Hamburg. Im Streit verlässt der Chef-Dirigent das NDR Elbphilharmonie Orchester schon 2018. Das sagt der NDR.

Thomas Hengelbrock, Chef-Dirigent des NDR Elbphilharmonie Orchesters, schmeißt hin und verlässt das Orchester bereits im Sommer 2018 statt wie ursprünglich geplant erst 2019. Das hatte Hengelbrock der „Welt am Sonntag“ am Wochenende bestätigt. Hintergrund ist offenbar die Regelung seiner Nachfolge.

Mitte Juni hatte der NDR bekanntgegeben, dass Hengelbrock seinen Posten 2019 verlässt. Er habe den NDR damals frühzeitig darüber informiert, dass er seinen Vertrag nicht noch ein weiteres Mal verlängern werde, sagte Hengelbrock der Zeitung. Wenige Tage nach der Bekanntgabe des Vertragsendes hatte der NDR dann den amerikanischen Dirigenten Alan Gilbert als Nachfolger vorgestellt.

NDR äußert sich zur Nachfolger-Benennung

Das hat Hengelbrock offenbar tief erzürnt. Der „Welt am Sonntag“ sagte er: „Sehr unerfreulich war dann das Vorgehen des NDR, unmittelbar nach der öffentlichen Ankündigung dieses Schrittes, meinen Nachfolger zu benennen und noch in derselben Woche, in der ich zehn Konzerte zu dirigieren hatte, vorzustellen.“ Das habe nach außen einen ganz falschen Zungenschlag in diese Sache gebracht. Auf die Frage, ob dies der Grund sei, warum er den Vertrag nun vorzeitig beenden werde, sagte Hengelbrock: „Ja, so ist es.“

Der Norddeutsche Rundfunk erklärte zu dem früheren Abgang: Thomas Hengelbrock habe den NDR Anfang September gebeten, ihn schon zum Ende der Saison 2017/18 von seiner Position zu entbinden. Diesem Wunsch habe der NDR entsprochen. Zu den Vorwürfen, man habe so schnell einen Nachfolger präsentiert, sagte Achim Dobschall, Leiter des Bereichs Orchester, Chor und Konzerte: „Um für das Orchester eine künstlerische Arbeit auf hohem Niveau gewährleisten zu können, war es notwendig, die Planung für die Saison 2019/20 bereits bis zum Sommer dieses Jahres mit dem neuen Chefdirigenten festzulegen. Deshalb erfolgte die Berufung von Alan Gilbert Ende Juni.“

Hengelbrock spricht auch zur Aufführungspraxis

An Stelle von Thomas Hengelbrock wird nun nach NDR-Angaben in der kommenden Saison der designierte Chefdirigent Alan Gilbert bereits zwei wichtige Konzertprojekte leiten. Neben ihm werde Gastdirigent Krzysztof Urbanski mit mehreren Programmen die Spielzeit prägen.

Hengelbrock äußerte sich in dem Interview auch zur Aufführungspraxis, teils mit barocken Instrumenten: „Es gab natürlich Situationen, in denen ich mich sehr weit von dem entfernen musste, was ich mir eigentlich vorgestellt hatte.“ Und auch die Musikerinnen und Musiker hätten sich manchmal von dem entfernen müssen, was sie schön fanden. Zum Orchester selbst meinte er: „Das NDR Elbphilharmonie Orchester hat nie als ein einfaches Orchester gegolten. Die durchschnittliche Verweildauer der Chefdirigenten hier (...) waren dreieinhalb bis vier Jahre. Wenn ich im Sommer 2018 gehe, ist das fast doppelt so lange.“

Alan Gilbert hat einen Fünf-Jahres-Vertrag

Bei der Elbphilharmonie lobte er die „fantastische Architektur“ und das, was sie für die Musikstadt Hamburg darstelle. Aber die Elbphilharmonie sei als Spielstätte nicht immer einfach. „Die akustischen Verhältnisse in der Elbphilharmonie sind zwar insgesamt großartig, aber je nach Repertoire bisweilen auch kompliziert.“

Mit Hengelbrocks Nachfolger Alan Gilbert hat der NDR einen Vertrag über eine Laufzeit von fünf Jahren vereinbart. Nach acht Jahren als Dirigent des Royal Stockholm Philharmonic Orchestra wurde er 2009 als erster gebürtiger New Yorker zum Dirigenten der New Yorker Philharmoniker ernannt. Gilbert ist mit der schwedischen Cellistin Kajsa William-Olsson verheiratet. Das Paar hat drei Kinder.