Hamburg. Rot-Grün will Zahl der Ausbildungsplätze für Referendare erhöhen. Konkurrenz zu anderen Ländern wächst.

Die staatlichen Schulen sind seit Jahren ein kräftig wachsendes System: Die Zahl der Schüler an staatlichen allgemeinbildenden Schulen ist seit 2010 um knapp sieben Prozent gestiegen und die der Lehrer sogar weit überproportional um knapp 40 Prozent. Bislang ist es gelungen, genug Nachwuchslehrkräfte einzustellen – auch weil Hamburg als Stadt für Referendare und Junglehrer aus anderen Bundesländern attraktiv ist.

Doch nachdem der Lehrerbedarf auch in anderen Ländern wegen steigender Schülerzahlen anwächst, kann es künftig zu Engpässen kommen. Um einem solchen Trend vorzubeugen, will die rot-grüne Senatskoalition die Ausbildungskapazitäten für Referendare am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI) erhöhen. Laut einem Antrag von SPD und Grünen, der zur Sitzung der Bürgerschaft am 17. Januar eingebracht wird, soll die Zahl der Plätze für Referendare von derzeit 550 in drei Schritten um insgesamt 135 erhöht werden. Dafür soll der Haushalt 2019/20 entsprechend aufgestockt werden.

Längere Schulbesuchszeiten

„Nach Auskunft der Behörde für Schule und Berufsbildung wäre ein Aufwachsen von 135 Ausbildungs­plätzen vom 1. Februar 2019 an im Vorbereitungsdienst (Referendariat, die Red.) sinnvoll und erforderlich, um in Hamburg perspektivisch eine ausreichende Lehrkräfteversorgung zu erzielen“, heißt es in dem Antrag, der dem Abendblatt vorliegt. Da die Ausbildung der Lehrerreferendare 18 Monate dauert, werden schon jetzt zeitgleich rund 850 Nachwuchspädagogen geschult.

Seit 2010 ist die Zahl der Schüler an den staatlichen allgemeinbildenden Schulen um rund 12.000 auf 176.630 (Stand: August 2017) angewachsen. Verantwortlich für den Anstieg sind die längeren Schulbesuchszeiten der Schüler, besonders die Zunahme der Zahl der Abiturienten, sowie die Zuwanderung durch Flüchtlinge.

Gestiegene Schülerzahlen

Gegenüber 2011 hat sich die Zahl der Lehrerstellen allein an staatlichen Schulen um 4571 auf 16.311 erhöht. Der Mehrbedarf entstand außer durch die gestiegenen Schülerzahlen und die längeren Schulzeiten unter anderem durch die Verkleinerung der Klassen, die Förderung der Stadtteilschulen und die Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf an Regelschulen.

„Anders als in anderen Bundes­ländern lässt sich ein grundsätzlicher Lehrermangel in Hamburg derzeit nicht feststellen“, heißt es in dem rot-grünen Antrag. Der Arbeitgeber Schulbehörde schaffe es „noch überwiegend, seine Stellen durch in Hamburg ausgebildete Lehrkräfte sowie durch Lehrkräfte aus anderen Ländern bedarfsgerecht abzudecken“. In den kommenden Jahren werde sich aber „bundesweit der Wettbewerb zwischen den Bundesländern um die Gewinnung qualifizierter Nachwuchskräfte insbesondere für die allgemeinbildenden Schulen noch weiter verstärken“, heißt es weiter.

Zuwachs von 300.000 Schülern bis 2025

Bundesweit ist die Zahl der Schüler 2017 zum ersten Mal seit 2000 wieder gestiegen. Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung werden der Geburtenanstieg und die Entwicklung der Zuwanderung zu einem Zuwachs von 300.000 Schülern bis 2025 führen. Dieser Wert liegt deutlich über der bislang letzten Prognose der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2013, die von einem Rückgang der Schülerzahlen um 1,6 Millionen ausgegangen war.

„Um möglichen Engpässen entgegenzuwirken, sind mehr Kapazitäten bei der Referendariatsausbildung deshalb ein wichtiger Baustein“, sagte Barbara Duden, schulpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion. „Wir freuen uns, mit dieser Maßnahme dafür zu sorgen, dass noch mehr junge Leute ihren Berufsstart als Lehrerin oder Lehrer in Hamburg haben.“

Referendare unterrichten während Ausbildung

Auch die Grünen-Schulpolitikerin Stefanie von Berg sieht die Ausweitung der Kapazitäten als erforderlich an. „Der Lehrerberuf ist einer der komplexesten, zugleich aber auch schönsten Berufe der Welt. Wir wollen mit unserem Antrag auf Ausweitung der Referenda­riatsplätze bewirken, dass wir noch mehr jungen Menschen in unserer schönen Stadt den Weg in diesen tollen Beruf ermöglichen“, sagte die Bürgerschaftsabgeordnete.

„Wir handeln mit Weitblick und wollen einer Mangelsituation verantwortungsvoll und aktiv vorbeugen“, sagte von Berg. Durch eine nochmalige Erhöhung der konstant hohen Zahlen in der Lehrerausbildung sichere die Senatskoalition der Stadt auch weiterhin „voll qualifizierte Lehrkräfte“. Nach dem Willen der Regierungsfraktionen sollen die zusätzlichen Plätze bedarfsgerecht auf die Schulformen verteilt werden. Der Lehrernachwuchs steht den Schulen schon während der Ausbildung zur Verfügung. Im Rahmen des sogenannten bedarfsdeckenden Unterrichts müssen Referendare an ihrer Schule zehn Unterrichtsstunden pro Woche eigenverantwortlich geben.