Hamburg. Die Volksinitiative fordert hohe Mehrausgaben. Der Senat rechnet mit 350 Millionen Euro – und zieht womöglich vor das höchste Gericht.

Die rot-grüne Senatskoalition geht auf Konfrontationskurs zur Volksinitiative „Mehr Hände für Hamburger Kitas“, die seit Anfang November Unterschriften für eine deutlich verbesserte Kita-Betreuung sammelt. „Wenn die nicht beidrehen, ist das ein Fall für das Verfassungsgericht“, sagte Grünen-Bürgerschaftsfraktionschef Anjes Tjarks in einem Gespräch mit Journalisten.

Wie berichtet, rechnet der Senat mit dauerhaften Mehrausgaben in Höhe von rund 350 Millionen Euro, wenn die Forderungen der Kita-Initiative umgesetzt werden würden. „Das ist ganz klar ein massiver Eingriff in den öffentlichen Haushalt“, so Tjarks. Laut Volksgesetzgebung gilt für Volksinitiativen ein Haushaltsvorbehalt. Das heißt, die Haushaltspläne, die die Bürgerschaft beschließt, dürfen nicht durch eine Volksinitiative verändert werden.

Andererseits: Kaum eine Volksinitiative erhebt Forderungen, die nicht auch Geld kosten. „Was bedeutet der Haushaltsvorbehalt konkret?“, fragt auch Tjarks. SPD und Grüne hoffen, dass sich das Verfassungsgericht auch grundsätzlich und generell zur Finanzierungsfrage äußert, wenn es die Verfassungsmäßigkeit der Kita-Initiative verhandelt.

50 Millionen Euro für bessere Inklusion

Tjarks wies darauf hin, dass die Kompromisse von Rot-Grün mit zwei weiteren Volksinitiativen zu Buch schlagen: rund 50 Millionen Euro für eine bessere Inklusion an Schulen und 100 Millionen Euro für eine bessere Ausstattung des schulischen Ganztags. „Alles in allem würden wir auf Mehrausgaben in Höhe von einer halben Milliarde Euro kommen. Das ist gerade vor dem Hintergrund der Schuldenbremse für öffentliche Haushalte nicht machbar“, sagte der Grünen-Politiker.

Tjarks und SPD-Fraktionschef Andreas Dressel haben bereits Ideen entwickelt, wie die Volksgesetzgebung geändert werden könnte. „Bislang gibt es nur eine Soll-Vorschrift, dass die Initiativen einen Deckungsvorschlag für die von ihnen beabsichtigten Ausgaben vorlegen müssen“, sagte Dressel. „Man könnte in das Gesetz stattdessen eine Muss-Vorschrift einfügen.“

Doch Dressel und Tjarks wollen vorerst abwarten. „Wir werden gesetzgeberisch nicht tätig werden, bevor dass Verfassungsgericht entschieden hat“, sagte Dressel. Das kann allerdings bis in das Jahr 2019 dauern.

Dressel: "Wir legen keinen Cent drauf"

Noch ist nicht entschieden, ob der Senat das höchste Hamburger Gericht anruft, obwohl nur noch theoretisch eine Einigung mit der Kita-Initiative möglich sein dürfte. Dressel und Tjarks wiesen darauf hin, dass der Kita-Ausbau ein Schwerpunkt des Senats sei und die Betreuungsschlüssel Schritt für Schritt verbessert würden. „Wir werden bald die Milliarden-Euro-Marke für die Kitaausgaben erreichen, aber der Initiative reicht auch das nicht“, sagte Tjarks. „Wir legen keinen Cent drauf“, betonte Dressel.

Die CDU unterstützt die rot-grünen Pläne zur Änderung der Volksgesetzgebung im Prinzip. „Wir fordern eine umfassende Reform, die die Entscheidungen repräsentativer macht“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll. Aber bei einer Heraufsetzung der Quoren, die die CDU vorschlägt, machen SPD und Grüne nicht mit. „Wir werden nicht den Rückwärtsgang bei der Volksgesetzgebung einlegen“, sagte Tjarks.