Hamburg. Containeraufkommen sinkt um knapp 100.000 Boxen. Senator Horch stellt Besserung in Aussicht – wenn die Elbvertiefung kommt.
Was sich in den vergangenen Monaten bereits abzeichnete, wird nun durch die neuesten Zahlen untermauert. Der Seegüterumschlag im Hamburger Hafen ist im vergangenen Jahr um 1,2 Prozent auf 136,5 Millionen Tonnen gesunken. Der Containerumschlag, die wichtigste Säule des Hafens, ging 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ebenfalls um 1,0 Prozent auf 8,8 Millionen Standardcontainer (TEU) zurück, wie die Marketingorganisation des Hafens mitteilte. Das waren knapp 100.000 TEU.
Damit entwickelt sich der Hamburger Hafen schlechter als der Welthandel und fällt weiter hinter die Konkurrenzhäfen in Nordeuropa zurück: Rotterdam, das erst heute Zahlen vorlegen wird, hat im gleichen Zeitraum voraussichtlich 13,6 Millionen Standardcontainer umgeschlagen, was einem Plus von zehn Prozent entspricht. Der belgische Hafen Antwerpen hat seinen Containerumschlag um vier Prozent auf 10,4 Millionen TEU steigern können, und die Bremer Häfen können für 2017 zumindest eine leichtes Plus von 0,5 Prozent auf 5,5 Millionen TEU vermelden.
Probleme gibt es mit Finnland, Russland und Singapur
Die Gründe für das Minus an der Elbe sind laut Hafen Hamburg Marketing vielfältig: Der Handel mit Russland, Singapur und Finnland, also mit drei der zehn größten Partnern des Hamburger Hafens, ist 2017 zurückgegangen. Ebenso ist der Feederverkehr gesunken, also der Anteil von Ladung, die von Großschiffen auf kleinere umgeladen wird. Teile davon seien nach Rotterdam abgeflossen, sagte Ingo Egloff, Geschäftsführer von Hafen Hamburg Marketing, bei der Vorstellung des Jahresergebnisses. Co-Geschäftsführer Axel Mattern verwies zudem auf deutliche Rückgänge beim Umschlag von leeren Containern. Grund dafür sei laut Mattern die fehlende Elbvertiefung. Internationale Reedereien nutzten ihren begrenzten Transportraum möglichst mit vollen Containern aus. Zusätzliche leere Boxen könnten dann nicht mehr mit nach Hamburg genommen werden. Diese würden laut Mattern nun zunehmend über andere Häfen gelenkt.
Kommentar: Der Hamburger Hafen fällt zurück
„Vor dem Hintergrund der noch ausstehenden Fahrrinnenanpassung und der weitergeltenden Wirtschaftssanktionen im für Hamburg bedeutenden Russlandhandel ist das Umschlagergebnis im Containersegment erwartungsgemäß“, sagte Mattern. Er betonte, dass es beim Umschlag voller Container keinen Rückgang gegeben habe. „Die Menge der Container, die direkt nach Hamburg sollen, ist stabil.“
Aber auch der Massengutumschlag ist im vergangenen Jahr um 200.000 auf 44,7 Millionen Tonnen gesunken. So wurde von Hamburg aus weniger Getreide exportiert als noch 2016, auch der Mineralölimport ging zurück. Der konventionelle Stückgutumschlag, zu dem große Anlagenteile, Schwergut und Fahrzeuge zählen, fiel um sechs Prozent auf 1,4 Millionen Tonnen. Verantwortlich waren dafür geringere Stahl- und Auto-Exporte.
Horch: Digitalisierung muss vorangetrieben werden
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) versuchte gar nicht erst, die Situation schönzureden. Er sagte aber auch: „Der Erfolg eines Hafens misst sich nicht nur am Zählen der Container und an den Umschlagvolumina.“ Beispielsweise sei es auch wichtig, die Digitalisierung der logistischen Prozesse im Hafen und die Entwicklung der Lieferketten voranzutreiben. „Und das ist nicht nur die Aufgabe der Politik“, sagte Horch. „Alle Unternehmen müssen sich der Aufgabe stellen.“
Bei der Elbvertiefung stünden die Behörden kurz vor der Planergänzung. Er gehe nicht davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht noch einmal durch weitere Klagen in das Verfahren mit einbezogen werde, sagte Horch. Hamburg wolle in dem Moment, in dem das Baurecht vorliege, die weltweiten Kunden des Hafens darüber informieren. „Allein das wird eine psychologische Wirkung entfalten, die wieder zu mehr Ladung für den Hafen führt.“ Die Entscheidung erwartet er noch in diesem Jahr. In Bezug auf das hohe Schlickaufkommen im Hafen lobte der Senator das „vorbildliche Handeln“ der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority, die im vergangenen Jahr weitere Einschränkungen für die Schifffahrt vermieden hätte. Zugleich kündigte Horch an, dass Hamburg noch 2018 bei der Schifffahrtsverwaltung des Bundes beantragen werde, den Schlick künftig in der tiefen Nordsee – in der sogenannten ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) – abzuladen. Die AWZ reicht bis zu 200 Seemeilen (370 Kilometer) in die Nordsee hinein. „Mit diesem Antrag betreten wir Neuland. So etwas hat es noch nicht gegeben.“
Tunnel oder höhere Brücke?
Auch die aktuelle Diskussion über den Abriss der Köhlbrandbrücke griff Horch auf. Teile der Hafenwirtschaft – unter anderem HHLA-Chefin Angela Titzrath – favorisieren einen Tunnel als Ersatzbauwerk. „Ob es nun ein Tunnel oder eine höhere Brücke wird, können wir noch nicht sagen.“ Diese Fragen würden in einer Studie geklärt. Schließlich kündigte Horch an, dass neben der einen Landstromanlage für Kreuzfahrtschiffe in Altona „zeitnah“ weitere Anschlüsse für Containerschiffe bei Eurogate und bei der HHLA in Altenwerder gebaut werden sollen. Der Chef der Hamburg Port Authority, Jens Meier, betonte, dass seit Kurzem im Hafen der weltweit erste Feldversuch zum Einsatz des neuen Mobilfunkstandards 5G laufe. 5G biete eine Sicherheit, Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit, die es in mobilen Netzwerken bisher nicht gegeben habe. „Wir können mit dieser Zukunftstechnologie Erfahrungen sammeln und den Standard mitgestalten“, so Meier.