Hamburg. Die Hamburger Geldinstitute sind sich einig: Wer sein Geld gewinnbringend anlegen will, kommt auch 2018 an Aktien nicht vorbei.
Das sechste Jahr in Folge konnten Anleger 2017 mit dem Deutschen Aktienindex (DAX) Gewinne verbuchen. Während Sparer sich mit Minizinsen abfinden müssen, stiegen die Kurse der im deutschen Leitindex notierten Aktien um rund 14 Prozent. Doch nur eine Minderheit profitiert davon, denn nur etwas mehr als jeder achte Bundesbürger (14 Prozent) besitzt direkt oder indirekt über Investmentfonds Aktien. Wie aber sind die Aussichten für das nächste Jahr? Lohnt sich auf dem derzeit so hohen Kursniveau noch ein Einstieg? Welche Branchen sind aussichtsreich? Das Abendblatt sprach für den zweiten Teil der Serie zur Geldanlage 2018 mit den Experten der in Hamburg ansässigen Banken und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Sind Aktien 2018 eine aussichtsreiche Anlage?
Die Experten sind sich einig. An der Aktie führt auch 2018 kein Weg vorbei, wenn man die Chance auf eine angemessene Rendite nutzen möchte. „Die Dividendenpapiere bleiben im Jahr 2018 die attraktivste Anlageklasse“, sagt Carsten Klude vom Hamburger Bankhaus M.M. Warburg & CO. Er rechnet mit einem Gewinnanstieg bei den börsennotierten Firmen um zehn Prozent. „Auch ohne höhere Bewertungen der Aktien sind so spürbare Kursanstiege möglich“, so Klude. „Aktien sind nach wie vor deutlich attraktiver als Anleihen“, sagt Bernd Schimmer von der Hamburger Sparkasse. „Erst im vergangenen Jahr hat die Anlegerstimmung von Pessimismus auf Optimismus gewechselt“, sagt Dirk Wehmhöner von der Berenberg Bank. „Euphorie herrscht noch nicht vor, das ist eine gute Voraussetzung für 2018.“
Teil 1: Immobilien – lohnt sich das noch?
Welche Faktoren schaffen ein positives Umfeld für Aktien?
„In einer Zeit der Nullzinsen und hoher Immobilienpreise scheinen Aktien für viele Investoren alternativlos“, sagt Thomas Welling, Vorstand der Schröder-Bank. Auch die günstige Konjunkturentwicklung und die niedrige Inflation sprechen für Aktien. „Wir haben den besonderen Umstand, dass die Wirtschaft sehr gut läuft und dennoch Inflation und Zinsen niedrig bleiben“, sagt Bernd Schimmer. „So rechnen wir für die Euro-Zone und die USA mit Inflationsraten zwischen 1,5 und zwei Prozent.“ Noch bis Ende September dieses Jahres kauft die Europäische Zentralbank (EZB) jeden Monat Staats- und Firmenanleihen im Volumen von einer Milliarde Euro auf. Auch danach wird dieses Konjunktur- und Zinssenkungsprogramm nicht abrupt enden, haben die Währungshüter erklärt. Für die Weltwirtschaft wird im nächsten Jahr ein Wachstum von 3,7 Prozent erwartet. „Insbesondere deutsche Unternehmen profitieren von der global sehr dynamischen konjunkturellen Entwicklung“, sagt Carsten Mumm von der Privatbank Donner & Reuschel.
Wie hoch wird der DAX noch steigen?
Die meisten Experten erwarten zum Jahresende einen DAX-Stand zwischen 14.000 und 14.500 Punkten (siehe Grafik). Das wäre ein erneutes Kursplus von bis zu elf Prozent, verglichen mit dem aktuellen Stand (13.050). Am zuversichtlichsten sind die Bankhäuser Warburg und Donner & Reuschel mit jeweils 14.500 Punkten. Die Schröder-Bank erwartet im Jahresverlauf eine Bandbreite zwischen 12.000 und 14.000 Punkten und am Jahresende 13.750 Punkte. Auch Hamburgs kleinste Privatbank, Goyer & Göppel, rechnet mit DAX-Ständen bis zu 14.000 Punkten. „Wir erwarten aber in der zweiten Jahreshälfte stärkere Korrekturen“, sagen Frank und Björn Göppel, persönlich haftende Gesellschafter der 1924 gegründeten Bank. „Deshalb lautet unsere Prognose für Ende 2018 nur 12.800 Punkte.“
Welche Risiken könnten die optimistischen Prognosen verhageln?
Das größte Risiko wäre ein überraschender Anstieg der Inflation. Für die USA werden im kommenden Jahr drei Leitzinserhöhungen erwartet, denn dort hat die Notenbank den Kurs des billigen Geldes wieder verlassen. Steigende Zinsen beeinträchtigen aber den Aktienmarkt. Und: Wenn es in den USA an der Börse nicht gut läuft, bleibt auch Europa davon nicht unbeeinflusst. Neue Impulse für den US-Aktienmarkt werden aber durch die kürzlich verabschiedete Steuerreform der Regierung von Präsident Donald Trump erwartet, die vor allem die Steuerlast für Unternehmen deutlich senkt. Auch in der Weltpolitik drohen Gefahrenherde mit den Konflikten zwischen Nordkorea und den USA sowie zwischen Saudi-Arabien und Iran. Dennoch rät Bernd Schimmer von der Haspa zu Gelassenheit: „Risiken gibt es immer, die sind Bestandteil des Weltgeschehens. Wenn man nur darauf blickt, hätte man in den letzten 30 Jahren überhaupt nicht investieren dürfen.“
Welche Branchen und Aktien sind 2018 besonders aussichtsreich?
Aufgrund der dynamischen Konjunkturentwicklung haben zyklische Branchen wie Maschinenbau oder Chemie-Industrie gute Aussichten, urteilt Donner & Reuschel. Von steigenden Zinsen bei lang laufenden Anleihen würden Banken und Versicherungen profitieren, erwartet die Haspa. Viele Experten sehen in Technologieaktien ein großes Potenzial, die vorrangig in den USA und Asien zu finden sind. „Mit der Digitalisierung werden neue Märkte erschaffen wie durch Facebook und den Google-Mutterkonzern Alphabet. Oder es werden etablierte Branchen wie der Einzelhandel disruptiv umgekrempelt“, sagt Carsten Mumm von Donner & Reuschel. Goyer & Göppel hält die Aktien von Samsung und Alphabet für attraktiv. „Viele US-Technologiefirmen sind Weltmarktführer auf ihrem Gebiet und daher in der Lage, hohe Margen durchzusetzen“, sagt Carsten Klude vom Bankhaus Warburg. Die Schröder-Bank verweist vor allen auf steigende Dividenden bei Unternehmen wie Infineon und SAP, die von der fortschreitenden Digitalisierung profitieren. Beim Anbieter von Dialyseprodukten Fresenius steigt die Dividende voraussichtlich um zehn Prozent. Auch die Pharma-Aktien Roche und Merck hält die Schröder- Bank für aussichtsreich.
Was muss ich beachten, wenn ich in Aktien investieren will?
„Ein Anlagezeitraum von drei bis fünf Jahren ist das Mindeste“, sagt Bernd Schimmer von der Haspa. In einem ausgewogenen Depot und bei mittlerer Risikobereitschaft des Anlegers rät er zu einem Aktienanteil von 40 Prozent. Niemals aber sollte man sein gesamtes frei verfügbares Geld in den Aktienmarkt investieren. „Zwei bis drei Nettomonatsgehälter sollten für unvorhergesehene Ausgaben auf dem Tagesgeldkonto verbleiben“, sagt Doris Kappes von der Verbraucherzentrale Hamburg. Für Aktienanfänger eignen sich vor allen Sparpläne, mit denen monatlich in Aktien investiert wird. So lassen sich die Schwankungen der Börse besser ausgleichen. Umgesetzt werden kann das mit ganz speziellen Fonds, den sogenannten ETFs. Diese Exchange Traded Funds, also börsengehandelte Fonds, bilden einzelne Aktienindizes ab, etwa den DAX oder den Weltaktienindex MSCI World. Schon mit nur einem Fondsanteil hat man also anteilsmäßig sehr viele unterschiedliche Aktien erworben und damit eine breite Risikostreuung. Die Fonds entwickeln sich so wie die Börsenindizes, die sie abbilden – in guten wie in schlechten Börsenzeiten.
Werden sichere Staats- und Unternehmensanleihen für Privatanleger wieder interessant?
Hier antworten fast alle Experten mit einem klaren Nein. Die Berenberg Bank und Donner & Reuschel erwarten zwar den stärksten Anstieg bei der Rendite zehnjähriger Bundesanleihen auf bis zu 1,25 Prozent. Gemessen am aktuellen Renditeniveau wäre das fast eine Vervierfachung, – läge aber immer noch deutlich unter der Inflationsrate von 1,80 Prozent. Wer die Anleihen dann noch bis zur Fälligkeit halten will, dem drohen bei einem Zinsanstieg in den kommenden Jahren hohe Kursverluste. „Aber auch amerikanische oder britische Staatsanleihen sind für Anleger keine lukrativen Alternativen“, sagt Dirk Wehmhöner von der Berenberg Bank. Da man aber nicht sein gesamtes Geld in Aktien anlegen sollte, rät das Bankhaus Goyer & Göppel zu kurzfristigen sicheren Anleihen. „Aber dafür muss man auch in 2018 noch auf Zinsen verzichten“, sagen Frank und Björn Göppel. Eine Alternative können Tages- und Festgelder sein. Doch auch dafür gibt es derzeit kaum noch Zinsen.