Hamburg. 2008 war Einführung des Gesetzes umstritten. Zehn Jahre später zeigt sich: Gastronomen sind zufrieden, Zahl der Raucher sinkt.
Neues Jahr, gute Vorsätze. Viele Raucher eint dabei ein Ziel: weniger Zigaretten. Unterstützung erhalten sie dabei nunmehr seit zehn Jahren durch schärfere Gesetze, denn die Möglichkeiten, im Warmen zu rauchen, sind seit Inkrafttreten des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes am 1. Januar 2008 deutlich geringer geworden.
Rauchverbot in Kneipen – vor allem in der Branche selbst war der Aufschrei vor zehn Jahren zunächst groß, denn es wurde mit Umsatzeinbußen gerechnet. Nicht ganz zu Unrecht, wie Ulrike von Albedyll, Landesgeschäftsführerin vom Hotel- und Gaststättenverband Hamburg (Dehoga) sagt. „Die Umsätze sind damals natürlich eingebrochen. Das hat sich aber alles stabilisiert.“ Inzwischen werde das Gesetz von allen angenommen – Betreibern, Besuchern, Rauchern. Beschwerden gebe es keine mehr.
Rückgang an Bürgerbeschwerden
Auch die Bezirksämter verzeichnen einen deutlichen Rückgang an Bürgerbeschwerden. Wurden 2010 noch 239 Verstöße zum Rauchen in Gaststätten gemeldet, sank die Zahl im Jahr 2015 mit nur noch 31 Beschwerden auf den niedrigsten Stand seit Einführung des Gesetzes. „Das zeigt: Das Rauchverbot in Gaststätten und öffentlichen Einrichtungen ist offensichtlich inzwischen etabliert und weitestgehend akzeptiert. Selbst im sehr ,kneipenstarken‘ Bezirk Mitte sind die Anzeigen aufgrund von Verstößen gegen das Passivraucherschutzgesetz in den vergangenen Jahren deutlich weniger geworden“, so Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde.
Auch in einer repräsentativen Befragung von 20- bis 60-Jährigen in Hamburg drei Jahre nach Einführung des Passivraucherschutzgesetzes hielten es bereits 70 Prozent der Raucher für geeignet, um die Gesundheit zu schützen. „Überwiegend bestätigen Metaanalysen die positiven Wirkungen der gesetzlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz auf die Häufigkeit der Krankenhausbehandlungen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder zum Schlaganfall“, bestätigt auch Behördensprecher Schmidt.
Umsetzung ist Ländersache
Nach wie vor gibt es jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, denn die Umsetzung des Rauchverbots ist Ländersache. Die schärfsten Nichtrauchergesetze gelten in Bayern, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland, so Siegfried Ermer, Vorstandsvorsitzender des Vereins Pro Rauchfrei, einer der größten Nichtraucher-Initiativen in Deutschland. Dort herrscht in allen Gaststätten ein grundsätzliches Rauchverbot, ohne Ausnahmen. Hamburg sollte sich daran ein Beispiel nehmen, mahnt Ermer.
Tatsächlich gelten in der Hansestadt einige Ausnahmen. So darf in Kneipen mit einer Fläche von unter 75 Quadratmetern, in denen keine Speisen zubereitet werden, weiter gequalmt werden. Ebenso darf in Restaurants in dafür vorgesehenen abgeschlossenen Bereichen geraucht werden – laut Gesetz in beiden Fällen allerdings nur ab 18. „Der Grundstein ist damit gelegt, in Hamburg muss jedoch mehr getan werden“, so Ermer.
Positive Rückmeldungen von Rauchern
Für manchen Betreiber sind jedoch genau diese Sonderregelungen Existenz sichernd. „Wir haben die Lücke genutzt, die es gab“, erzählt Mikko Gehlhaar, Gründer der alteingesessenen Kneipe Glocke in Harvestehude. Speisen werden dort nicht mehr vor Ort zubereitet, sondern von einem Catering-Unternehmen geliefert. Dadurch habe man die Umsätze halten können. Es gebe jedoch auch Nichtraucher, die gerne zu ihm kämen und die der blaue Dunst nicht störe. Würde die Möglichkeit wegfallen, hätte er allerdings Sorge um den Umsatz. „Die Regelung ist ein Segen für kleine Gaststätten“, so Gehlhaar. Warum das Rauchen im Freien keine Option ist, weiß er genau: „Die Zigarette vor der Tür schmeckt einfach nicht.“
Ob es tatsächlich Kneipen gibt, die aufgrund des Rauchverbots schließen mussten, werde statistisch nicht erfasst, so von Albedyll von der Dehoga Hamburg. Auch nicht, in wie vielen Betrieben geraucht werden darf. „Es muss nicht am Rauchverbot liegen, wenn eine Kneipe schließt“, so von Albedyll. Das könne auf verschiedene Gründe wie beispielsweise eine schlechte Führung zurückzuführen sein. Sie beobachte jedoch auch positive Veränderungen in Bezug auf das generelle Rauchverhalten. „Manch einer raucht weniger, andere gehen vor die Tür.“ Und auch Ermer bekomme positive Rückmeldungen von Rauchern, die seit Einführung des Gesetzes weniger rauchen würden.
Rauchen weniger attraktiv
Dass in Hamburg weniger Menschen zur Kippe greifen, lässt sich auch anhand des Epidemologischen Suchtsurveys von 2015 belegen. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2015 ist der Anteil der Raucher in Hamburg sowohl bei Männern als auch bei Frauen deutlich zurückgegangen. Rauchten im Jahr 2009 noch 36,4 Prozent der Männer und 29,7 Prozent der Frauen, so griffen 2015 nur noch 30,5 Prozent der Männer und 25,7 Prozent der Frauen regelmäßig zur Zigarette.
„Zu diesem Rückgang haben nach fachlicher Einschätzung auch die Rauchverbote im öffentlichen Raum beigetragen, indem sie das Rauchen weniger attraktiv machen und dadurch zum Rückgang des Tabakkonsums beitragen“, so Rico Schmidt von der Gesundheitsbehörde. Das Rauchverbot sorgt jedenfalls heute kaum noch für Diskussionen. „Menschen sind Gewohnheitstiere. Alle haben sich daran gewöhnt“, so Ulrike von Albedyll. Diese menschliche Eigenschaft dürfte auch bei so manchem Neujahrsvorsatz von Vorteil sein.