Hamburg. Der weltberühmte Modedesigner zeigte in seiner Métiers-d’Art-Kollektion viel Gefühl für seine Heimatstadt.
Er war der Marathonläufer der Modewelt, ihr Tausendsassa und ihr wohl populärstes Gesicht. Karl Otto Lagerfeld, Urgestein des Pariser Chic, ist tot. Im Dezember 2017 gab er sein letztes Interview im Hamburger Abendblatt. Ein Rückblick:
Die tiefschwarze Elbe im Rücken, ein Franzbrötchen auf dem Teller, sitzt Karl Lagerfeld nach seiner Modenschau in einem Konferenzraum der Elbphilharmonie, um Journalisten zu empfangen. Sein Look – schwarzer Blazer, schwarze Krawatte, weißer Zopf, statt Sonnen- trägt er eine Lesebrille, ist tadellos wie immer. Nur älter als auf den immerfort im Instagram-Kosmos kursierenden Fotos sieht der weltberühmte Designer aus. Kein Wunder, hat man doch die Kunstfigur Lagerfeld im Kopf. Da sitzt er nun, 84-jährig, und ist doch nicht müde zu erzählen.
Hamburger Abendblatt: Die „Vogue“-Chefredakteurin Christiane Arp hat gesagt, dass dies ihre emotionalste Show war. Viele Zuschauer hatten Tränen in den Augen.
Karl Lagerfeld: Mein Gott, was soll ich das nächste Mal bloß machen?
Wie fühlen Sie sich nach einer Show, wenn alles vorbei ist?
Lagerfeld: Das ist immer schnell vorbei. Aber das Gute ist, dass alles ineinander übergeht. Da gibt es keine Grenzen.
Sie haben viel Hamburg in Ihre Kollektion hineingebracht. Ein bisschen Prinz Heinrich, die Herbertstraße war sogar dabei. Und dann kam der romantische Schluss. Dabei sind wir Hamburger ja eher nüchtern ...
Lagerfeld: Na ja, so nüchtern ja nun auch nicht. Man muss das nicht übertreiben. Was man aber der deutschen Presse vorwerfen könnte, ist, dass sie eher die negativen Seiten sieht als die positiven. Das war wie mit der dummen Geschichte über die Araber. Das war eine Metapher, die aber niemand verstanden hat.
Bilder vom roten Teppich:
Bilder vom roten Teppich: Stars folgen Lagerfelds Lockruf
Wenn Sie nach Hamburg kommen, kommt dann noch Nostalgie auf?
Lagerfeld: Na, ich bin ja öfter nach Hamburg gekommen. Die Villa Jako in Blankenese habe ich verkauft, weil ich keine Zeit hatte, sie mit Leben zu füllen. Die Stadt gehört zu meinem persönlichen Background. Sie ist wie eine Tapete in meinem Gehirn.
Die Matrosenmützen, Seesäcke, Seemannspullover. Ihre Kollektion war sehr vom Hafen inspiriert. Ist es das, was Sie an Hamburg lieben?
Lagerfeld: Ja, ich liebe die Idee. Das ist nicht, weil ich da nicht lebe. Ich bin in Deutschland geboren, und ich habe auch immer noch meinen deutschen Pass.
Und diese Idee haben Sie in Ihrer Show transportiert?
Lagerfeld: Das hoffe ich. Das ist ja keine Marketing-Operation.
Sind sie eigentlich seefest?
Lagerfeld: Ja, Gott, das kommt von der Wasserkante. Als wir die Cruise Collection auf Kuba gemacht haben, habe ich mich dort auch vom Ort inspirieren lassen. Und hier hatten wir das Glück, dass wir dieses tolle Gebäude haben. Sonst hätte ich nicht gewusst, wo ich meine Mode zeigen soll.
Steckbrief von Karl Lagerfeld
Hat sich Hamburg in Ihrem Bewusstsein ein bisschen verändert?
Lagerfeld: Man muss eher fragen: Haben sich die Hamburger verändert? Die, die ich kenne, nicht. Aber ich kenne nicht viele. Und viele, die ich kannte, sind tot.
Wann hatten Sie die Idee mit der Elbphilharmonie?
Lagerfeld: Die kam, als ich das Ding das erste Mal gesehen habe. Da habe ich gedacht: Da musst du mal was machen. Die Ausstellung über die Little Black Jacket in Berlin war nicht so ideal. Ich bin auch kein Fan von Berlin. Ich bin eben Hamburger, kein Berliner.
Die Models trugen alle einen Trauerflor über ihren Mützen ... Das hatte so etwas Melancholisches.
Lagerfeld: Ja, wie ein Nebel beinahe.
Das, was die männlichen Models zeigten, war eine Ausnahme. Sie entwerfen ja gar keine Mode für Herren.
Lagerfeld: Wissen Sie, wer die Chanel-Männersachen kauft? Das sind Rockstars aus Seoul. Die werden dann anschließend für Frauengrößen produziert. Und alles, was mein kleiner Patensohn trägt, wird ein Bestseller.
Sie haben sich ja über Kinder recht kontrovers geäußert. Die sollen erwachsen werden oder den Mund halten ...
Lagerfeld: Ja, Kinder sind wie meine Katze Choupette. Aber mein Patensohn Hudson ist kess. Im Sommer wollte er unbedingt eine spezielle Designertasche haben. Die gab es aber nicht mehr. Irgendwie hat Bernard Arnault sie aber doch aufgetrieben. In New York war Hudson mit seinem Vater in einem Fahrstuhl, und ein Mann fragte ihn: ,Wo hast du die denn her?‘ Da hat der Junge geantwortet: ,Ich kenne die richtigen Leute.‘ Mit neun Jahren! Ich weiß nicht, ob ich mich das getraut hätte.
Wenn Sie zurückdenken an Ihre Zeit in Hamburg. Was ist die stärkste Erinnerung?
Lagerfeld: Schwer zu sagen. Ich will nicht ständig mit Anekdoten analysieren. Meine Vorfahren waren Banker und Händler. Aber ich kann sie verstehen. Im Grunde bin ich auch ein Pfeffersack. Nur bin ich nicht geizig.