftanlagen in Deutschland stehe im Norden, fast alle großen Hersteller und Versorger seien vor Ort – und „viele davon sind seit Jahrzehnten Kunden der HSH Nordbank“.

Ebenfalls von der HSH Nordbank finanziert: das Luxus-Wohnhaus Marco-Polo-Tower in der HafenCity
Ebenfalls von der HSH Nordbank finanziert: das Luxus-Wohnhaus Marco-Polo-Tower in der HafenCity © Hochtief

Im Immobilienbereich zähle Hamburg zu den attraktivsten Metropolen deutschlandweit. Die HSH verfüge hier über eine „ausgezeichnete Marktdurchdringung“: Mehr als jedes zweite gewerbliche Immobilienprojekt in der norddeutschen Kernregion sei im vergangenen Jahr von der Bank geprüft worden, mehr als ein Fünftel der Vorhaben habe man dann auch finanziert.

Wenige Monate nach seinem ­Amtsantritt im Mai 2016 hat der Vorstandsvorsitzende Stefan Ermisch die Zielgruppe für das Firmenkundengeschäft definiert: Man fokussiere sich auf Unternehmen, die für eine Sparkasse zu groß und für die Deutsche Bank zu klein seien.

Stefan Otto: "Der Markt wird neu verteilt"

Allerdings bemühen sich die Wettbewerber nach Kräften, diese Nische von oben wie von unten kleiner zu machen. Großbanken wie die Deutsche Bank wenden sich verstärkt auch den kleineren Mittelständlern zu, regionale Institute wie die Haspa hingegen trauen sich an immer größere Kunden heran. Gerade mit Blick auf die Probleme der Landesbanken sagte Stefan Otto, Leiter des Firmenkundengeschäfts der Commerzbank in Norddeutschland, im vorigen Jahr: „Der Markt wird neu verteilt.“

Zum Ende September 2017 wies die HSH für das Firmenkundengeschäft und die gewerbliche Immobilienfinanzierung einen Kreditbestand von zusammen 26,2 Milliarden Euro aus; drei Jahre zuvor waren es noch 700 Millionen Euro mehr. Auf das Deutschland-Geschäft entfielen dabei 20,9 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Auf nahezu den gleichen Betrag kommt die Haspa für die entsprechenden Kundengruppen – und diese Kredite hat die Sparkasse nicht im gesamten Bundesgebiet vergeben, sondern allein in ihrem Geschäftsgebiet. Die Commerzbank nennt für diesen Kundenkreis ein Kreditvolumen von 18,6 Milliarden Euro – und das lediglich in Hamburg und Schleswig-Holstein.

Immer wieder haben die HSH-Vorstände selbst eingeräumt, dass man „zur Realisierung der Neugeschäftsziele“ und zur Risikostreuung die Aktivitäten außerhalb Norddeutschlands weiter ausbauen wolle. Außerdem sei es eine Option, verstärkt auch auf Unternehmenskunden unterhalb des „gehobenen Mittelstands“ zuzugehen, was bisher wegen der traditionellen Arbeitsteilung mit den Sparkassen schwerfiel. Nach der Privatisierung, wenn die HSH de facto keine Landesbank mehr ist, stehen ihr diese Wege offen. Auf geringeren Wettbewerb stößt man dort aber nicht.