Hamburg. Der 28-Jährige soll bei der „Welcome to Hell“-Demo am 6. Juli eine abgebrochene Flasche auf einen Polizisten geworfen haben.

Mit dem bislang härtesten Urteil in einem G20-Prozess endete am Dienstag das Verfahren gegen einen 28-Jährigen: Das Schöffengericht verhängte für den Hamburger dreieinhalb Jahre unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte Christian R. in der Nacht zum 7. Juli 2017 nach der Demonstration „Welcome to Hell“ eine Bierflasche auf dem Asphalt zerschlagen und den scharfkantigen Rest auf einen Polizeibeamten geworfen und ihn am Arm verletzt hat.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten gefordert, die Verteidigung Freispruch. Unmittelbar nach der Verkündung des Strafmaßes gab es erhebliche Proteste aus den Reihen der Zuhörer. „Buh“, „Frechheit“ und „Das steht in keinem Verhältnis“ wurde unter anderem gerufen und die Urteilsbegründung immer wieder durch Zwischenrufe gestört.

Angeklagter habe „erhebliche kriminelle Energie“ gezeigt

Bei der Tat handele es sich um ein „überaus widerwärtiges Verhalten“, sagte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Johann Krieten, in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte habe den Flaschenboden abgeschlagen, um damit „erhebliche Verletzungen hervorzurufen“. Christian R. habe mit der Tat „erhebliche kriminelle Energie“ gezeigt, unter anderem weil er vermummt gewesen sei und den Flaschenboden abgeschlagen habe. Strafschärfend sei auch zu werten, dass der 28-Jährige bereits 17-mal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, unter anderem wegen Körperverletzung und Nötigung. Die letzte Verurteilung lag zum Zeitpunkt der Tat gerade drei Monate zurück.

Zudem stand Christian R. unter laufender Bewährung. Dies waren auch Gesichtspunkte, die die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer angeführt hatte. Die Anklägerin sprach auch davon, dass der 28-Jährige die Flasche zerschlagen und „spitz gemacht“ habe. „ Er hatte den Vorsatz, Polizeibeamte zu verletzen.“

Auch das erste G20-Urteil hatte Richter Krieten gefällt

Bisher gab es in G20-Prozessen sieben Verurteilungen, bei denen Freiheitsstrafen ohne Bewährung verhängt wurden, davon drei Strafen, die deutlich über zweieinhalb Jahren lagen. Drei Jahre beziehungsweise drei Jahre und drei Monate waren die Strafen gegen zwei Männer, die jeweils wegen mehrerer Flaschen- beziehungsweise Steinwürfe verurteilt wurden und die sich zudem an Plünderungen von Geschäften beteiligt hatten.

Gleich im ersten G20-Prozess erhielt ein Angeklagter zwei Jahre und sieben Monate Haft – für zwei Flaschenwürfe. Auch dieses Urteil hatte Richter Krieten gefällt. Er hatte seinerzeit das von manchen als sehr hoch empfundene Strafmaß mit einer Gesetzverschärfung zum Schutz von Amtsträgern bei Diensthandlungen begründet und zudem betont, Polizisten seien „ weder Freiwild für die Spaßgesellschaft, noch Freiwild für erlebnisorientierte Gewalttäter“.

Verteidiger mehrere Befangenheitsanträge gegen Richter gestellt

Das jetzt beendete Verfahren hatte am 9. November begonnen. Verteidiger Matthias Wisbar hatte im Laufe des Prozesses mehrere Befangenheitsanträge gegen Richter Krieten gestellt, die alle abgelehnt wurden. Auch in seinem Plädoyer meinte Wisbar, dieser Vorsitzende sei „in seiner Entscheidung festgelegt“. Es sei die Frage, inwieweit eine Verteidigung „überhaupt sinnvoll“ sei.

Dagegen sagte Krieten, er finde es „bedauerlich“, dass er so wenig über den Angeklagten erfahren habe. Das Gericht hätte beispielsweise gern mehr darüber gehört, was Christian R. dazu bewogen hat, in einem Brief an das Gericht ein Tötungsdelikt zu gestehen, das er angeblich vor mehreren Jahren begangen habe. Zudem wäre es interessant gewesen zu hören, warum er frühere Freiheitsstrafen „bis zum letzten Tag verbüßt“ habe. „Wir hätten gern mehr erfahren. Aber er durfte ja nicht reden“, sagte Krieten an die Adresse von Verteidiger Wisbar, der seinem Mandaten mehrfach zum Schweigen geraten hatte.