Hamburg. Nach mehr als einem Jahr Bauzeit nimmt das erste Hamburger Restaurant der US-Kette seinen Betrieb auf. Der Manager beschwichtigt.
Man kann im Hooters perfekt Chicken Wings essen und Sport gucken. Den Super Bowl der US-Football-Liga auf 20 großen TV-Monitoren zum Beispiel. Das ist neu in Hamburg. Aber so richtig interessieren sich die meisten (Männer) für eine andere „Spezialität“ der amerikanischen Gastro-Kette: Die Kellnerinnen servieren in Hot Pants und engem Top. Hooters Girls nennen sie sich. Sie sind jung, hübsch, selbstbewusst. Und ja, auch ganz schön sexy. Ups, das Wort möchte Thomas Stutzki, bekannter Kiez-Gastronom und Manager der ersten Hooters-Filiale in Hamburg, in Zeiten der MeToo-Debatte jetzt doch lieber vermeiden. Körperbewusst, das schon, sollten die Servicekräfte sein. „Aber es geht nicht um 90-60-90“, sagt er.
Am kommenden Dienstag ist es so weit. Dann sind die knapp bekleideten Damen bei der offiziellen Hooters-Eröffnung an der Reeperbahn zum ersten Mal im regulären Einsatz. Mehr als ein Jahr dauerte der Umbau des früheren Lidl-Markts nicht weit vom Nobistor in ein Lokal mit weltweit einheitlichem Format. Die letzten Arbeiten laufen. Draußen an der Glasfassade wurden die Holzverkleidungen gerade abgebaut. Am diesem Wochenende soll auch das Gerüst verschwinden. Drinnen erinnert die Einrichtung mit Tischen und Stühlen aus Holz und Polsterbänken für insgesamt rund 200 Personen an einen amerikanischen Diner. In der Mitte des Raums ist die riesige Bar. „Jetzt geht es endlich los“, sagt Christopher Stapel, der das einzigartige Konzept auf den Kiez geholt hat.
Hooters-Zentrale macht strenge Vorgaben
Stapel, 46 Jahre, strammer Bizeps, Hamburger Tonfall, ist wie sein Partner Stutzki seit Jahrzehnten in der Hamburger Restaurant-Szene unterwegs und betreibt aktuell drei Schweinske-Filialen. Darunter eine auf St. Pauli, fast direkt neben dem Hooters. Schon vor elf Jahren hatte er die Idee, die Kette ins Hamburger Vergnügungsviertel zu holen. „Es passt einfach perfekt“, sagt er. Real wurde es, als die Lidl-Fläche frei wurde. Mehr als ein Jahr verhandelte Stapel mit der amerikanischen Zentrale. „Es war extrem schwierig.“ Allein die Planungen mit dem Architekten dauerten fünf Monate. Die Vorgaben der Hooters-Zentrale sind sehr genau, so durften etwa nur US-Küchengeräte gekauft werden. Bei der Umsetzung gab es zudem einige bauliche Probleme, mehrfach wurde der Eröffnungstermin verschoben. 1,5 Millionen Euro stecken inzwischen in dem Umbau.
In Deutschland gibt es aktuell nur noch Hooters Frankfurt. Den Urbetrieb hatten 1983 sechs Geschäftsleute in Clearwater im US-Staat Florida zunächst vor allem als Sportbar aufgezogen. Bei der Auswahl des Dienstoutfits ließen sie sich der Firmenlegende nach von der Kleidung einer Freundin inspirieren, die als Cheerleaderin unterwegs war. Die Idee wurde dann zum Markenzeichen. Der Name ist von der umgangssprachlichen englischen Bezeichnung für Eule, dem Maskottchen der Kette inspiriert. Allerdings wird Hooters auch als Ausdruck für weibliche Brüste genutzt, was der Kette den Vorwurf des Sexismus einbringt.
Hooters hat einen eigenen Foto-Kalender
Inzwischen ist der Firmensitz in Atlanta. Die Eule im Logo und die Farbe Orange sind genau wie die Einrichtung, Uniform und Speiseangebot bis heute fast unverändert. In den 420 Hooters-Restaurants in weltweit 29 Ländern arbeiten mehr als 20.000 Beschäftige. In Europa gibt es 15 Standorte, unter anderem in Österreich, der Schweiz, Ungarn und Großbritannien. Betrieben werden sie im Franchisemodell. Der Jahresumsatz von Hooters of America wird auf etwa 275 Millionen Dollar, der aller Hooters-Restaurants zusammen sogar auf das Zehnfache davon geschätzt. Es gibt einen Foto-Kalender mit Hooters Girls. Zeitweilig betrieb die Kette eine eigene Fluglinie.
An der Hamburger Reeperbahn haben Chloe und Caroline aus Oklahoma sich inzwischen in ihre Dienstkleidung geworfen, ziehen schnell noch den Lippenstift nach. So ähnlich sahen Frauen schon bei „Baywatch“ aus, der Kultserie aus den USA der 90er. Zusammen mit acht weiteren Hooters-Mitarbeiterinnen hat das Unternehmen sie für zehn Tage aus den USA einfliegen lassen. Sie sind Trainerinnen und sollen den deutschen Hooters-Girls alles beibringen, was sie für ihren neuen Job können müssen. Es geht um die Firmengeschichte, die Bedienung des Kassensystems, die Arbeit an der Bar und auch um die Frage, wie man Tattoos abdeckt. Genau wie Schmuck und Piercings sind sie tabu. Die Haare sind offen zu tragen. Auch ihre sportlichen Fähigkeiten müssen die neuen Mitarbeiterinnen unter Beweis stellen. „Wir erklären, was ein Hooters-Girl ausmacht“, sagt Trista, Direktorin für Training aus der Zentrale. Und das ist mehr, als die Bestellungen von Chicken Wings und Burger an die Tische zu bringen. Auch Tanz- und Gesangseinlagen stehen auf dem Programm. Sexistisch findet das hier niemand. „Wir haben viel Spaß und lernen voneinander“, sagt Caroline.
Problematische Suche nach Mitarbeiterinnen
Seit Anfang des vergangenen Jahres haben die Hamburger Hooters-Betreiber Stapel und Stutzki nach Mitarbeiterinnen für ihre Neueröffnung gesucht. Das Problem: in Zeiten des Personalmangels überhaupt Servicekräfte zu finden, die auch den optischen Anforderungen genügten. „Das war nicht einfach“, sagt Stutzki, der schon den Tabledance-Schuppen Dollhouse, das Café Keese und den Quatsch Comedy Club gemanagt hat. Letztlich hatten sie 100 Bewerbungen, etwa 40 Frauen bekamen den Job. Gezahlt wird Tarif. „Es sind viele Nationalitäten dabei, Studentinnen und alleinerziehende Mütter“, sagt der 51-Jährige. Iva ist eine davon. Die 30-Jährige hat Erfahrungen in der Gastronomie. „Ich bin gespannt.“ Und was hält sie von Top und Hot Pants als Dienstkleidung? „Ich fühle mich nicht unangezogen“, sagt Iva und lacht.
Im Unterschied zu anderen Schnellrestaurants arbeitet das Hooters mit Tischservice. Auf der Speisekarte stehen neben Chicken Wings und Burgern Sandwiches, Tacos und auch einige Salate – alle mit Fleisch. Sehr amerikanisch und nicht unbedingt gesund. Auch eine Kinderkarte liegt auf den Tischen. Nahezu alles wird unter der Regie von Küchenchef Frank Stapel von seinem Team frisch zubereitet. Dabei peilen die Betreiber eine Verweildauer der Gäste von etwa zwei Stunden an. Reservierungen laufen über ein Online-System. „Die erste Woche sind wir komplett ausgebucht“, sagt Thomas Stutzki. Insgesamt hat er schon 1000 Vorbuchungen. „Im Herbst hat sich eine Damenmannschaft aus Würzburg angemeldet.“ Auch für die Eröffnung haben auf der Facebook-Seite schon mehrere 100 Gäste zugesagt.
Hooters-Betreiber bauen weiteres Restaurant
Auf dem zweiten Teil der ehemaligen Lidl-Fläche bauen Stutzki und Stapel derzeit noch ein weiteres Restaurant, quasi das Bindeglied zwischen Hooters und Schweinske. Im Ahoi gibt es ab dem Frühjahr Hamburger Küche, also Pannfisch & Co, diverse Sorten Craft-Bier und Rum vom eigenen Label. Zu der neuen kleinen Gastro-Meile gehört auch ein kleiner Souvenir-Shop. Der Verkauf von Hooters-Devotionalien ist Bestandteil des Konzepts. Es gibt unter anderem Flaschenöffner, Uhren, Tops und Flaschenkühler mit der Eule, aber auch Maritimes vom Fischerhemd bis zum Buddelschiff.
Im Hooters geht das Training der Bedienungen noch bis Dienstag weiter. An einem Ort, an dem viele Frauen wenig tragen, ist die Aufregung über die leicht bekleideten Serviererinnen eher gering. Zumal bei aller Freizügigkeit im Hooters sehr klare Regeln gelten. „Anfassen ist total verboten“, sagt Manager Stutzki. Und natürlich gibt es einen Sicherheitsdienst.