Hamburg. Im Frühjahr warf der Linken-Abgeordnete Martin Dolzer der Polizei einen „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“ vor.
Die falsche Aussage zur G20-Fahndung ist nicht der erste Fall, in dem der Linken-Abgeordnete Martin Dolzer für Empörung sorgt. Nachdem ein Polizeibeamter bei der Festnahme eines 33-Jährigen am 1. Februar 2017 in St. Georg auf einen Mann aus Ghana geschossen und ihn verletzt hatte, sagte Dolzer der „Tageszeitung“: Es dränge sich nach allen Zeugenschilderungen der Eindruck auf, dass der Polizist nicht in Notwehr handelte, es sich sogar um einen „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“ handeln könnte.
Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hatte den Bürgerschaftsabgeordneten daraufhin wegen übler Nachrede angezeigt. Dolzer selbst fühlte sich nach eigenen Angaben von der „Tageszeitung“ falsch zitiert. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft vom gestrigen Mittwoch läuft das vom Polizeipräsidenten angestrengte Verfahren derzeit noch.
Fraktionschefinnen gingen auf Distanz
Nach einem „Bild“-Bericht soll Dolzer zudem versucht haben, den damals unter polizeilicher Bewachung stehenden Ghanaer im Krankenhaus zu besuchen – und dabei gegenüber den Polizeibeamten behauptet haben, er habe dafür eine Genehmigung des Kriminaldauerdienstes. Diese habe es aber in Wahrheit nicht gegeben, so der Bericht.
Die Linken-Fraktionschefinnen Sabine Boeddinghaus und Cansu Özdemir gingen in der Bürgerschaft damals auf Distanz zu Dolzer. „Anhaltspunkte für einen ,rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch‘ können wir nicht erkennen“, so die beiden. Trotz dieser Vorfälle nominierte die Linke Dolzer im Frühjahr als Direktkandidaten für die Bundestagswahl im September.
Dolzer gilt als eigensinnig
Der in Kiel geborene Diplom-Sozialwirt gilt auch in der Linksfraktion als eigensinnig. Moderateren Linken gelten einige seiner Positionen als extrem. Seine Kritiker werfen ihm vor, ein Schwarz-Weiß-Bild der Wirklichkeit zu pflegen und sich auch von Fakten nicht immer beeindrucken zu lassen. Dazu passt es, dass Dolzer trotz des Dementis des Gerichtssprechers auch am Mittwoch seine Äußerungen nicht zurücknahm oder relativierte (siehe Artikel links).
Auch der Wahl Dolzers zum Direktkandidaten in Mitte gingen interne Turbulenzen voraus. Seine Gegner in der Partei gaben an, er sei nach dem Vorfall in St. Georg nicht länger tragbar – seine Unterstützer argumentierten dagegen, er sei lediglich falsch wiedergegeben worden und habe bloß sein Mandat ausgeübt. Schließlich wurde Dolzer mit drei Stimmen Vorsprung gewählt, errang bei der Wahl aber kein Mandat. Nach dem G-20-Gipfel sprach Dolzer angesichts der großen Polizeipräsenz von einem „Manöver zur Bekämpfung von Protest“.