Hamburg. Geldinstitute setzen verstärkt auf Angebote außerhalb ihrer klassischen Filialen. Ein Grund: Die Kosten müssen gesenkt werden.

Die Haspa berät ihre Kunden nicht mehr nur in den klassischen Filialen. Sie tut das unter anderem auch in Seniorenwohnanlagen, auf dem Airbus-Werksgelände und mitten in der Universität im CampusCafé, auf Wunsch in den heimischen Wohnzimmern und per Telefon oder Video. Andere Banken in Hamburg offerieren ebenfalls Beratungen außerhalb der traditionellen Niederlassungen auf verschiedenen Wegen.

Doch mit dem neuesten Angebot betritt die Haspa echtes Neuland: In Groß Borstel kann man sich an jedem Mittwoch nach vorheriger Vereinbarung mit einer Mitarbeiterin der Sparkasse in der Café-Ecke einer Junge-Bäckerei treffen, um Finanzfragen zu klären oder Überweisungen abzugeben. Auch wenn dies als Umfeld für eine Bankberatung ungewöhnlich erscheinen mag, ist die Örtlichkeit vielen Haspa-Kunden aus dem Stadtviertel sehr vertraut – bis zum Herbst betrieb die Sparkasse in diesen Räumen eine Filiale. Direkt neben der Bäckerei, die im Dezember dort eröffnete, befindet sich weiterhin eine SB-Zone mit Geldautomaten und einem Kontoauszugdrucker.

30 Zweigstellen werden umgestaltet

Zwar hat die Haspa im vorigen Jahr damit begonnen, ihre derzeit rund 130 Zweigstellen umzugestalten und ihnen dabei eine zusätzliche Funktion als Treffpunkt für den jeweiligen Stadtteil zu verleihen. Aber das ist nicht alles: „Wir gehen mit unserer Präsenz immer wieder auch außergewöhnliche Wege“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Eine Veränderung des Kundenverhaltens erzwingt solche Kreativität. Denn weil immer mehr Menschen einfache Bankgeschäfte per Computer oder Smartphone erledigen, lassen sich zahlreiche Filialen nicht mehr in der bisherigen Form rentabel betreiben.

Auch die Hamburger Volksbank reagiert auf diese Tendenz. Auf Finkenwerder unterhält sie seit einem Jahr anstelle der früheren Zweigstelle nun ein sogenanntes „Finanzhaus“. Dort sind keine Kassengeschäfte mehr möglich, jeweils bis zum frühen Nachmittag ist aber eine Volksbank-Mitarbeiterin für Beratungsgespräche anwesend. „Die Erfahrungen, die wir mit diesem Konzept gemacht haben, lassen sich in angepasster Form auf andere Standorte übertragen“, ist Volksbank-Chef Reiner Brüggestrat überzeugt. Im November gehe zudem ein „smartes Assistenzkontor“ an den Start: Zunächst per Telefon und Online-Chat, später auch über eine Videoverbindung sollen ungefähr zehn Volksbank-Beschäftigte die Privat- und Geschäftskunden auch über die üblichen Filialöffnungszeiten hinaus beraten – sogar am Sonntagnachmittag.

Deutsche Bank als Vorbild

Das Vorbild für eine solche Einrichtung hat womöglich die Deutsche Bank geliefert. Sie hatte im Sommer 2016 die Schließung von neun der 28 Niederlassungen in Hamburg angekündigt, dafür aber im Frühjahr 2017 hier ein „Regionales Beratungscenter“ mit 90 Beschäftigten eröffnet, die zuvor meist viele Jahre lang in Filialen tätig waren. Wochentags bis 20 Uhr und am Sonnabend bis 15 Uhr sind die Mitarbeiter auf allen digitalen Kanälen erreichbar.

Wie ein Deutsche-Bank-Sprecher erklärte, stehen den Kunden in Hamburg außerdem rund 100 selbstständige Finanzberater zur Verfügung: „Sie kommen nach Vereinbarung gerne auch zum Kunden nach Hause.“ Die Commerzbank fährt gewissermaßen zweigleisig: Sie strebt an, die Zahl der Filialen in Hamburg bis Jahresende sogar von 49 auf 50 zu erhöhen, stellt aber fast alle in den nächsten fünf Jahren auf ein neues Konzept um, das keinen Kassentresen mehr vorsieht und mit weniger Personal auskommt.

Ein Pionier war die HypoVereinsbank

Daneben setzt auch Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank auf die Elektronik und ist im Hinblick auf die Zeiten, zu denen ein persönlicher Kontakt möglich ist, besonders großzügig: Die Ansprechpartner im zentralen Callcenter in Duisburg können wochentags bis 22 Uhr und am Wochenende bis 20 Uhr per Video-Chat erreicht werden. Anders als die Beschäftigten in den regionalen Beratungscentern der Deutschen Bank haben diese Mitarbeiter aber zumeist keine Bankausbildung.

Pionier der Videoberatung in Deutschland war die HypoVereinsbank. Sie begann schon im Jahr 2012 damit. Kunden, die speziell bei der sogenannten Online-Filiale registriert sind, können sich auch zu Hause per Videoleitung beraten lassen. In Hamburg unterhält die HypoVereinsbank ein Zentrum für Baufinanzierungsspezialisten, die mittels Video-Chat auch in Filialen der Bank, in denen das entsprechende Know-how nicht vorhanden ist, hinzugezogen werden. Allerdings hat die HypoVereinsbank ihr Niederlassungsnetz auch besonders drastisch reduziert: Seit 2014 ist die Zahl der Filialen in Hamburg von 20 auf zwölf gesunken.

Beratungsmodell muss sich bewähren

Wie sich das neue Beratungsmodell der Haspa in der Bäckerei Junge in Groß Borstel tatsächlich bewährt, muss sich erst noch zeigen: Bisher ist es lediglich ein Angebot, auf das auch am Eingang der SB-Zone nebenan hingewiesen wird. Interesse daran sei aber auf jeden Fall vorhanden, sagt Daan Scheffer, der zuständige Regionalleiter für Niendorf: „Dieses Konzept ist aus Gesprächen mit unseren Kunden und mit dem Bürgerverein entstanden.“

Natürlich sei die Diskretion nicht mit der in einer Filiale vergleichbar, sagt Haspa-Beraterin Jacqueline Mai: „Wir können aber vorab einen für Kundengespräche geeigneten Tisch im Café-Bereich reservieren.“ Es gibt zwar keinen festen Platz dafür, und der Tisch ist auch nicht besonders gekennzeichnet. „Wir sind aber an unserem Namensschild mit Haspa-Logo, das wir tragen, immer gut erkennbar“, so Mai.

Gespräche gut vorbereiten

Wichtig sei, dass die künftigen Gespräche in der Café-Ecke gut vorbereitet werden, sagt Frank Janzen, Leiter der Niederlassung am Siemersplatz in Lokstedt: „Nicht alles, was wir in der Filiale können, ist in der Bäckerei technisch möglich.“ So gebe es noch keinen mobilen Drucker. „Ab 2019 werden wir dann alle Programme der Haspa nutzen können, die wir auch in der Filiale zur Verfügung haben“, so Janzen. Kollegin Mai erklärt, was schon geht: „Wir können unseren Kunden mit Laptop oder iPad zum Beispiel die Funktionen des Onlinebankings erklären oder damit zeigen, wie ein Fondssparplan wirkt.“