Hamburg. 50.000 Euro jährlich fließen an Umweltverbände für Teilnahme am Forum Tideelbe. Hafenwirtschaft und Opposition sind entsetzt.

Seit Jahren wird erbittert über die Elbvertiefung gestritten. Die rot-grüne Hamburger Landesregierung will das Projekt in jedem Fall durchführen, die Umweltverbände wollen es verhindern. Doch jetzt nähren Äußerungen des Senats den Verdacht, dass die Fronten gar nicht so klar verteilt sind wie gedacht. Denn aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Hamburger CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seel­maecker und Ralf Niedmers geht hervor, dass der Senat die Arbeit der Umweltverbände subventioniert.

Konkret geht es um deren Teilnahme am Forum Tideelbe. Dieses Forum wurde auf Betreiben der Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein vor gut einem Jahr eingerichtet, um den Fluss als schützenswerten Naturraum zu erhalten und Strombaumaßnahmen abzustimmen. Bereits im Koalitionsvertrag hatten SPD und Grüne vereinbart, dass man auch Umweltverbände an den Tisch holen will, um die Arbeit des Forums gesellschaftlich möglichst breit aufzustellen.

Umweltverbänden wird Teilnahme bezahlt

Die Überraschung: Den Umweltverbänden wird ihre Teilnahme sogar bezahlt, wie die CDU-Anfrage nun ergeben hat. So heißt es in der Antwort des Senats: „Aufgrund einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) und dem WWF, dem Nabu, dem BUND sowie der AG Naturschutz erhalten die genannten Verbände seit 2017 jährlich insgesamt 50.000 Euro zur Sicherstellung einer qualifizierten Begleitung des Forums Tideelbe von der BUE.“ WWF, BUND und Nabu hatten gegen die Elbvertiefung geklagt und vor Gericht erstritten, dass der Senat seine Pläne nun für mehrere Millionen Euro Zusatzkosten überarbeiten muss.

Gleichzeitig gibt die Umweltbehörde des Grünen-Senators Jens Kerstan den Umweltverbänden Geld, damit sie in dem Forum mitarbeiten. Und die Unterstützung ist nicht gering: Es handelt sich um ein Zehntel der Gesamtausgaben für das Forum Tideelbe, das an die Naturschützer fließt. Dieses Forum wurde übrigens Anfang Dezember 2016 gegründet. Wenige Tage bevor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Klage der Umweltverbände verhandelte.

Justizexperte spricht von Parteienverrat

Der Bürgerschaftsabgeordnete und Justizexperte der CDU, Richard Seelmaecker, spricht von einem Parteienverrat: „Dass der grüne Umweltsenator die Naturschutzverbände, die sich gegen die Elbvertiefung einsetzen, aus öffentlichen Mitteln unterstützt, ist ein Skandal. Ein Anwalt, der die Interessen seines Mandanten vor Gericht vertritt und der heimlich den Gegner finanziert, würde wegen Parteiverrats angeklagt werden“, so Seelmaecker, der selbst Rechtsanwalt ist.

Zudem seien die Zahlungen auch ungerecht, denn beim Forum Tideelbe wirken viele Organisationen mit, die alle umsonst arbeiten. „Die Fischer, die Angler, die Bauernverbände, die Segler, die Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften, niemand bekommt gesonderte Mittel für die Arbeit im Rahmen des Forums. Die heimliche Finanzierung ist also auch noch ein Schlag ins Gesicht der Ehrenamtlichen.“ Die CDU werde den Sachverhalt aufklären, verspricht er.

Unterschiedliche Behandlung

Auch bei der Hafenwirtschaft sorgt die Finanzhilfe für die Umweltverbände für Verärgerung: „Das Forum Tideelbe beschäftigt sich auch mit Fragen, die mittelbar die Fahrrinnenanpassung betreffen. Der Senat unterstützt mit dieser finanziellen Förderung mithin mittelbar die Kläger und Gegner der Elbvertiefung“, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, dem Abendblatt.

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Auch er beklagt die unterschiedliche Behandlung: Die Hamburger Hafenwirtschaft habe im Lenkungskreis des Forums Tideelbe nur einen Vertreter. Wegen der Komplexität und Arbeitsintensität dieses Forums habe der Unternehmensverband gegenüber der Umweltbehörde bereits Anfang 2017 einen Antrag auf Unterstützung gestellt. „Dieser wurde abgelehnt“, sagt Bonz. Mit den Umweltverbänden sei hingegen ein Kooperationsvertrag abgeschlossen worden. „Der Senat misst hier mit zweierlei Maß. Das stärkt nicht das Vertrauen der Hafenwirtschaft in eine verlässliche Hafenpolitik“, so Bonz.

Besonders verärgert sind die Hafenfirmen darüber, dass die Wirtschaftsbehörde, die sie als ihren Unterstützer sehen, dem Vorgehen der Umweltbehörde zugestimmt hat. „Die Finanzhilfe an die Umweltverbände dient ausschließlich der Förderung des Dialogs. Und das ist doch begrüßenswert“, sagte ein Sprecher der Wirtschaftsbehörde Für alle weiteren Fragen verwies er zugleich an die Umweltbehörde.

Sedimentmengen reduzieren

Von dort hieß es, die erhobenen Vorwürfe seien falsch und unseriös: „Die Arbeit des Forums steht zeitlich und inhaltlich in keinem Zusammenhang mit der Elbvertiefung“, so ein Behördensprecher. „Das Forum soll im Konsens Maßnahmen vorschlagen, die das Ökosystem der Tideelbe stärken und gleichzeitig die Sedimentmengen reduzieren. Eine erfolgreiche Arbeit des Forums hilft dabei, die Verschlickung des Hamburger Hafens zu verringern, und dürfte deshalb auch im Interesse der Hafenwirtschaft sein.“ Es sollte im Interesse aller Beteiligten sein, dass sich die Umweltverbände aktiv daran beteiligen können.