Hamburg . Zahl der Sterbefälle pro Jahr wächst, zuständiges Personal in den Bezirken wird weniger. Kritik von CDU und Verdi.
Die Angehörigen von Verstorbenen müssen in Hamburg immer länger auf die Ausstellung von Sterbeurkunden warten. Diese werden etwa für die Beantragung von Hinterbliebenenrenten, für Erbregelungen oder geschäftliche Angelegenheiten benötigt, etwa für die Aufhebung von Verträgen.
In einigen Bezirken hat sich die Wartezeit auf Sterbeurkunden zuletzt fast vervierfacht. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten und Sprechers für Bezirksangelegenheiten, Jens Wolf, hervor.
Bearbeitungsstaus in einigen Ämtern
Besonders lange Wartezeiten gibt es demnach in Altona und Hamburg-Nord. Mussten Hinterbliebene im Jahr 2015 in Altona noch durchschnittlich drei Tage auf die Ausstellung von Sterbeurkunden warten, so waren es im November bereits durchschnittlich elf Tage. In Hamburg-Nord stieg die durchschnittliche Wartezeit im selben Zeitraum von 1,5 auf 5,5 Tage.
Zudem gibt es offenbar in einigen Ämtern größere Bearbeitungsstaus. Laut Senatsantworten warteten Hinterbliebene Anfang Dezember 2017 in Hamburg-Nord in 184 Fällen auf Sterbeurkunden, in Wandsbek waren es 120, in Altona 80 und in Harburg 70. Deutlich entspannter war die Lage in Eimsbüttel mit 20 Fällen und in Mitte mit nur zehn.
Kritik von der Opposition
Für die CDU ist der Anstieg der Wartezeiten nicht hinnehmbar. „Der Verlust eines geliebten Menschen ist schlimm genug“, so CDU-Mann Wolf. „Da muss der staatliche Service funktionieren, schnellstens eine Sterbeurkunde zu erhalten. Bei wachsender Bevölkerung kommt es zwangsläufig zu mehr Todesfällen. Das ist bei der Personalausstattung zu berücksichtigen.“
Tatsächlich ist die Zahl der Sterbefälle in Hamburg im zuletzt vollständig erfassten Jahr 2016 auf den höchsten Stand seit 2004 gestiegen. 17.564 Hamburger starben im Verlaufe des vorvergangenen Jahres. Im Jahr 2015 waren es noch 16.780.
Für das Jahr 2017 zeichnet sich ein weiterer Anstieg ab. Von Januar bis Oktober starben im vergangenen Jahr 14.201 Hamburgerinnen und Hamburger. Im selben Zeitraum 2016 wares es noch 13.997. Interessanter Nebenaspekt der Sterbestatistik: Nach allen seit 1999 erfassten Daten starben die mit Abstand meisten Hamburger jeweils im Dezember eines Jahres.
„Der Senat muss endlich umsteuern“
Obwohl die Zahl der Sterbefälle also ansteigt, sind nicht etwa mehr, sondern sogar weniger Mitarbeiter in den Bezirken für die Bearbeitung von Sterbeurkunden zuständig. Standen Ende Juni 2014 noch 13,87 sogenannte Vollzeitäquivalente (also rechnerisch volle, besetzte Stellen) für die Bearbeitung der Urkunden zur Verfügung, waren es Ende November 2017 nur noch 12,87 – also eine Stelle weniger.
Für die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sind die Probleme bei der Ausstellung von Sterbeurkunden symptomatisch dafür, dass die städtische Verwaltung sich trotz des Wachstums der Stadt nicht ausreichend mit zusätzlichem Personal versorge.
„Hamburg wächst, aber die Ausstattung der Verwaltung wächst nicht angemessen mit“, sagte Sieglinde Frieß, Verdi-Fachbereichsleiterin Bund, Länder und Gemeinden. „Es gibt immer mehr Einwohnerinnen und Einwohnerinnen und daher auch mehr Arbeit für die Beschäftigten in den Bezirken. Außerdem sind etwa durch die Flüchtlinge zahlreiche Aufgaben hinzugekommen. Aber anstatt die Bezirke wegen des Bevölkerungswachstums grundsätzlich besser auszustatten, leiden viele Bereiche unter den Sparvorgaben der vergangenen Jahre.“
Nur dort, wo es offene Proteste gegeben habe, sei wurde nachjustiert worden – etwa bei den Kundenzentren oder dem ASD, so Frieß. „Alle anderen arbeiten hart an der Grenze des Zumutbaren. Das trifft auch die Bürgerinnen und Bürger, etwa bei der Ausstellung von Urkunden durch die Standesämter, bei der Grundsicherung oder auch bei der Hilfe für Wohnungslose. Der Senat muss endlich grundsätzlich umsteuern – und die Verwaltung so mit Mitteln und Personal zu verstärken, wie es das Wachstum und die Aufgaben der Stadt erfordern.“ Geld sei genug da, wie die Steigerungen der Einnahmen zeigten.
Behörde sieht kein Problem
Die für die Bezirke zuständige Finanzbehörde sieht das anders. „Die Bearbeitungszeiten im Zuge der Erstellung von Sterbeurkunden sind im Durchschnitt relativ kurz, in Hamburg-Mitte zum Beispiel beträgt sie 1,5 Tage“, sagt Finanzbehördensprecher Christopher Harms. „Längere Bearbeitungszeiten im Einzelfall ergeben sich mitunter aufgrund von fehlenden Angaben oder Nachweisen. Die Personalausstattung der Bezirksämter ist insgesamt ausreichend.“
Das Bezirksamt Altona, das den Negativrekord bei der Bearbeitungsdauer der Sterbeurkunden hält, hat dafür eine einfache, für die Betroffenen gleichwohl wenig hilfreiche Erklärung: Es habe leider „personelle Engpässe durch Krankheit und Stellenwechsel“ gegeben.