Hamburg. US-Unternehmen bietet Carsharing für Privatwagen an. Ein Konkurrent sieht dieses Geschäftsmodell kritisch.

Wie die Internetvermittlung von Privatautos funktioniert? Andre Haddad zieht zur Demonstration sein Smartphone aus der Tasche und klickt auf das kleine Symbol seines Unternehmens Turo, das nun auch den deutschen Carsharing-Markt erobern will. Haddad ist einer der Pioniere im Internetgeschäft und will an diesem Vormittag in Hamburg für seine neue Idee werben. „Hamburg ist ein wichtiger Markt für uns“, sagt er bei einem Gespräch mit dem Abendblatt.

Als junger Mann flüchtete er vor dem Bürgerkrieg aus dem Libanon, studierte in Paris und gründete einen virtuellen Marktplatz, den er schließlich für mehr als 100 Millionen Euro an Ebay verkaufen konnte. Heute ist er Vorstandschef von Turo, das ganz ähnlich wie das Ferienhaus-Portal Airbnb arbeitet, aber eben private Autos an Mieter vermittelt. Haddad, der in San Francisco lebt, hat bei Turo auch seine eigenen Autos eingestellt, unter anderem einen 911er Porsche für den sich gerade ein Nutzer interessiert, um einen Wochendausflug zu unternehmen. 169 Dollar kostet das flotte Fahrzeug am Tag, 25 Prozent Provision gehen an Turo. Haddad bestätigt mit einem Klick die Anfrage – und schon ist das Geschäft perfekt. „Jetzt verdient auch mein Auto Geld“, sagt er.

Längst kein neues Geschäft

Dass dieses Prinzip eine Zukunft hat, daran glaube er fest, wie er sagt. Zum ersten Mal könnten Autobesitzer in ihren Fahrzeugen nicht nur einen Kostenfaktor sehen, sondern auch eine Möglichkeit, ein Auto zu finanzieren. Oder sich ein größeres zu leisten – was wohl auch der Hintergedanke von dem deutschen Autokonzern Daimler ist, der sich an der Turo-Expansion nach Deutschland beteiligt.

So funktioniert Turo

Allerdings ist Carsharing in Hamburg längst kein neues Geschäft, auch bei der Vermittlung von Privatfahrzeugen nicht. Das Berliner Unternehmen Drivy hat in Hamburg beispielsweise nach eigenen Angaben 400 Fahrzeuge registriert, mit steigender Tendenz. Die neue Konkurrenz sehe man eher positiv, heißt es dort. So würde das Thema Carsharing nur noch bekannter werden.

car2go sieht keine Gefahr

Ein anderes Prinzip verfolgen in Hamburg Carsharing-Anbieter wie cambio. Dort kann an festen Stationen auf mittlerweile 139 verschiedene Fahrzeuge zugegriffen werden. Mit insgesamt sieben festen Stationen in Hamburg ist auch der Carsharing-Anbieter Flinkster (30 Fahrzeuge) der Deutschen Bahn in Hamburg dabei. Mit fes­ten Stationen und rund 60 Fahrzeugen arbeiten auch Ubeeqo Carsharing oder Green Wheels. In der Regel regis­triert man sich bei diesen Anbietern, Fahrzeuge können im Internet oder über das Smartphone reserviert werden, Preise werden meist tage- oder stundenweise abgerechnet.

Sehr präsent sind im Stadtbild vor allem die beiden Carsharing-Anbieter DriveNow mit 560 Fahrzeugen und car2go mit mittlerweile 800 Smart-Fahrzeugen und Mercedes-Modellen. Diese Autos findet man nicht an festen Stationen, sondern auf Parkplätzen überall in der Stadt verteilt. Genutzt werden diese beiden Anbieter meist für kürzere Fahrten in der Stadt als für längere Ausflüge – was eher dem Turo-Geschäftsmodell entspricht. Der Sprecher von car2go, Daniel Hörer, sieht daher in dem Turo-Vorstoß ebenfalls keine ernsthafte Gefahr. „Wir sehen darin keine Konkurrenz, im Gegenteil: Je mehr Optionen es für alternative Mobilitätsangebote gibt, desto besser“, so Hörer.

Auch Starcar im Carsharing aktiv

Etwas kritischer sieht man die Entwicklung indes bei dem klassischen Autovermieter Starcar in Hamburg. Starcar ist selbst mittlerweile auch im Carsharing aktiv, arbeitet aber direkt mit Wohnungsunternehmen zusammen und bietet konkrete Angebote für Wohnanlagen an. „Eine starke Konkurrenz sehen wir noch nicht“, sagt Carsharing-Projektleiter Stephan Töllner. Dazu sei das eigene Auto für viele Menschen noch zu emotionsgeladen, um es an Fremde zu vermieten. „Aber man muss sehen, wie sich das ent­wickelt“, sagt Töllner. So gebe es für gewerbliche Autovermieter ganz andere rechtliche Vorgaben als für private Vermieter, was den Wettbewerb verzerre. Mietwagen müssten beispielsweise jedes Jahr zum TÜV.