Hamburg. Sie sind männlich, meist jung, größtenteils Ausländer und nach eigenen Angaben unpolitisch – und geständig. Eine vorläufige Bilanz.

25 Verurteilungen, davon sieben, bei denen keine Bewährung ausgesprochen wurde: Das ist die vorläufige Bilanz der juristischen Aufarbeitung der G-20-Krawalle. Bislang kam es in keinem der Verfahren zum Freispruch. Und bei drei Angeklagten liegt das Strafmaß deutlich über zwei Jahren. Sie gehören zu den insgesamt sieben Verdächtigen, die noch in Untersuchungshaft sitzen. Bei 26 weiteren Männern – insgesamt wurden ursprünglich 51 Männer verhaftet – laufen die Prozesse teilweise oder sind bereits terminiert, teilweise wurde noch keine Anklage erhoben.

Während des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer Anfang Juli waren mehr als 20.000 Polizisten im Einsatz. Gleichwohl hatte es schwere Krawalle gegeben. Randalierer lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei, errichteten Barrikaden, warfen Steine und Flaschen, zündeten Autos an und plünderten Geschäfte. Bislang laufen laut Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen 678 mutmaßliche Randalierer (Stand Anfang Dezember). Es wurden 63 Anklagen erhoben und 21 Strafbefehle beantragt. Ferner gibt es 115 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten.

Zufällig in die Randale­ hineingeraten

Die beiden Angeklagten, die bislang die härtesten Strafen erhalten haben, haben zwei Dinge gemeinsam: Sie sind Hamburger – und sie haben in ihren Prozessen angegeben, sie seien unpolitisch. Der eine, der nach Überzeugung des Gerichts Steine und Flaschen auf Polizeibeamte geworfen hat und zudem an der Plünderung von Geschäften beteiligt war, sagte, er sei auf dem Nachhauseweg zufällig in die Randale­ hineingeraten. Drogen und die Stimmung auf der Straße hätten ihn enthemmt. Unter anderem weil der 30-Jährige bereits vorbestraft war, nachdem er bei einer Demo in Hamburg Steine auf Polizisten geworfen hatte, verhängte das Schöffengericht gegen ihn drei Jahre und drei Monate Haft.

Die zweithöchste Strafe von drei Jahren Haft wurde gegen einen 28-Jährigen ausgesprochen, der gestanden hat, Polizisten beworfen und bei Plünderungen mitgemacht zu haben. Dieser Angeklagte, der in Altona lebt, hatte geschildert, er sei „aus Neugier“ zu einer Demonstration gegangen und dann „von einem Strom gewissermaßen mitgezogen“ worden. „Ich will nie wieder an so einem Gewaltexzess teilnehmen“, beteuerte er.

Die bisher dritthöchste Strafe, nämlich zwei Jahre und sieben Monate, erhielt ein Mann aus den Niederlanden, der angegeben hatte, er sei zum G-20-Gipfel gekommen, um seine Mitstreiter in den Camps zu bekochen. Laut Gericht ist er schuldig, aus einer Menschenmenge von rund 500 Personen heraus zwei Glasflaschen auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Zudem habe er bei seiner Festnahme Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte geleistet. Gegen sein Urteil hat der 21-Jährige Berufung eingelegt. Auch die Beschuldigten in der Mehrzahl der anderen Fälle legten Rechtsmittel ein. Erstmals kommt es heute zu einem Berufungsprozess.

Meisten Prozesse an einem Tag verhandelt

Von den 51 ursprünglich verhafteten Personen sind 19 Ausländer und 32 Deutsche, davon 19 aus Hamburg. Von den sieben Angeklagten, gegen die bislang Strafen ohne Bewährung verhängt wurden, kommen drei aus Hamburg. Die anderen vier haben die österreichische, senegalesische, ungarische und niederländische Staatsbürgerschaft. In den weiteren Verfahren erhielten die Angeklagten Bewährungsstrafen zwischen sechs und 22 Monaten. Die überwiegende Zahl der 51 Verdächtigen, gegen die ursprünglich ein Haftbefehl erlassen wurde, sind junge Männer zwischen 18 und 30 Jahren. Lediglich zwölf sind älter. Der „Senior“ unter den Beschuldigten ist ein 56-Jähriger aus Schleswig-Holstein.

Die meisten der bislang 25 abgeschlossenen Prozesse in erster Instanz wurden in einem Tag verhandelt – mit geständigen Angeklagten. Allerdings waren in vielen Fällen auch die Beweismittel unter anderem durch Video­material so stichhaltig, dass ein Leugnen zwar möglich, wohl aber wenig sinnvoll gewesen wäre. Beispielhaft dafür ist der Prozess gegen einen 28-jährigen Hamburger, von dem es reichlich Bildmaterial gibt, das ihn beim Steine­werfen und auch beim Plündern von Geschäften zeigt.

Hauptverhandlung läuft seit dem 16. Oktober

Es gibt aber auch Verfahren, die ausgesprochen streitig und über eine Vielzahl von Prozess­tagen verhandelt werden. Das gilt etwa für den Prozess gegen den Italiener Fabio V., dem unter anderem schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen wird. Laut Anklage war er am 7. Juli am Rondenbarg in einer Gruppe von 150 bis 200 vermummten Personen unterwegs, aus der heraus Steine und pyrotechnisches Gerät auf Polizeibeamte geworfen wurden. Die Hauptverhandlung läuft mittlerweile seit dem 16. Oktober. Nach zähem juristischen Ringen kam der 18-Jährige inzwischen aus der Untersuchungshaft frei.

Noch mehrere Wochen wird wohl auch der Prozess gegen einen Hamburger (27) dauern, der einen Hubschrauberpiloten geblendet haben soll und dem unter anderem versuchter gefährlicher Eingriff in den Luftverkehr vorgeworfen wird.

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