Hamburg. Aus dem Abendblatt-Dossier: Die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein werden wohl viele Milliarden Euro verlieren.

Die Rechnung, die wir hier aufmachen, kann keine abschließende sein, sondern nur eine vorläufige. Denn noch ist unklar, ob die HSH Nordbank überhaupt verkauft wird. Und selbst wenn es geschehen sollte, bleiben wohl zunächst Unklarheiten. Denn in so einem Vertrag wird manches geregelt, was für unsere Rechnung Folgen haben könnte. Welche Risiken werden vom Käufer übernommen? Welche verbleiben beim Verkäufer? Was geschieht mit den Pensionslasten? Erst wenn es darauf und auf andere Fragen Antworten gibt, lässt sich überhaupt beurteilen, ob die Länder ein gutes oder ein schlechtes Geschäft gemacht haben. Der nackte Kaufpreis sagt zunächst einmal wenig aus.

Sicher ist, dass die Zehn-Milliarden-Euro-Garantie in voller Höhe wirksam wird, also bezahlt werden muss. Bis Ende 2016 sind nach einer Darstellung des Kieler Finanzwirtschaftlers Peter Nippel bereits 1,9 Milliarden Euro ausbezahlt worden. Der Rest, 8,1 Milliarden Euro, wird möglicherweise im Moment des Verkaufs fällig, eventuell erst später – das ist Verhandlungssache. Wie auch immer: Die zehn Milliarden Euro sind weg. Weg sind auch die 3,5 Milliarden Euro Eigenkapital, die die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein seit 2009 in die Bank gesteckt haben.

Kredite haben deutlich an Wert verloren

Die Rettungsaktion 2015/16 hat weiteres Geld gekostet. Die Länder nahmen der Bank Not leidende Schiffskredite im Nominalwert von fünf Milliarden Euro ab, sie bezahlten dafür 2,4 Milliarden Euro. Mittlerweile haben diese Kredite deutlich an Wert verloren. Im September 2017 waren noch 1,68 Milliarden Euro übrig. Es ist unklar, ob daraus jemals Einnahmen zu erzielen sind. Weil die Geschichte der HSH lehrt, dass meist die schlimmsten Annahmen zutreffen, gehen wir in unserer Rechnung davon aus, dass das Geld verloren ist.

Der letzte Punkt: Die Finanzierung und die Verwaltung all dieser Transaktionen haben viel Geld gekostet. Rund 680 Millionen Euro wurden dafür bislang ausgegeben.

Zieht man alles zusammen, landet man bei Gesamtausgaben von 16,58 Milliarden Euro.

Aber es ist ja auch Geld hereingekommen: die Prämien für die Garantie. Zuletzt wurden sie zwar nicht mehr in vollem Umfang gezahlt, aber seit 2009 sind rund 3,44 Milliarden Euro überwiesen worden. Zieht man diese von den Ausgaben der Länder ab, bleibt ein Minus von 13,14 Milliarden Euro. Ein Verkaufserlös für die Bank würde das Minus etwas verringern. Andere Vertragsbestandteile könnten es aber auch noch erhöhen – falls die Länder beispielsweise weitere Schrottkredite übernehmen müssten. Dennoch: Gut 6,5 Milliarden Euro für jedes der beiden Bundesländer blieben an Verlusten wohl übrig.

Lesen Sie hier das Dossier zur HSH Nordbank

Dies ist keine kaufmännische Rechnung. Hier geht es nicht ums korrekte Buchen, sondern um die Frage, was das den Steuerzahler alles kosten wird. Offene Fragen bleiben. Die Gewährträgerhaftung für Kredite und Pensionsverbindlichkeiten liegt derzeit bei rund 3,4 Milliarden Euro. Gewährträger sind die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein und die Rechtsnachfolger der ehemaligen WestLB mit je unterschiedlichen Prozentsätzen. Sollten sie voll einspringen müssen, kämen weitere Zahlungen hinzu. Schleswig-Holstein (rund 20 Prozent) wäre mit 680 Millionen Euro dabei, Hamburg (rund 35 Prozent) mit knapp 1,2 Milliarden Euro. Insgesamt ergäben sich für Hamburg also Kosten in Höhe von 7,77 Milliarden Euro, für Schleswig-Holstein wären es 7,25 Milliarden.

Noch nie hat ein Ereignis so viel Steuergeld verschlungen

Ein Kaufmann würde wohl noch eine andere Zahl in seine Rechnung einbeziehen müssen. Denn die Bank hatte bei ihrer Gründung einen Wert von 4,7 Milliarden Euro. Dieser Wert ist nun verloren. Und auch eine 2008 vorgenommene Kapitalerhöhung von zwei Milliarden Euro ist weg. Sie erfolgte teilweise durch Umwandlung von stillen Einlagen in Stammaktien.

Aber 13,14 Milliarden Euro sind natürlich auch schon eine Katastrophe. Noch nie hat ein einzelnes Ereignis so viel Steuergeld verschlungen. Ein halber Jahresetat ist weg. Kindergärten, Straßenbau, Verwaltung, Lehrerschaft, Parlament: Alles müsste verringert werden. In Wirklichkeit sind die Auswirkungen natürlich nicht so schlimm. Da die Länder das Geld nicht bar auf ihrem Konto haben, müssen sie es sich leihen. Ein Glück, dass die Zinsen derzeit so niedrig sind. Sollte es den Ländern gelingen, einen zehnjährigen Kredit zu einem Zinssatz von einem Prozent zu bekommen, müssten sie zusammen 120 Millionen Euro pro Jahr zahlen. Und sie müssten dazu noch Geld zurücklegen, um den Kredit zu tilgen. Die finanzielle Last wird in kleine Portionen aufgeteilt und über Jahre gestreckt.