Hamburg. Der Bezirk Mitte will mehr Wohnraum schaffen, verstärkt Familien anlocken und die Insel touristisch besser vermarkten.

Neuwerk liegt 120 Kilometer Luftlinie von der Hansestadt entfernt und ist die einzige bewohnte Insel in der südlichen Helgoländer Bucht. Trotz der Entfernung gehört das Kleinod zum Hamburger Bezirk Mitte – und der hat große Pläne für seinen kleinsten Stadtteil mit nur 32 Einwohnern: „Wir arbeiten an einem Entwicklungskonzept für Neuwerk. Die Insel soll noch attraktiver für die Bewohner und die Besucher und fit für die Zukunft gemacht werden“, sagte Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) dem Abendblatt.

Eines der zentralen Themen: Mehr Wohnraum. „Zurzeit wird geprüft, welche Flächen nachverdichtet beziehungsweise ob bestehende Bauten erweitert werden können“, sagte Droßmann. Der Grund: Der Wohnraum werde gebraucht, um den Generationenwechsel der landwirtschaftlichen Betriebe möglich zu machen. Und zwar so, „dass auch die ehemaligen Betriebsinhaber auf der Insel bleiben können, ohne dass drei oder vier Generationen unter einem Dach leben müssen“, erklärte Droßmann. „Auch für Angestellte der Betriebe wird Wohnraum außerhalb ihrer Arbeitsstätten gebraucht.“

Feuerwehr auf Insel braucht Nachwuchs

Dem Entwurf für ein Entwicklungskonzept ist außerdem zu entnehmen, dass „die Fortführung der Schulzeit bis einschließlich der 6. Klasse“ zurzeit geprüft wird. Denn bislang gilt, dass Kinder ab der 5. Klasse auf ein Gymnasial-Internat auf das Festland wechseln müssen. Deshalb sei es schwierig, Eltern schulpflichtiger Kinder auf der Insel zu halten. „Das muss sich ändern, denn Neuwerk braucht Familien“, sagte Droßmann.

Dass auf Neuwerk kaum noch Familien leben, macht sich auch bei der Feuerwehr bemerkbar. Die beklagt mangelnden Nachwuchs, deshalb mussten manche Aufgaben im Bereich des Gebäudemanagements des Feuerwehrhauses bereits von der Hamburg Port Authority (HPA) übernommen werden. Handlungsbedarf sieht auch Mittes Grünen-Fraktionschef Michael Osterburg: „Neuwerk ist eine tolle, grüne Insel mit vielfältiger Tierwelt. Wir sind froh, dass nun ein Konzept erarbeitet wird, das die Bedürfnisse der Bewohnern und den Schutz des Naturschutzgebietes in Einklang bringt.“

120.000 Touristen pro Jahr

Die rund drei Quadratkilometer große Insel wird von rund 120.000 Touristen pro Jahr besucht, die meisten kommen nur für einen Tagesausflug. Hier will Droßmann mehr „Professionalität“. „Wir brauchen für Neuwerk ein eigenes abgestimmtes Tourismuskonzept, denn die Insel hat sehr viel Potenzial“, sagte er. „Das muss sowohl den Hamburgern, als auch den Gästen aus dem In- und Ausland noch mehr vor Augen geführt werden.“

Dabei setzt der Bezirk auch auf die Unterstützung der Hamburg Tourismus GmbH (HHT). Natürlich sollen auch das gastronomische und das Übernachtungsangebot ausgebaut werden, so der Bezirksamtschef weiter. Aktuell stehen etwa 185 Betten in Pensionen, Appartements und Ferienwohnungen zur Verfügung. Bislang hält sich die Vermarktung allerdings in Grenzen: Die Insel werde in Printbroschüren wie beispielsweise „Überaschendes aus der Metropolregion“ oder auf der Internetseite mit einer mehrsprachigen Inhaltsseite abgebildet, so Sprecher Sascha Albertsen. Für CDU-Fraktionschef Gunter Böttcher steht deshalb fest: „Die Vermarktung durch das städtische Marketing hat da bisher fast gar nicht stattgefunden, obwohl Hamburg mit Neuwerk eine wahre Perle zu bieten hat.“

Mittes Bezirksamtsleiter
Falko Droßmann ist auch
für Neuwerk
zuständig
Mittes Bezirksamtsleiter Falko Droßmann ist auch für Neuwerk zuständig © HA | Roland Magunia

Ein weiteres wichtiges Thema für die Bewohner ist die Erreichbarkeit der Insel. „Der für Touristen reizvolle Weg durchs Watt, ob zu Fuß oder mit dem Wattwagen, stellt für die Insulaner auch in den Wintermonaten, in denen es keinen Schiffsbetrieb gibt, die Versorgung sicher. Allerdings ist der stark gestiegene Wasserstand zum Problem geworden und deshalb kann man an manchen Tagen die Insel gar nicht mehr erreichen. Hier muss nach Lösungen gesucht werden“, sagte Droßmann.

Konzept soll 2018 beschlossen werden

Mit der konkreten Umsetzung des Entwicklungskonzeptes soll möglichst zügig begonnen werden. Da die Insel komplett unter Naturschutz steht, gibt es eine enge Kooperation mit der Umweltbehörde. Beteiligt sind auch die HPA und die Bewohner Neuwerks. Wenn Einigkeit bei allen Beteiligten herrsche, soll das Entwicklungskonzept in der ersten Hälfte des kommenden Jahres zur politischen Abstimmung gebracht werden, so Droßmann.

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