Hamburg. Die Opposition kritisiert die geplante Reform der Lehrerausbildung. Diese führe langfristig zur „Einheitsschule“.
Der Streit um den richtigen Kurs in der Schulpolitik verschärft sich. Die CDU-Opposition wirft der rot-grünen Koalition vor, den noch bis 2020 gültigen Schulfrieden zwischen Union, SPD und Grünen aufzukündigen. Anlass ist das Konzept zur Reform der universitären Ausbildung der Lehrer, das Schulsenator Ties Rabe (SPD) und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) Ende November vorgestellt haben.
Ein Kernpunkt der Reform: Über das Gymnasial-Lehramtsstudium sollen künftig alle Pädagogen ausgebildet werden, die später an Gymnasien wie auch an Stadtteilschulen unterrichten. Den Vorschlag einer vom Senat eingerichteten Expertenkommission, ein eigenständiges Lehramt an Stadtteilschulen einzuführen, haben Rabe und Fegebank nicht übernommen.
Stadtteilschulen benachteiligt?
„Ein einheitliches Lehramt führt langfristig zur Einheitsschule. Das lehnen wir ab“, sagt Birgit Stöver, Vizechefin der CDU-Bürgerschaftsfraktion und bildungspolitische Sprecherin, im Gespräch mit dem Abendblatt. Das Vorgehen von Rot-Grün komme einer „Vorabaufkündigung des Schulfriedens“ gleich. Im Jahr 2010 hatten sich CDU, SPD und Grüne im Rahmen des Schulfriedens unter anderem vertraglich verpflichtet, die Schulstruktur in Hamburg bis 2020 unverändert zu lassen, um den einzelnen Schulen Zeit zur Entwicklung zu geben.
Stöver sieht durch das einheitliche Lehramt an Gymnasien die Stadtteilschulen benachteiligt. Gymnasiallehrer würden mit Blick auf das Abitur ausgebildet, was auch dem Lehrauftrag des Gymnasiums entspreche. Die Stadtteilschule biete dagegen alle drei Abschlüsse an und habe daher auch eine andere Schülerschaft. Für Schüler, die zum Beispiel den Realschulabschluss anstreben, um danach eine Berufsausbildung zu absolvieren, würden entsprechend ausgebildete Lehrer fehlen, die die Sekundarstufe I im Blick haben.
„Der mittlere Schulabschluss wird durch diese Reform abgewertet, weil suggeriert wird, dass alle Schüler das Abitur machen können“, sagt Stöver. Die CDU-Politikerin sieht die Stadtteilschulen insgesamt durch die Schaffung eines einheitlichen Lehramts abgewertet. In der Sekundarstufe I gehe es nicht zuletzt um eine gute Berufsvorbereitung. Im Zentrum stehe außerdem die Inklusionsarbeit, also der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf. „Auf beide Aufgaben werden Gymnasiallehrer nicht ausreichend im Studium vorbereitet“, sagt Stöver.
Beim Vergleich zwischen den getrennten Studiengängen der Expertenkommission sowie dem einheitlichen Lehramt von Rot-Grün zeige sich, dass der Anteil der Pädagogik bei Letzterem deutlich reduziert werden soll. Die Bedeutung des Studiums der beiden Unterrichtsfächer, die die Studierenden auch künftig wählen können, soll dagegen erheblich zunehmen. Auf die allgemein pädagogischen Aufgaben gerade in den Klassen fünf bis zehn der Stadtteilschulen würden die Absolventen des einheitlichen Lehramts nicht ausreichend vorbereitet.
Stadtteilschüler würden Schüler zweiter Klasse
„Die Vernachlässigung der Sekundarstufe I im neuen Lehramtsstudium degradiert die Stadtteilschüler zu Schülern zweiter Klasse“, kritisiert Stöver. Bezeichnend findet sie, dass das einheitliche Lehramt nur in Berlin und Bremen existiert. „Beide Bundesländer rangieren bekanntlich regelmäßig am unteren Ende des schulischen Leistungsniveaus“, sagt Stöver. Baden-Württemberg habe hingegen einen entsprechenden Vorstoß der Grünen abgelehnt. Sollte das einheitliche Lehramt in Hamburg eingeführt werden, werde der Wechsel in andere Länder für Lehrer schwieriger.
„Wir brauchen ein Lehramt für die Sekundarstufe I, um dem Bildungsauftrag der Stadtteilschulen gerecht zu werden“, sagt Stöver. Die CDU fordert zudem die Einführung der äußeren Differenzierung, also des nach Leistungsvermögen getrennten Unterrichts der Schüler mindestens in den Hauptfächern von Klasse sieben an. „Diese notwendigen Strukturveränderungen wurden aus falsch verstandener Ideologie nicht eingeleitet“, sagt Stöver.