Hamburg. Die Hamburger Schauspielerin reiste für „Das Milan-Protokoll“ in den Nahen Osten und musste für ihre Kinorolle sogar Arabisch lernen.
Es ist ein Gebiet, das man sonst fast nur aus den Nachrichten kennt. Eine deutsche Ärztin arbeitet im Kurdengebiet im Norden des Irak für eine Hilfsorganisation, der Film „Das Milan-Protokoll“ nimmt die Zuschauer dorthin mit. Bei einer Autofahrt wird die von Catrin Striebeck gespielte Frau von einer sunnitischen Gruppe gekidnappt. Die dem IS nahestehende Gruppe vermutet, dass im Fahrzeug auch Waffen transportiert werden. Zu Recht. Medizinerin Martina hat tatsächlich eine Milan-Panzerabwehrrakete dabei, die sie nach Syrien schmuggeln will. Es beginnt ein Ringen verschiedener Milizen, Volksgruppen und Geheimdienste um die Frau und die Waffe. Gedreht wurde der Thriller zum Teil an Originalschauplätzen. Striebeck musste für ihre Rolle Türkisch und Arabisch lernen.
Manche Filmprojekte haben einen langen Vorlauf. Rund sieben Jahre sind vergangen, seit Regisseur Peter Ott fragte, ob sie in seinem Film mitspielen wolle. Das Drehbuch wurde seitdem mehrfach verändert, die politische Situation im Nordirak auch: Der IS wurde eine gefürchtete Terrorkraft in der Region. Der Produzent wechselte, die Finanzierung war nicht einfach, es gab eine lange Pause. Dann konkretisierte sich das Projekt.
Vor Drehbeginn hatte sie „wahnsinnige Angst“
Striebeck bekam einen Lehrer, einen Dozenten von der Universität. Er brachte ihr die kurdischen und arabischen Dialoge bei. „Es war schwer“, erinnert sie sich. „Das Arabische ist mir leichter gefallen als das Kurdische.“ Ihr Lehrer Harun hat sie aber auch in Landeskunde unterrichtet, informierte sie über Bräuche sowie religiöse und politische Konflikte in der Region. „Egal was aus dem Film wird: Das kann mir niemand nehmen“, habe sie während dieser intensiven Vorbereitung gedacht, erzählt die Schauspielerin.
Dann sollten die Dreharbeiten beginnen. „Ich hatte wahnsinnige Angst. Meine Familie und Freunde waren alle dagegen, mit Ausnahme meiner Tochter. Sie wollte sogar mit.“ Das wollte Mutter Catrin aber nicht. Der Produzent sicherte ihr zu: „Es ist noch niemand so hoch versichert worden wie du.“ Aber auch wenn die Prämie hoch war – wirklich beruhigt hatte Peter Ott sie damit nicht. Schließlich begleitete ihr Mann sie. Die Dreharbeiten begannen in Köln in einem Studio. Dann ging es in den Nahen Osten. Untergebracht war Catrin Striebeck in einem Hotel in Dohuk, knapp 500 Kilometer von Bagdad entfernt.
Von dort ging es morgens um vier Uhr mit dem Auto mindestens eineinhalb Stunden durch die Berge und an mehreren Checkpoints vorbei. „Wir waren nur 30 Kilometer von Mossul entfernt. Meistens haben wir irgendwo in der Pampa gedreht, manchmal aber auch direkt in der Nähe der Grenze“, erinnert sie sich. Striebeck war von der Gegend überrascht. „Ich fand es dort fantastisch. Dabei hatte ich beim Landeanflug auf Erbil noch aus dem Fenster geguckt und erwartet, dass aus anderen Maschinen Bomben abgeworfen werden. Das stimmte natürlich nicht. Alles ist dort sehr gut organisiert, aber sehr undurchschaubar. Wir wurden als Deutsche an den Checkpoints äußerst freundlich behandelt.“
Der IS gilt offiziell als geschlagen. Die Kurden, die mit ihren Peschmerga wesentlich mit zur Niederlage der Terrorgruppe beigetragen haben, hätten gern ihre Unabhängigkeit gehabt. „Man sollte sich nicht durch die Nachrichten verblenden lassen. Das Land ist wunderschön, dort wohnen gastfreundliche Menschen. Im Vergleich dazu muss man sich in Deutschland zu Tode schämen für die vermeintliche Willkommenskultur. Die besteht hier manchmal ja nur aus drei Teddys, einer Cola und einem Duplo, die am Bahnhof verteilt werden. Im Nordirak kann man bei keinem Bauern vorbeigehen, ohne zum Tee und zum Essen eingeladen zu werden. Dabei haben sie oft bis zu zehn Kinder und leben in Hütten. Es gibt dort wirklich eine ganz andere Kultur von Gastfreundschaft.“
Striebeck drehte auch mit Matthias Brandt
Seltsamerweise habe es in Dohuk sehr viele Fans von Real Madrid gegeben. Als die Spanier ein Spiel gewonnen hatten, gab es einen Autokorso durch die Stadt, es wurden Freudenschüsse abgefeuert. Viel Zeit konnte sich das Team in den zweieinhalb Wochen dauernden Dreharbeiten dort nicht lassen, denn Striebeck drehte bis kurz vorher und gleich wieder danach neue Folgen für Matthias Schweighöfers Amazon-Serie „You Are Wanted“.
Nach der Schweighöfer-Serie stand Striebeck zusammen mit Matthias Brandt für das kammerspielartige TV-Beziehungsdrama „Toulouse“ vor der Kamera, ein Zweipersonenstück. Im Mai wird sie in Hamburg in der Staatsoper zu sehen sein. Sie spielt in „Frankenstein“ eine Hauptrolle, Philipp Stölzl („Der Medicus“, „Winnetou“) wird inszenieren, komponiert hat der Hamburger Jan Dvorak.
2015 agierte sie schon einmal auf der Staatsoper-Bühne. In „Les Troyens“ hatte sie damals einen stummen Part. Jetzt hat sie eine Sprechrolle mit einigen Liedern. Vorgesungen hat sie schon. Ihre gesanglichen Fähigkeiten sieht sie eher ironisch: „Ich komme mir vor wie Florence Foster Jenkins“, sagt sie mit einem Seitenblick auf die amerikanische Sängerin, die kaum einen der wichtigen Töne in ihren Arien richtig traf.
Der Film läuft im Studio, Bernstorffstraße 93