Wendland. Wenn der Garten ruht, ist Bratenzeit. Nach dem Essen ein Rundgang durch den Mühlenpark – Ideen sammeln für die nächsten Pflanzaktionen.
Winterzeit ist Bratenzeit. Kaum werden die Tage kürzer, fragt meine Frau Anke, wann ich mal wieder einen Braten mache. Mache ich gerne. Ist meine Spezialität. Schmorbraten in allen Variationen. Als Sauerbraten, nach Jägerart in Buttermilch-Beize eingelegt oder, feiner, nach Franzosen-Manier drei Tage in Rotwein. Den Roman „Fleisch ist mein Gemüse“ von Heinz Strunk habe ich sofort gekauft. Der Bestseller-Autor sagt darin auch: „Der Mensch ist kein Beilagenesser.“ Anke hört diesen Satz nicht so gern von mir. Sie besteht auf Beilagen, wegen der Vitamine.
Gebraten wird übrigens nur in der Küche unserer kleinen Mühle im Wendland, nie in unserer Stadtwohnung. Die hat eine offene Küche, was ja heute modern ist. Wenn ich dort das Fleisch anbrate, riecht die ganze Wohnung drei Tage danach. Das Geheimnis meines Bratens ist nämlich das Anbraten. In heißem Schmalz, von allen Seiten, sodass eine schöne Kruste entsteht. Dagegen kommt keine Dunstabzugshaube an. Auf der Mühle ist das einfach: Ich reiße alle Fenster auf. Durchzug, bis sich der Geruch verzogen hat.
Churchill, Staatsmann und Genießer, hatte Recht
Winston Churchill (1874–1965) sagte: „Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Recht hat er, der große Staatsmann und Genießer. Aber so einfach ist das mit dem Genießen nicht mehr. Die Kalorien! Die Fette! Wie war das noch mal mit dem Cholesterin? Braten gibt es bei uns nur einmal im Monat.
Dunkles Fleisch, vom Rind wie bei meinem Schmorbraten, wird von der Weltgesundheitsorganisation neben Wurst neuerdings als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft – wie das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Das wird wohl bald verboten sein. Rindfleisch auch? Die Viecher versauen uns, abgesehen von der Krebsgefahr, auch die Umweltbilanz. Wenn die pupsen, entweicht das schlimme CO2. So erreichen wir die Klimaziele nie.
Bei der Fleischbeschaffung sind wir ziemlich korrekt. Wie haben zwei Fleischer unseres Vertrauens im Wendland, die garantiert nur Fleisch von Rindern aus der Region verkaufen. Der eine ist sogar bio. Beide verkaufen Fleisch von Rindern, die auf der Weide waren – und aufgezogen wurden, um als Braten oder Wurst auf unseren Tellern zu landen. Die sind dazu auch nicht plötzlich tot umgefallen, sondern wurden geschlachtet.
Fett wirkt als Geschmacksverstärker
Neulich berichtete der berühmte Bergsteiger und große Umweltschützer Reinhold Messner in der „NDR Talk Show“, er habe als Kind auf dem Hof seiner Eltern in Südtirol reihenweise Hähnchen geschlachtet. Die Runde und die Zuschauer schienen fassungslos. In ihren Augen las ich den Vorwurf:Er hat Tiere getötet! Heiligabend gab es bei den meisten von Ihnen wahrscheinlich, wie bei vielen Deutschen, Kartoffelsalat mit Würstchen. Das war mal ein Schwein.
Ich bestelle meistens bei dem konventionellen Schlachter. Der spickt mir sogar die feinen Stücke. Fett bringt Geschmack. Darauf schwor schon meine Mutter. Zum Essen schneide ich, ganz old school, das Fleisch auf. Anke legt die Beilagen vor. Dann ist sie auch sicher, dass ich ausreichend Vitamine auf dem Teller habe. Zum Essen, gern auch mit Freunden, lassen wir uns Zeit. Reste gibt es am nächsten Tag. Als Hamburger Schnitte, mit warmer Soße, einer Scheibe Brot und einem Spiegelei.
Ein „Armleuchter“ für den Japan-Garten?
Nach dem Essen machen wir dann meist einen kleinen Rundgang durch den winterlichen Mühlenpark. Zur Verdauung – und ich teste dabei ganz vorsichtig meine neuesten Pflanzpläne. Etwa elegante Silberkerzen (Cimicifuga). Die Sorte „Armleuchter“ blüht im Herbst, wird bis zu 140 Zentimeter hoch und wächst auch in leicht schattigen Lagen – etwa in dem Teil, den ich etwas großspurig „Japan-Garten“ nennen. Wegen des Fächer-Ahorns, der klein bleibenden Rhododendren oder fernöstlichen Gräser wie immergrüne Japanseggen (Carex morrowii) oder das elegante Waldgras (H. hakonechloa).
Ich denke da konkret an eine japanische Kopfeibe. Cephalotaxus harringtonia heißt das Objekt meiner späten Begierde, benannt nach dem britischen Earl of Harrington, der sie wohl als Erster in Europa ab 1829 gepflanzt hat. Heißt auch Pflaumenweide und wächst mehr in Parks als in privaten Gärten. In einer Baumschule in Dömitz, drüben auf der anderen Elbseite, ehemalige DDR also, habe ich sie vor 15 Jahren entdeckt. Als Säulenform(C. fastigiata), leicht vasenartig im Wuchs. 20 Stück standen da, in einer Reihe. „Hübsch“, sagte Anke nur – und ging weiter, als ich ihr sie damals zeigte. Drei sind noch übrig. Mittlerweile stattliche anderthalb Meter hoch. Ich könnte mir eine zum Geburtstag wünschen. Im Frühjahr werde ich 70. Mein letztes Gehölz. Schaun mer mal.
Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth