Hamburg. Neues Nationalparkgesetz. Insel-Bewohner sehen darin das “i-Tüpfelchen“ vieler Beschränkungen und wollen raus aus dem Nationalpark.

Hamburg plant für seinen Teil im Nationalpark Wattenmeer rund um die Insel Neuwerk ein neues Gesetz, das besser an strengere EU- Schutzbestimmungen für solche Gebiete angepasst werden soll. Besonders ein Passus in dem Entwurf der Behörde von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) stößt jetzt vor Ort auf Protest: Die relativ junge Trendsportart Kite-Surfen soll explizit verboten werden. Auch die Modellschifffahrt und das Befahren mit "Wasserfahrzeugen aller Art" sollen künftig nicht mehr erlaubt sein. Wegen der "erheblichen Scheuchwirkung" für Vögel und Seehunde, wie es zur Begründung heißt.

Einsprüche der Neuwerker wies die Behörde zurück. "In sensiblen Bereichen kommt es mitunter dazu, dass Vögel aufgeschreckt werden, die im flachen Wasser Nahrung suchen", so ein Sprecher der Umweltbehörde. Das "eigentlich naturverträgliche" Hobby Kite-Surfen sollte daher in den speziell ausgewiesenen Gebieten entlang der Nordsee ausgeübt werden. So zum Beispiel im nahen Cuxhaven. Solche Areale seien zusammen mit den Nationalparkverwaltungen der anderen Bundesländer eigens dafür ausgewählt worden.

Inselbewohner fordern Teil-Ausgliederung aus Nationalpark

Doch diese Erklärung reicht den Bewohnern der seit Jahrhunderten schon zu Hamburg gehörenden Insel nicht aus. Zwar gibt es dort noch keinen ausgeprägten Kite-Surf-Tourismus, aber man verspreche sich von einem so "jungen Sport" viel, sagt Inselwart Volker Griebel, der so etwas wie ein Sprecher der etwa 30 Neuwerker ist, die ihr Geld mit Landwirtschaft und Tourismus verdienen.

Zudem dürfte das Kite-Surf-Verbot für die Neuwerker auch so etwas wie ein Symbol für ihr Leben in einem Hamburger Nationalpark sein. "Es ist jetzt das I-Tüpfelchen zusätzlich zu den vielen Beschränkungen mit denen wir leben müssen", sagt Griebel. So beklagen die Neuwerker schon lange, dass sie unter besonders strengen Bauauflagen zu leiden hätten. Der innere, bewohnte Teil der Insel müsse deshalb aus dem Nationalpark entlassen werden, fordert Griebel, der jetzt am Donnerstag eigens zu einer Umweltausschuss-Sitzung nach Hamburg gereist war, bei der das Thema behandelt wurde.

Anwalt der Neuwerker sieht juristische Lücke

Keine andere bewohnte Insel im Wattenmeer liege mit ihren besiedelten Flächen innerhalb von Parkgrenzen, sagt Inselwart Griebel. Nur im Hamburger Teil sei es eben anderes. Ähnlich bewertet er die Sache mit dem Kite-Surfen. Überall an der Nordseeküste gebe es dafür ausgewiesene Areale, "nur die Hamburger müssen da wieder vorpreschen und es in ihrem Teil ganz verbieten", sagt Griebel.

Um die strengeren Auflagen abwenden zu können, haben die Neuwerker nun einen Anwalt eingeschaltet. Und der habe auch schon eine juristische Lücke in dem Gesetzes-Entwurf gefunden: So könne Hamburg das Befahren des Wattenmeeres gar nicht untersagen, weil es sich bei dem Gewässer um eine Bundeswasserstraße handele und diese nicht in der Zuständigkeit Hamburgs liege. Doch auch das sieht die Stadt anders und argumentiert, dass die Vorlandflächen bei mittleren Hochwasser sehr wohl Gewässer, aber keine Bundeswassertraße darstellten.

Auch der Umweltausschuss der Bürgerschaft folgte jetzt mehrheitlich den Argumenten der Umweltbehörde und stimmte dem Gesetzesentwurf zu. Am 15. Februar wird daher nun voraussichtlich die Bürgerschaft das Gesetz beschließen. Wohl einschließlich des Kite-Surf-Verbotes.