Hamburg. Mehr Studenten, mehr Professoren und deutlich mehr Geld: Senat will Hochschule in Harburg gezielt fördern. Opposition reicht das nicht.
Die Technische Universität Hamburg (TUHH) soll massiv wachsen und dafür deutlich stärker finanziell von der Stadt gefördert werden. Das geht aus dem Entwurf einer Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft hervor, die dem Abendblatt vorliegt. Ziel des rot-grünen Senats ist es demnach, die in Harburg angesiedelte TUHH zur „führenden Technischen Universität im Norden Deutschlands“ weiterzuentwickeln und langfristig sogar zur Gruppe der „TU-9“ aufzuschließen – dem Zusammenschluss der führenden neun Technischen Universitäten Deutschlands.
„Dieser Weg erfordert eine langfristige Strategie, die quantitative und qualitative Elemente beinhalten soll“, heißt es in der Senatsmitteilung. „So verfügen die TU-9-Universitäten im Durchschnitt über 330 Professuren und 30.000 Studierende.“ Wie groß dieser Anspruch ist, zeigen die aktuellen Rahmendaten der TUHH: Dort sind derzeit lediglich 7600 Studierende immatrikuliert, und es lehren 95 Professoren. „Es ist zunächst vorgesehen, im bestehenden ingenieurwissenschaftlichen Spektrum der TUHH die Strukturen so auszuweiten, dass zukünftig 10.000 Studierende an der Hochschule ausgebildet werden können“, so das Senatspapier. „Zugleich gilt es, die hochschulinterne Steuerung noch stärker wettbewerblich zu organisieren und durch Kooperation und Vernetzung mit universitären und außeruniversitären Partnern das Potenzial der TUHH ideal zu nutzen.“
Kommentar: Erster Schritt zur ersten Liga
Den Wachstumsplan hat die TUHH mit der Wissenschaftsbehörde von Senatorin Katharina Fegebank (Grüne) erarbeitet. Die Bürgerschaft hatte den Senat im Mai 2017 aufgefordert, mit einem neuen Konzept das Wachstum der Hochschule sicherzustellen. Der nun vorgelegte Plan umfasst insgesamt zehn Jahre und gliedert sich in zwei Phasen. In der ersten Phase von 2018 bis 2022 sollen die Mittel, die die TUHH von der Stadt erhält, um 25 Prozent steigen. Zunächst sollen 15 neue Professuren eingerichtet werden – vor allem in den Bereichen Informatik/Digitalisierung und mit Bezügen zu wichtigen Hamburger Wirtschaftsbereichen (Clustern) wie der Luftfahrt, der Meerestechnik und der Logistik. Außerdem soll durch die neuen Professuren die Verbindung zu außeruniversitären Partnern etwa in der Wirtschaft gestärkt werden.
Geplant sind in der ersten Wachstumsphase auch eine „sukzessive Erhöhung der Studienanfängerzahlen und der Ausbau des Studienangebots“, so die Senatsmitteilung. Außerdem soll ein neues Konzept mit dem Namen I3 dafür sorgen, dass die „Interdisziplinarität“, also die fächerübergreifende Zusammenarbeit, „zum zentralen Element der TUHH“ wird. I3 steht dabei als Kürzel neben dieser „Interdisziplinarität“ auch für „Ingenieurwissenschaften“ und „Innovation“. Im Rahmen dieses Konzepts sollen „I3-Labs“ eingerichtet werden, „interdisziplinäre Forschungslabore mit mindestens vier Professoren“.
„Innovative Garagenprojekte“
Dabei soll es von Beginn an, wie etwa in der Digitalbranche oder bei Start-ups um „Nutzerzentrierung“ und „Denken in ganzen Wertketten“ gehen. Hinzu sollen laut Senatsplan kleinere „I3-Projects“ und „I3-Junior-Projects“ kommen, „innovative Garagenprojekte“, die auch von Studierenden beantragt werden können. Durch all dies soll offenbar ein noch stärkerer Gründergeist in die TUHH einziehen.
Bereits im Jahr 2018 soll die TUHH zum Auftakt des Wachstumsplans zusätzlich 3,8 Millionen Euro von der Stadt bekommen. Allein zwei Millionen davon sollen in den Aufbau des I3-Konzepts fließen. „Die TUHH wird nach Amtsantritt des neuen Präsidenten einen auf Basis des beschriebenen Entwicklungskonzepts konkretisierten Umsetzungsplan für die nächsten Jahre erstellen und mit der zuständigen Behörde bis zum Herbst 2018 abstimmen“, heißt es in der Senatsmitteilung an die Bürgerschaft. Hintergrund: Im Februar wird der Niederländer Hendrik (Ed) Brinksma die Leitung der TUHH von Garabed Antranikian übernehmen. Vor Ende der ersten Wachstumsphase soll es eine umfassende Evaluation geben, auf deren Grundlage dann „eine zweite Ausbauphase für den Zeitraum 2023 bis 2028 definiert“ werden soll.
Standort Harburg weiter stärken
Ein Ziel ist es auch, den Standort Harburg weiter zu stärken. „Geplant ist, zusätzliche Flächenbedarfe der TUHH dort abzubilden. Damit werden die Forschungs-, Entwicklungs- und Gründungsaktivitäten rund um die TUHH zusätzlich gestärkt und ein wichtiger Impuls zur Weiterentwicklung des Bezirks Harburg bzw. des Süderelberaums gegeben“, schreibt der Senat. „Insofern wird das Wachstumskonzept der TUHH so umgesetzt, dass es die räumliche und inhaltliche Verbindung zum Bezirk Harburg weiter festigt.“ Um die Finanzierung der für 2018 benötigten 3,8 Millionen Euro sicherzustellen, muss die Bürgerschaft dem Antrag des Senats noch zustimmen.
CDU-Wissenschaftspolitiker Carsten Ovens bezeichnete das Papier aus dem Hause der Wissenschaftssenatorin als „große Enttäuschung“. Obwohl die SPD seit 2011 regiere, seien weiterhin nicht alle Professuren an der TUHH besetzt. Die Universität sei zudem unterfinanziert. „Schon heute fehlen Räumlichkeiten für Forschung und Lehre, lediglich eine Mensa ist für 7500 Studenten und Mitarbeiter bereits jetzt zu wenig, lediglich 500 Wohnheimplätze des Studierendenwerks decken lange nicht mehr den Bedarf“, so Ovens.
Deutlich nachbessern
Der Senat liefere „auch mit der neuen Drucksache kein Konzept, nicht mal einen Ansatz“, so Ovens. „Die Budgeterhöhung ist inflationsbereinigt fast nichts, es gibt nicht einmal eine Idee, wo sich die TU räumlich entwickeln soll.“ Die Weiterentwicklung der TUHH sei zwar „strategisch richtig und wichtig“, so der CDU-Politiker. „Der Senat muss aber deutlich nachbessern und endlich Antworten auf die seit Jahren offenen Fragen liefern. Er skizziert bisher nur eine Utopie, anstatt ein handwerklich sauber erarbeitetes Entwicklungskonzept vorzulegen.“