Hamburg. Das GroKo-Beben erfasst das Rathaus. Unter den Favoriten für die Scholz-Nachfolge ist auch die Senatsaufsteigerin schlechthin.
Es war ein Paukenschlag kurz vor Mittag: Kaum waren die Verhandlungen zwischen Union und SPD über eine mögliche Große Koalition in Berlin beendet, als durchsickerte, dass Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nun doch als Bundesfinanzminister nach Berlin wechseln will und voraussichtlich auch Vizekanzler einer neuen Bundesregierung wird.
Hamburg verliert seinen Bürgermeister nach beinahe sieben Jahren – vorausgesetzt, die mehr als 460.000 SPD-Mitglieder sprechen sich am 4. März mehrheitlich für eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses aus.
Scholz hatte erneute Kandidatur angekündigt
Scholz hatte bislang stets betont, nicht in ein Kabinett Merkel einzutreten. „Vor vier Jahren bin ich Hamburger Bürgermeister geblieben. Meine Pläne haben sich an dieser Stelle nicht verändert“, hatte Scholz im Abendblatt-Interview Anfang Dezember gesagt und darüber hinaus angekündigt, auch bei der Bürgerschaftswahl 2020 noch einmal anzutreten.
Olaf Scholz – Stationen einer SPD-Karriere
Am Mittwoch schwieg der SPD-Politiker in eigener Sache. „Wie immer gibt es nach dem Abschluss von Koalitionsverhandlungen wilde Spekulationen über mögliche Personalentscheidungen“, erklärte der Hamburger SPD-Sprecher Lars Balcke nur. Jetzt gehe es erst einmal um das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen, über das die SPD-Mitglieder abstimmen würden. „Wie im Jahr 2013 werden wir nach dem Mitgliedervotum entscheiden, wer bei einem positiven Mitgliedervotum für die SPD ins Kabinett geht“, sagte Balcke.
SPD steht vor einem personellen Umbruch
Dennoch gehen nicht nur viele Sozialdemokraten davon aus, dass Scholz seine Entscheidung für Berlin getroffen hat. Unmittelbar nach der Nachricht aus Berlin begann nicht nur im Rathaus die Diskussion darüber, wer Nachfolger als Erster Bürgermeister werden wird. Eins scheint dabei klar zu sein: Die Hamburger SPD steht vor einem personellen Umbruch.
Als Favorit für den Posten des Senatspräsidenten gilt Bürgerschaftsfraktionschef Andreas Dressel. Der 43 Jahre alte Jurist und Vater von drei Kindern hat das Kunststück geschafft, seit 2011 loyal mit dem allmächtig wirkenden Bürgermeister Scholz zusammenzuarbeiten und sich zugleich ein eigenständiges Profil zu erarbeiten.
Dressel ist ein konsensorientierter Politiker, dem mit dem Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks mehrfach das Kunststück gelungen ist, mit Volksinitiativen Kompromisse auszuhandeln und so Volksentscheide zu vermeiden, die für Regierungen meist negativ ausgehen.
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Leonhard gilt als geeignete Nachfolgerin
Doch auch Sozialsenatorin Melanie Leonhard gilt manchen als geeignete Scholz-Nachfolgerin, sie wäre überdies die erste Frau in diesem Amt. Die 40 Jahre alte Historikerin und Mutter eines Sohnes ist die Senatsaufsteigerin schlechthin und hat sich seit ihrem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren viel Anerkennung erworben. Leonhard hat als Vize-SPD-Landeschefin dem in Berlin aktiven Scholz vielfach den Rücken freigehalten.
Sollte Dressel zum Bürgermeister gewählt werden, gilt es derzeit als völlig offen, wer neuer SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bürgerschaft werden wird. Dem parlamentarischen Geschäftsführer Dirk Kienscherf werden ebenso gute Chancen eingeräumt wie dem Eimsbütteler SPD-Kreischef Milan Pein, der Vorsitzender des G-20-Sonderausschusses ist.
Genannt werden auch Ex-Bürgermeisterkandidat Mathias Petersen und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit. Beiden werden aber auch Ambitionen auf das Amt des Ersten Bürgermeisters nachgesagt.