Neustadt. Das Restaurant am Jungfernstieg serviert bodenständige norddeutsche Küche, aber je nach Tageszeit mit anderen Akzenten.
Mit der Kleinen Alster und dem Rathaus auf Du und Du – das muss man als Restaurant erst einmal schaffen. Dem Vlet an der Alster ist das gelungen. Einem Lokal in den Alsterarkaden an der Ecke zum Jungfernstieg, ein paar Stufen hinab in den Keller auf dem Niveau der Wasseroberfläche. Und beileibe keine Touristenfalle, wie man bei dieser Lage unterstellen könnte.
Seit Juli 2016 gibt es das Vlet in der City neben dem gut eingeführten Vlet in der Speicherstadt. Der Raum ist groß und spielt mit den Themen Wasser, Hamburg und maritim. Aus den Fenstern fällt der Blick auf den Jungfernstieg und das Rathaus, die Kleine Alster und den Reesendamm.
Maritimes überwiegt im Dekor
Die Wände und die mächtigen Säulen sind blau gestrichen, die blau-weiß geringelte Dienstkleidung des Service-Teams erinnert an bretonische Fischerhemden. Der helle Holzfußboden sieht aus wie Schiffsplanken, die Bilder an den Wänden und die im Raum verteilten Skulpturen zeigen Fischmotive.
Bequem gepolsterte Stühle stehen an den Holztischen. Diese sind eingedeckt mit Sets und Stoffservietten, hellblauen Gläsern und Besteck, dezentem Blumenschmuck sowie Pfeffer- und Salzstreuern. Außerdem gibt es ein paar Hochtische und natürlich Sitzbänke, zum Beispiel vor den Fenstern, sodass man beim Gucken glatt das Essen vergessen könnte.
140 Plätze drinnen, knapp 60 auf der Terrasse
Eine große helle Bar am Eingang und ein üppig befüllter Weinschrank machen Eindruck. Ebenso wie das offene Regal am Ende des Raums, in dem dekorativ ein paar Weckgläser mit Eingemachtem stehen. Die niedrige geweißte Decke verstärkt die gemütliche Keller-Atmosphäre.
140 Plätze gibt es drinnen, 55 bis 60 auf der Terrasse direkt am, über und auf dem Wasser. Im Séparée für Gesellschaften und Gruppen können weitere 30 Besucher sitzen. In diesem Raum ist eine Wand übrigens mit blau-weiß kariertem Stoff bespannt, wie man ihn von Geschirrhandtüchern kennt. Eine pfiffige Idee. 35 Angestellte in Küche und Service kümmern sich um die Gäste.
Mittags kommen die Geschäftsleute, abends die Hamburger
Und bei denen hat Maurizio Oster klare Gruppen ausgemacht: „Zwischen elf und 14 Uhr kommen die Geschäftsleute aus der Umgebung zum Mittagessen, dann bis etwa 19 Uhr die Touristen, danach die Hamburger.“ Oster ist Küchenchef und hat sich den norddeutschen Mahlzeiten aus sehr guten Produkten mit Freude verschrieben. „Wir machen hier einen interessanten Spagat. Auf der Tageskarte stehen Gerichte, die die Touristen in einem Hamburger Restaurant erwarten. Und abends wird es etwas raffinierter.“
Oster wurde in Hamburg geboren und ist in Osterstedt südlich von Rendsburg in Schleswig-Holstein aufgewachsen. Seine Kochlehre absolvierte er in einem Hotel in Neumünster, arbeitete in verschiedenen Hamburger Restaurantküchen, fuhr auf der „MS Europa“ von Monte Carlo bis zu den Fidschi-Inseln und beköstigte die Gäste auf einer Hütte auf dem Feldberg im Schwarzwald. Vor drei Jahren kam er ins Vlet in der Speicherstadt, seit einem Jahr leitet er die Küche in den Alsterarkaden.
Pannfisch deluxe – mit Hummer
Ihm zur Seite steht als Restaurantleiter Sylvain Petiteau. Der Franzose aus Paris zog vor fünf Jahren aus familiären Gründen nach Hamburg und ist in der hiesigen Restaurantszene kein Unbekannter. „Das Vlet ist für mich eine luxuriöse Brasserie mit Frühstück, Mittagessen, zehn verschiedenen hausgemachten Kuchen für den Nachmittag und feinem Abendessen“, sagt der 37-Jährige. Hat er schon französische Einflüsse in der Küche geltend gemacht? „Nein, nein“, sagt Maurizio Oster. „Jeder tanzt auf seinem Parkett.“
Dem 29-Jährigen macht es großen Spaß, bodenständige Hausmannskost mit Pfiff zuzubereiten. „In der Woche versorgen wir bis zu 400 Gäste pro Tag, am Wochenende sind es bis zu 600.“ Die Karte wechselt alle zwei Monate, Klassiker wie Scholle mit Speck, Labskaus oder Pannfisch gibt es aber immer. Letzterer wird in verschiedenen Variationen serviert, zum Beispiel mit Fischfilets nach Marktlage oder nur mit Kabeljaufilet oder mit Jakobsmuschel, Hummer und Seezunge in der Luxus-Ausgabe.
Saisonales wie Grünkohl und Gans
Zur Zeit stehen saisonal auch Grünkohlgerichte und Speisen rund um die Gans auf der Karte. So wird geräucherte Gänsebrust mit marinierten Rosenkohlblättern, Speck und Kräutercreme serviert. Das Fleisch ist dünn geschnitten, zart und aromatisch, die Rosenkohlblätter sind knackig, werden von der Kräutercreme gut ergänzt und durch die Apfel-Marinade verfeinert. Und der Speck kommt als würzige, knusprige und gar nicht fettige Krümel daher.
Nach Advents- und Weihnachtszeit schmeckt das Nougatmousse mit Glühweingelee, eingelegter Birne und Milchknusper. Die Schokomasse ist luftig und nicht zu süß, Gelee und Birne sorgen für die fruchtigen Noten.
Eingekauft wir so regional wie möglich
Auf der Weinkarte stehen gut 30 Positionen aus Deutschland und Europa. 0,2 Liter offen gibt es ab 7,20 Euro, die günstigste Flasche kostet 28 Euro.
Die Produkte kauft Oster so regional wie möglich ein, so kommt Gemüse oft aus den Vier- und Marschlanden und Geflügel aus Schleswig-Holstein. Alles wird im Keller an der Kleinen Alster selbst zubereitet oder in der Vlet-Produktionsküche am Fleischgroßmarkt, wenn große Mengen Soße, Fonds oder Suppen benötigt werden. „Dort wird gewürzt, hier wird abgeschmeckt“, sagt der Küchenchef.
Er selbst isst gern Trüffeln, Kartoffelsuppe mit Speck und Knackwurst und den Grünkohl seiner Mutter. Weihnachten muss der Fachmann auch zu Hause selbst ran. „Dann mache ich bei meinen Eltern für die ganze Familie Gans mit Rotkohl und Klößen.“ Norddeutsch, raffiniert, bodenständig und mit Pfiff – wie im Vlet an der Alster.
So kommen Sie hin Vlet an der Alster Jungfernstieg 7, Tel. 35 01 89 90, www.vlet-alster.de, Mo–Fr 11–24 Uhr, Sa/So 10–24 UhrHVV bis Jungfernstieg, Parken in verschiedenen Parkhäusern und in der Umgebung Vorspeisen ab 8,50 Euro, Hauptgerichte ab 15 Euro, Desserts ab 7,50 Euro. Mittagstisch täglich ab 15 Euro |