Hamburg. Geldinstitut wehrt sich gegen Bescheid. Hamburger Finanzbehörde reagiert erst auf Druck aus Berlin.

Im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen zweifelhafter Finanzgeschäfte der Hamburger Privatbank M.M. Warburg geraten nun Hamburgs Finanzbehörden unter Verdacht: Diese sollen erst auf Veranlassung des Bundesfinanzministeriums Maßnahmen ergriffen haben, um eine Steuerschuld des Bankhauses in Millionenhöhe einzutreiben. Diese Steuerschuld wäre andernfalls verjährt, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Demnach habe das Finanzamt der Hansestadt bereits im Oktober 2016 festgestellt, dass M.M. Warburg Nachzahlungen in Millionenhöhe leisten müsse. Allerdings sei die Steuerforderung erst gegen Ende 2017 ergangen, nachdem sich das Bundesfinanzministerium eingeschaltet habe.

Wie berichtet, wird gegen die angesehene Hamburger Privatbank seit knapp zwei Jahren wegen Steuerersparnissen aus sogenannten Cum/Ex-Geschäften ermittelt. Dabei geht es um Aktienverkäufe rund um Dividendenzahlungen. Zahlreiche Kreditinstitute sollen sich dabei Kapitalertragssteuern erstattet haben lassen, die sie nie gezahlt haben. In diesem Zusammenhang wird auch gegen die Warburg-Bank ermittelt. Diese soll jene Cum/Ex-Geschäfte stark betrieben und den Staat so um 146,3 Millionen Euro gebracht haben, heißt es in der „SZ“. Sie stützt sich auf einen Bericht, den die Wirtschaftsprüfungsfirma Deloitte im Auftrag der Bankenaufsicht Bafin erstellt hat.

Schonung wegen guter Kontakte zu Hamburgs Politik?

Der Hamburger Bundestagsabgeordnete der Linken Fabio De Masi erhebt in diesem Zusammenhang den Vorwurf, dass das Bankhaus aufgrund seiner engen gesellschaftlichen Vernetzung in Hamburg und seiner guten Kontakte in Hamburgs Politik lange Zeit von Steuernachforderungen verschont geblieben sei. „Das ist absurd“, heißt es dazu aus der Finanzbehörde. Weder habe es den Versuch der politischen Einflussnahme auf die Arbeit der Steuerbehörden gegeben, noch seien Hamburger Finanzbeamte für so etwas empfänglich. „Herr De Masi setzt eine Behauptung in die Welt, die er durch nichts belegen kann und die eine Beleidigung für die 3500 Finanzbeamten in der Stadt ist“, sagte ein Behördensprecher. Warum Hamburg mit seiner Steuerforderung gegen Warburg aber so lange wartete, bis der Fall beinahe verjährt war, dazu wollte der Sprecher nichts sagen. „Zu konkreten Fällen äußern wir uns nicht. Das unterliegt dem Steuergeheimnis.“ Auf eben dieses Steuergeheimnis beruft sich auch das Bundesfinanzministerium. „Zu einzelnen Steuersachverhalten können wir keine Auskunft geben“, sagte ein Ministeriumssprecher. Er fügte jedoch hinzu, dass das Ministerium durchaus die Länder anweisen könne, bestimmte Steuerforderungen einzutreiben.

Doch auch das Bankhaus selbst sprach in einer Stellungnahme am Nachmittag davon, dass eine Einzelweisung des Bundesfinanzministeriums an das Hamburger Finanzamt ergangen sei. Demnach soll Hamburg eine Steuerforderung inklusive Zinsen in Höhe von 56 Millionen Euro gegen die Bank geltend machen. Gegen diesen Bescheid geht die Bank nun juristisch vor. „Die Vollziehung des Bescheids wurde noch vor Ende des Jahres antragsgemäß ausgesetzt“, heißt es in der Stellungnahme.

Warburg Bank weist Vorwürfe zurück

In dem Schreiben weist die Bank die Vorwürfe Punkt für Punkt zurück. Sie sei bei den fraglichen Wertpapiergeschäften nur als Käuferin aufgetreten und habe die Kapitalertragssteuer an den Verkäufer bezahlt. Eine mehrfache Geltendmachung von Steueranrechnungen habe es nicht gegeben. Die im Raum stehenden Beträge seien rein spekulativ. „Eine sachliche und rechtliche Würdigung durch Ermittlungsbehörden und das Bundesfinanzministerium ist nicht erfolgt“, schreibt die Bank.

Die FDP-Bürgerschaftsfraktion sieht jetzt Finanzsenator Peter Tschen­tscher (SPD) in der Pflicht, zu erklären, wie der Abstimmungsprozess zwischen dem Bundesfinanzministerium, der Bankenaufsicht Bafin und der Hamburger Steuerverwaltung abgelaufen ist.