Hamburg. Die Hamburger Reederei baut zwei neue Expeditionsschiffe. Samt Gourmetrestaurants, Fitness-Studios und Wellness-Bereichen.

Der Kreuzfahrtmarkt boomt. Vielen Passagieren reicht es aber nicht mehr, rund um die Kanaren oder Antillen geschippert zu werden. Sie wollen dahin, wo Kreuzfahrtreisen normalerweise nicht Station machen – in die entlegensten Ecken der Erde. Superreiche lassen sich dazu neuerdings eigene Yachten bauen, so genannte Explorer Vessels, die beispielsweise mit verstärktem Rumpf Fahrten in polare Gewässer ermöglichen. Aber auch Expeditionskreuzfahrten für Pauschalurlauber erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Mit weitem Abstand Marktführer solcher Reisen im deutschsprachigen Raum ist die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd Cruises, die hier jahrzehntelange Erfahrung vorweisen kann – und nun auf die starke Nachfrage reagiert. Die Reederei lässt derzeit zwei neue Schiffe für Expeditionskreuzfahrten bauen, die beide 2019 in See stechen sollen.

Hapag-Lloyd hat nur wenige Schiffe – dafür aber luxuriöse

Mit gerade einmal vier Schiffen ist Hapag-Lloyd Cruises eine kleine Reederei. Sie hat aber ein Alleinstellungsmerkmal, das weltweit seinesgleichen sucht: Mit der „Europa“ und der „Europa 2“ verfügt das Tochterunternehmen des TUI-Konzerns über die einzigen Schiffe, die nach dem Berlitz Cruise Guide den Standard Fünf-Sterne-Plus erfüllen – das ist das obere Ende der Luxus-Skala.

Die Strategie des Unternehmens, nur auf Luxus- und Expeditionskreuzfahrten zu setzen, hat sich offenbar bewährt. „Wir haben im vergangenen Jahr betriebswirtschaftlich das beste Ergebnis unserer Geschichte eingefahren“, sagt der HL-Cruises-Geschäftsführer Karl J. Pojer. Nach Aussagen von TUI hat allein die Kreuzfahrt-sparte im vergangenen Jahr den bereinigten Gewinn (Ebita) gegenüber dem Vorjahr um 33,9 Prozent auf 255,6 Millionen Euro steigern können.

„Wir sind klar auf Wachstumskurs. Die Nachfrage nach Expeditionskreuzfahrten ist derzeit dreimal so groß wie das Buchungsangebot auf dem Markt“, sagt Pojer, der zur Vorstellung der neuen Schiffe stilgerecht mit einem Zodiac-Schlauchboot den Mittelkanal zum Reederei-Hauptquartier in Hammerbrook hinaufgeschippert kam. Denn die „Hanseatic nature“ und die „Hanseatic inspiration“ wie die beiden Neuzugänge der Flotte heißen, werden Orte anlaufen in denen es keine Häfen mehr gibt, um die Passagiere an Land zu lassen.

Mit dem Schlauchboot auf Landgang bei der Antarktis-Kreuzfahrt

Stattdessen verfügen die beiden Schiffe über jeweils 17 Zodiacs, mit denen die Kreuzfahrtpassagiere Ausflüge in den Sümpfen des Amazonas, den Fjorden Chiles oder in der Antarktis unternehmen können. Begleitet werden sie dabei von erfahrenen Biologen, Geologen, Historikern, Glaziologen und anderen Experten, die ihnen die Naturwunder erklären. Wer sich dann noch weiterbilden will, kann das an Bord bei Vorträgen im HanseAtrium oder in der interaktiven Datenbank der Ocean Academy tun, über die beide Neubauten verfügen werden. Und für ganz Eifrige stehen eigene Laboreinrichtungen mit Mikroskopen zur Verfügung.

Daneben sollen die Passagiere aber auch nicht auf ihren Luxus-Standard verzichten. So müssen die Schiffe nicht nur über verschiedene Gourmetrestaurants verfügen, sondern auch über großzügige Fitness-Studios und Wellness-Bereiche. Und das ist schwierig, da die Schiffe zugleich klein und wendig sein müssen, „damit wir auch dorthin fahren können, wo die meisten Schiffe schon lange beigedreht haben“, wie Pojer erklärt. „Der Anspruch ist, auf kleinstem Raum den gleichen Luxus zu bieten wie auf unseren großen Schiffen.“

Zwei komplizierte Neubauten für Extremreisen

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, handelt es sich bei der „Hanseatic nature“ und der „Hanseatic inspiration“ um komplizierte Neubauten mit ausgefeilter Technik: Um Platz zu gewinnen, haben die Schiffe beispielsweise ausfahrbare gläserne Balkons – von dort aus können die Passagiere über der Bordkante hinaus aufs Wasser schauen – oder auf vorüberziehende Eisschollen. Die beiden Schiffe werden auch über die höchste Eisklasse für Passagierschiffe (PC6) verfügen, um ausgedehnte Reisen in die Tiefe der Antarktis vorzunehmen.

Gerade einmal 138 Meter lang sind die Schiffe und können jeweils maximal 230 Passagiere mitnehmen. In die Antarktis sind es aufgrund der begrenzten Möglichkeiten zum Ausbooten sogar nur 199 Gäste.

Ein normales Kreuzfahrtschiff wäre ungeeignet fürs Eis

Zum Vergleich: Normale Kreuzfahrtschiffe sind heutzutage 350 Meter lang und können bis zu 5000 Fahrgäste beherbergen. Für Expeditionskreuzfahrten sind solche Schiffe nicht nur aufgrund ihrer Größe ungeeignet. Sie erfüllen zudem nicht die Vorschriften, die heutzutage an Schiffe für solche Extremreisen gestellt werden. Beispielsweise müssen sie über zwei getrennte Maschinenräume verfügen, um im Falle des Versagens eines Antriebs, die Passagiere dennoch sicher aus Gefahrengebieten herausbringen zu können.

„Expeditionskreuzfahrten verlangen viel Erfahrung“, sagt Pojer. Deshalb sieht er den Boom dieser Sparte nicht nur positiv. „Es besteht die Gefahr, dass Anbieter in den Markt drängen, denen die Erfahrung fehlt.“ Er sagt aber auch: „Einmalige Erlebnisse sind wahrer Luxus.“ Wer sich das leisten will, muss viel bezahlen: Eine 16-tägige Antarktisreise bietet Hapag-Lloyd Cruises auf der „Hanseatic nature“ ab November 2019 für 14.220 Euro inklusive Flug pro Person an. Dafür gibt es ein Fernglas und Nordic-Walking-Stöcke gratis.